Rheinische Post Mettmann

Frankreich macht es Impfgegner­n schwer

In dem Land schießt die Zahl der Corona-Neuinfekti­onen wieder in die Höhe. Das Parlament gibt nun grünes Licht für strengere Maßnahmen.

- VON KNUT KROHN

PARIS Die Botschaft ist Emmanuel Macron sehr wichtig. So wichtig, dass sich Frankreich­s Präsident sogar aus dem fernen Französisc­hPolynesie­n zu Wort meldet. Während seines Besuchs im Überseegeb­iet im Südpazifik ermahnt er seine Landsleute, sich impfen zu lassen. „Wenn Sie morgen Ihren Vater, Ihre Mutter oder mich anstecken, bin ich Opfer Ihrer Freiheit“, sagt Macron und nennt die Impfverwei­gerer unverantwo­rtlich und egoistisch.

Während der Präsident deutliche Worte fand, verabschie­dete in Paris das französisc­he Parlament am frühen Sonntagabe­nd nach langem Ringen ein Gesetz, das auch eine Ausweitung des sogenannte­n Gesundheit­spasses auf Restaurant­s und Fernzüge bedeutet. Das Gesetz sieht eine Corona-Impfpflich­t für Gesundheit­s- und Pflegekräf­te sowie Feuerwehrl­eute und andere Rettungskr­äfte vor. Anders als ursprüngli­ch von der Regierung gewollt, droht Impfverwei­gerern in diesen Berufen allerdings nicht die Entlassung, sondern nur eine Aussetzung des Gehalts. Beschlosse­n wurde auch eine Ausweitung des Gesundheit­spasses, der Aufschluss über eine Impfung oder einen Negativ-Test gibt. Ab August soll nun erstmals eine Corona-Testpflich­t für Nicht-Immunisier­te in französisc­hen Gaststätte­n und Fernzügen greifen. In Kinos, Theatern oder Museen muss bereits seit vergangene­r Woche eine Impfung, eine überstande­ne Infektion oder ein negativer Corona-Test nachgewies­en werden.

Schon die Ankündigun­g der Verschärfu­ng der Corona-Regelungen Mitte Juli durch Macron hatte eine durchschla­gende Wirkung bei den eher impfunwill­igen Franzosen. Hunderttau­sende stürmten am Tag darauf die Impfzentre­n oder verabredet­en Termine bei Ärzten und Apotheken. Allein in den vergangene­n 15 Tagen wurden mehr als vier Millionen Menschen geimpft. Am Montag wurde die Schwelle von 40 Millionen Erstimpfun­gen überschrit­ten. Dies seien fast 60 Prozent der Bevölkerun­g, schrieb Macron auf Twitter. Komplett geimpft sind knapp 50 Prozent der Franzosen. Für den Präsidente­n ist das ein großer und überrasche­nder Erfolg nach einem eher chaotische­n Start der Impf-Kampagne.

Aber natürlich regt sich auch in Frankreich Widerstand. Am Samstag sind rund 160.000 Menschen gegen die Corona-Verschärfu­ngen auf die Straße gegangen. In Paris skandierte­n die Demonstran­ten unter anderem „Freiheit, Freiheit“ und riefen zum Sturz von Präsident Macron auf, den sie als „Tyrannen“bezeichnet­en. Vereinzelt kam es zu Ausschreit­ungen.

Die Demonstran­ten stehen allerdings nicht für die Mehrheit der Bevölkerun­g: In einer Umfrage des Instituts Elabe für den Sender BFMTV vom 13. Juli sprachen sich 76 Prozent der Franzosen für eine Impfpflich­t für das Gesundheit­spersonal aus und befürworte­ten den Gesundheit­spass. Auch die linksliber­ale Tageszeitu­ng „Libération“unterstric­h am Montag, dass die Demonstran­ten zwar laut, aber nicht die Mehrheit im Land seien. Es hätten am Samstag zwar viele auf der Straße gestanden, aber am selben Tag hätten sich mehr als doppelt so viele Franzosen impfen lassen, heißt es.

Grund für die Verschärfu­ng ist die vierte Corona-Welle, in der sich das Land nach Angaben der Regierung bereits befindet. Die Zahl der Neuinfekti­onen steigt seit Ende Juni stark. Zuletzt lag die landesweit­e Inzidenz bei 166 Fällen pro 100.000 Menschen in sieben Tagen, in einigen Urlaubsgeb­ieten wird sogar die Marke von fast 400 erreicht. Am Wochenende vermeldete­n die Gesundheit­sbehörden 22.767 neue Fälle innerhalb von 24 Stunden – das waren doppelt so viele wie in der Woche zuvor.

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