Warnung per SMS noch in diesem Jahr
Der Bundestag will die Alarmierung der Bevölkerung verbessern und notleidende Menschen möglichst schnell finanziell unterstützen.
BERLIN Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erwartet, dass innerhalb der nächsten fünf Monate auch in Deutschland ein Warnsystem installiert werden kann, bei dem mittels des sogenannten Cell Broadcasting die Nutzer aller in einer bestimmten Funkzelle eingeloggten Handys über eine außerordentliche Gefahr per SMS informiert werden. „Ich glaube, man kann das in diesem Jahr hinbringen“, sagte der CSU-Politiker vor einer Sondersitzung des Innenausschusses des Bundestags über Konsequenzen aus der Hochwasserkatastrophe.
Noch vor der Bundestagswahl erwarte er die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie, danach könne es relativ schnell gehen. Mobilfunkanbieter wie Vodafone bieten diesen Service bereits in anderen Ländern wie Italien oder Großbritannien an. Auch die Telekom zeigte sich bereit, ein solches System aufzubauen. Seehofer plädierte nachdrücklich für eine Mischung verschiedener Warntechniken aus dem digitalen wie analogen Bereich. Dazu gehörten letztlich Warn-Apps wie Nina, automatisierte SMS-Benachrichtigungen, Sirenen, Rundfunk und Fernsehen sowie Durchsagen durch Polizei und Feuerwehr.
In diesem Umfeld soll nach dem Willen von Seehofer das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) eine stärkere koordinierende Rolle als „Kompetenzzentrum“übernehmen. Darüber hinausgehende Forderungen nach einer stärkeren Zuständigkeit des Bundes lehnte Seehofer ab. Darin sei er sich mit seinen 16 Länderkollegen
einig. Die SPD hatte eine Grundgesetzänderung verlangt, mit deren Hilfe die Verantwortung mehr zum Bund verlagert wird, wie dies bei Katastrophen im Verteidigungsfall ohnehin vorgesehen ist.
Seehofer wies darauf hin, dass bei der Schaffung von mehr Ressourcen der Bund mit Zustimmung der Länder auf immer mehr Feldern tätig werde. Den Anfang habe die nationale Gesundheitsreserve gemacht, für die das Bundeskabinett gerade grünes Licht gegeben habe und bei der das BBK wichtige Steuerungsfunktionen übernehme. In Pandemien wichtige Hilfsmittel wie Sauerstoffgeräte oder Masken sollen künftig für neue Notfälle bevorratet werden. Als nächstes sei auch eine nationale Reserve für Hilfsmittel in der Bewältigung von Hochwasserlagen denkbar.
Die Linke verlangte, Elementarschadenversicherungen bundesweit zur Pflicht zu machen. Tornados könne es auch abseits von Grundstücken in Wassernähe geben, sagte Innenexperte André Hahn. Wenn die größere Schadensabdeckung für alle verpflichtend werde, steige die versicherte Schadenssumme und sänken die Versicherungsbeiträge.
Die FDP startete einen Vorstoß zur umfassenden Finanzierung der Hochwasserschäden in NRW und Rheinland-Pfalz in Milliardenhöhe. Das Geld könne problemlos aus der Asylrücklage genommen werden, in der gerade 50 Milliarden Euro zur Verfügung stünden. Es seien dafür binnen ein bis zwei Wochen Sondersitzungen des Bundestages und des Bundesrates nötig, die die FDP-Fraktion beantragen werde, kündigte Innenexperte Manuel Höferlin an.
Die SPD sorgt sich um die rund 30.000 Fluthelfer in NRW und Rheinland-Pfalz. Nach wie vor stehe die Hilfe vor Ort im Vordergrund, erklärte Innenexperte Thomas Hitschler. „Dabei müssen wir uns auch um die vielen Hilfskräfte kümmern, die
Helfer bei den Aufräumarbeiten in Bad Münstereifel. in den Flutgebieten Übermenschliches leisten und zum Teil schreckliche Dinge erlebt haben und die wir nicht allein lassen dürfen“, sagte der rheinland-pfälzische Abgeordnete unserer Redaktion.
Im Ausschuss ging es vordringlich um die Frage, weshalb nicht überall rechtzeitig vor der herannahenden Flutkatastrophe gewarnt worden ist. In einem mehrere Stunden vorher erstellten Lagebericht des entsprechenden Bund-Länder-Lagezentrums ist dem Vernehmen nach von einem möglichen Anstieg der Pegel um bis zu neun Meter die Rede. Gleichwohl hatten mehrere Landkreise keine Warnungen an die Bevölkerung ausgegeben. In einer weiteren Sondersitzung will der Innenausschusses des Bundestages dazu auch die Innenminister aus NRW und Rheinland-Pfalz hören.