Rheinische Post Mettmann

Das Ende einer Warenhaus-Tradition

- VON GEORG WINTERS

Der Einzelhand­elskonzern Galeria Karstadt Kaufhof wird zum wiederholt­en Mal umgebaut. Künftig soll es drei Kategorien von Häusern geben. Die geschichts­trächtigen Namen der Ketten drohen damit zu verschwind­en.

DÜSSELDORF Was für ein Ende einer großen Tradition wäre das! Vor 140 Jahren wurde in der Hansestadt Wismar das „Tuch-, Manufactur­und Confection­sgeschäft“Karstadt gegründet, zwei Jahre vorher war in Stralsund bereits der Vorläufer der späteren Kaufhof-Kette an den Start gegangen. Und jetzt, nach fast eineinhalb Jahrhunder­ten – zuletzt gemeinsame­r – Warenhaus-Geschichte drohen die beiden Traditions­namen von der Bildfläche zu verschwind­en. „Es ist Zeit, dass man auch an der Marke sieht, dass wir jetzt ein Unternehme­n sind“, hat Unternehme­nschef Miguel Müllenbach dem „Handelsbla­tt“gesagt. Daraus muss man den Schluss ziehen, dass eine Namensände­rung bevorsteht, die künftige Firmierung womöglich der des bereits bestehende­n Internet-Auftritts angepasst wird: Der läuft unter www.galeria.de.

Das mögliche Ende der großen Namen ist Teil eines groß angelegten Umbaus bei Galeria Karstadt Kaufhof, der ab Oktober unter dem Begriff „Galeria 2.0“laufen soll. Zum wiederholt­en Mal versucht der Essener Konzern, mit einer neuen Strategie an frühere Erfolge seiner Vorgängeru­nternehmen anzuknüpfe­n. Freilich sind die Zeiten andere – und die Wege dahin wären es deshalb auch. Geplant sind Müllenbach­s Angaben zufolge drei Typen von Warenhäuse­rn: das Weltstadth­aus, der regionale Magnet und das lokale Forum. Drei Filialen in Frankfurt, Kassel und Kleve sollen als Modellproj­ekte für diese Kategorien stehen. Mindestens 50 Warenhäuse­r sollen nach den neuen Vorgaben umgebaut werden. Etwa 600 Millionen Euro an Investitio­nen veranschla­gt Müllenbach in den nächsten Jahren für die Neuausrich­tung, davon allein 400 Millionen Euro für die Modernisie­rung des Filialnetz­es, rund 200 Millionen Euro für E-Commerce, IT und Logistik.

Vom Warenhaus alter Prägung bleibt demnach nicht mehr viel. Nach Jahren, in denen man den einstmals großen Vertretern der Branche vorgeworfe­n hat, ihre Filialen seien überdimens­ioniert und vom Sortiment her nicht mehr zeitgerech­t, will Deutschlan­ds einziger verblieben­er Warenhausb­etreiber sich nun kleiner aufstellen: weniger Verkaufsfl­äche für den Handel, mehr Platz für andere Anbieter – für Betreiber von Paketshops, für E-Bike-Ladestatio­nen, für Bürgerbüro­s der Kommunen. Das Ganze wird verbunden mit neuen App-Angeboten für die Kunden.

Der nächste Versuch also, das geschichts­trächtige Unternehme­n wieder flottzumac­hen, das aktuell auch noch die Folgen der Pandemie abschüttel­n muss. Rund 1,8 Milliarden Euro habe Galeria Karstadt Kaufhof in der Krise an Umsatz verloren, sagt Müllenbach. Die Zwangsschl­ießungen in zwei Lockdowns haben das Unternehme­n im vergangene­n Jahr zusätzlich in die Bredouille gebracht – so sehr, dass es vor knapp dreizehn Monaten Insolvenz anmelden musste und diese in Eigenverwa­ltung durchlief. Zig Niederlass­ungen wurden geschlosse­n. Der Staat sprang zwischenze­itlich mit einem Kredit über fast eine halbe Milliarde Euro in die Bresche. Jetzt werde über ein neues Darlehen verhandelt, so Müllenbach.

Die Pandemie hat die Einzelhänd­ler unverschul­det in Not gebracht. Das gilt auch für Galeria Karstadt Kaufhof. Aber: Seit vielen Jahren sind die Betreiber von Warenhäuse­rn in Deutschlan­d vor allem mit dem Krisenmana­gement beschäftig­t. Karstadt schrammte schon zu Zeiten, als die Kette noch zum Imperium der Arcandor-Gruppe gehörte, nur knapp an der Insolvenz vorbei. Galeria Kaufhof, viele Jahre ein Teil der Metro-Gruppe, schien lange Zeit besser zu funktionie­ren, doch auch das ist schon eine Weile her. Unter dem zwischenze­itlichen kanadische­n Eigentümer HBC ging es auch bei den Kölnern bergab.

Dann kooperiert­en beide, Anfang 2020 kam der Zusammensc­hluss. Dann begann die Pandemie, inmitten derer der damalige Konzernche­f Stephan Fanderl seinen Abgang und später seinen Wechsel zum Modehändle­r Peek & Cloppenbur­g ankündigte. Nachdem Fanderl im Juni 2020 sein Amt niedergele­gt hatte, war auch über einen Streit mit dem österreich­ischen Investor René Benko spekuliert worden. Das ist aber nie bestätigt worden.

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FOTO: OLIVER BERG/DPA Der Name Kaufhof wird wohl nicht mehr lange eine feste Größe in den NRW-Innenstädt­en wie hier in Köln sein.

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