Das Ende einer Warenhaus-Tradition
Der Einzelhandelskonzern Galeria Karstadt Kaufhof wird zum wiederholten Mal umgebaut. Künftig soll es drei Kategorien von Häusern geben. Die geschichtsträchtigen Namen der Ketten drohen damit zu verschwinden.
DÜSSELDORF Was für ein Ende einer großen Tradition wäre das! Vor 140 Jahren wurde in der Hansestadt Wismar das „Tuch-, Manufacturund Confectionsgeschäft“Karstadt gegründet, zwei Jahre vorher war in Stralsund bereits der Vorläufer der späteren Kaufhof-Kette an den Start gegangen. Und jetzt, nach fast eineinhalb Jahrhunderten – zuletzt gemeinsamer – Warenhaus-Geschichte drohen die beiden Traditionsnamen von der Bildfläche zu verschwinden. „Es ist Zeit, dass man auch an der Marke sieht, dass wir jetzt ein Unternehmen sind“, hat Unternehmenschef Miguel Müllenbach dem „Handelsblatt“gesagt. Daraus muss man den Schluss ziehen, dass eine Namensänderung bevorsteht, die künftige Firmierung womöglich der des bereits bestehenden Internet-Auftritts angepasst wird: Der läuft unter www.galeria.de.
Das mögliche Ende der großen Namen ist Teil eines groß angelegten Umbaus bei Galeria Karstadt Kaufhof, der ab Oktober unter dem Begriff „Galeria 2.0“laufen soll. Zum wiederholten Mal versucht der Essener Konzern, mit einer neuen Strategie an frühere Erfolge seiner Vorgängerunternehmen anzuknüpfen. Freilich sind die Zeiten andere – und die Wege dahin wären es deshalb auch. Geplant sind Müllenbachs Angaben zufolge drei Typen von Warenhäusern: das Weltstadthaus, der regionale Magnet und das lokale Forum. Drei Filialen in Frankfurt, Kassel und Kleve sollen als Modellprojekte für diese Kategorien stehen. Mindestens 50 Warenhäuser sollen nach den neuen Vorgaben umgebaut werden. Etwa 600 Millionen Euro an Investitionen veranschlagt Müllenbach in den nächsten Jahren für die Neuausrichtung, davon allein 400 Millionen Euro für die Modernisierung des Filialnetzes, rund 200 Millionen Euro für E-Commerce, IT und Logistik.
Vom Warenhaus alter Prägung bleibt demnach nicht mehr viel. Nach Jahren, in denen man den einstmals großen Vertretern der Branche vorgeworfen hat, ihre Filialen seien überdimensioniert und vom Sortiment her nicht mehr zeitgerecht, will Deutschlands einziger verbliebener Warenhausbetreiber sich nun kleiner aufstellen: weniger Verkaufsfläche für den Handel, mehr Platz für andere Anbieter – für Betreiber von Paketshops, für E-Bike-Ladestationen, für Bürgerbüros der Kommunen. Das Ganze wird verbunden mit neuen App-Angeboten für die Kunden.
Der nächste Versuch also, das geschichtsträchtige Unternehmen wieder flottzumachen, das aktuell auch noch die Folgen der Pandemie abschütteln muss. Rund 1,8 Milliarden Euro habe Galeria Karstadt Kaufhof in der Krise an Umsatz verloren, sagt Müllenbach. Die Zwangsschließungen in zwei Lockdowns haben das Unternehmen im vergangenen Jahr zusätzlich in die Bredouille gebracht – so sehr, dass es vor knapp dreizehn Monaten Insolvenz anmelden musste und diese in Eigenverwaltung durchlief. Zig Niederlassungen wurden geschlossen. Der Staat sprang zwischenzeitlich mit einem Kredit über fast eine halbe Milliarde Euro in die Bresche. Jetzt werde über ein neues Darlehen verhandelt, so Müllenbach.
Die Pandemie hat die Einzelhändler unverschuldet in Not gebracht. Das gilt auch für Galeria Karstadt Kaufhof. Aber: Seit vielen Jahren sind die Betreiber von Warenhäusern in Deutschland vor allem mit dem Krisenmanagement beschäftigt. Karstadt schrammte schon zu Zeiten, als die Kette noch zum Imperium der Arcandor-Gruppe gehörte, nur knapp an der Insolvenz vorbei. Galeria Kaufhof, viele Jahre ein Teil der Metro-Gruppe, schien lange Zeit besser zu funktionieren, doch auch das ist schon eine Weile her. Unter dem zwischenzeitlichen kanadischen Eigentümer HBC ging es auch bei den Kölnern bergab.
Dann kooperierten beide, Anfang 2020 kam der Zusammenschluss. Dann begann die Pandemie, inmitten derer der damalige Konzernchef Stephan Fanderl seinen Abgang und später seinen Wechsel zum Modehändler Peek & Cloppenburg ankündigte. Nachdem Fanderl im Juni 2020 sein Amt niedergelegt hatte, war auch über einen Streit mit dem österreichischen Investor René Benko spekuliert worden. Das ist aber nie bestätigt worden.