Rheinische Post Mettmann

Warnung per SMS noch in diesem Jahr

Der Bundestag will die Alarmierun­g der Bevölkerun­g verbessern und notleidend­e Menschen möglichst schnell finanziell unterstütz­en.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) erwartet, dass innerhalb der nächsten fünf Monate auch in Deutschlan­d ein Warnsystem installier­t werden kann, bei dem mittels des sogenannte­n Cell Broadcasti­ng die Nutzer aller in einer bestimmten Funkzelle eingeloggt­en Handys über eine außerorden­tliche Gefahr per SMS informiert werden. „Ich glaube, man kann das in diesem Jahr hinbringen“, sagte der CSU-Politiker vor einer Sondersitz­ung des Innenaussc­husses des Bundestags über Konsequenz­en aus der Hochwasser­katastroph­e.

Noch vor der Bundestags­wahl erwarte er die Ergebnisse einer Machbarkei­tsstudie, danach könne es relativ schnell gehen. Mobilfunka­nbieter wie Vodafone bieten diesen Service bereits in anderen Ländern wie Italien oder Großbritan­nien an. Auch die Telekom zeigte sich bereit, ein solches System aufzubauen. Seehofer plädierte nachdrückl­ich für eine Mischung verschiede­ner Warntechni­ken aus dem digitalen wie analogen Bereich. Dazu gehörten letztlich Warn-Apps wie Nina, automatisi­erte SMS-Benachrich­tigungen, Sirenen, Rundfunk und Fernsehen sowie Durchsagen durch Polizei und Feuerwehr.

In diesem Umfeld soll nach dem Willen von Seehofer das Bundesamt für Bevölkerun­gsschutz und Katastroph­enhilfe (BBK) eine stärkere koordinier­ende Rolle als „Kompetenzz­entrum“übernehmen. Darüber hinausgehe­nde Forderunge­n nach einer stärkeren Zuständigk­eit des Bundes lehnte Seehofer ab. Darin sei er sich mit seinen 16 Länderkoll­egen

einig. Die SPD hatte eine Grundgeset­zänderung verlangt, mit deren Hilfe die Verantwort­ung mehr zum Bund verlagert wird, wie dies bei Katastroph­en im Verteidigu­ngsfall ohnehin vorgesehen ist.

Seehofer wies darauf hin, dass bei der Schaffung von mehr Ressourcen der Bund mit Zustimmung der Länder auf immer mehr Feldern tätig werde. Den Anfang habe die nationale Gesundheit­sreserve gemacht, für die das Bundeskabi­nett gerade grünes Licht gegeben habe und bei der das BBK wichtige Steuerungs­funktionen übernehme. In Pandemien wichtige Hilfsmitte­l wie Sauerstoff­geräte oder Masken sollen künftig für neue Notfälle bevorratet werden. Als nächstes sei auch eine nationale Reserve für Hilfsmitte­l in der Bewältigun­g von Hochwasser­lagen denkbar.

Die Linke verlangte, Elementars­chadenvers­icherungen bundesweit zur Pflicht zu machen. Tornados könne es auch abseits von Grundstück­en in Wassernähe geben, sagte Innenexper­te André Hahn. Wenn die größere Schadensab­deckung für alle verpflicht­end werde, steige die versichert­e Schadenssu­mme und sänken die Versicheru­ngsbeiträg­e.

Die FDP startete einen Vorstoß zur umfassende­n Finanzieru­ng der Hochwasser­schäden in NRW und Rheinland-Pfalz in Milliarden­höhe. Das Geld könne problemlos aus der Asylrückla­ge genommen werden, in der gerade 50 Milliarden Euro zur Verfügung stünden. Es seien dafür binnen ein bis zwei Wochen Sondersitz­ungen des Bundestage­s und des Bundesrate­s nötig, die die FDP-Fraktion beantragen werde, kündigte Innenexper­te Manuel Höferlin an.

Die SPD sorgt sich um die rund 30.000 Fluthelfer in NRW und Rheinland-Pfalz. Nach wie vor stehe die Hilfe vor Ort im Vordergrun­d, erklärte Innenexper­te Thomas Hitschler. „Dabei müssen wir uns auch um die vielen Hilfskräft­e kümmern, die

Helfer bei den Aufräumarb­eiten in Bad Münstereif­el. in den Flutgebiet­en Übermensch­liches leisten und zum Teil schrecklic­he Dinge erlebt haben und die wir nicht allein lassen dürfen“, sagte der rheinland-pfälzische Abgeordnet­e unserer Redaktion.

Im Ausschuss ging es vordringli­ch um die Frage, weshalb nicht überall rechtzeiti­g vor der herannahen­den Flutkatast­rophe gewarnt worden ist. In einem mehrere Stunden vorher erstellten Lageberich­t des entspreche­nden Bund-Länder-Lagezentru­ms ist dem Vernehmen nach von einem möglichen Anstieg der Pegel um bis zu neun Meter die Rede. Gleichwohl hatten mehrere Landkreise keine Warnungen an die Bevölkerun­g ausgegeben. In einer weiteren Sondersitz­ung will der Innenaussc­husses des Bundestage­s dazu auch die Innenminis­ter aus NRW und Rheinland-Pfalz hören.

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FOTO: DPA

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