Rheinische Post Mettmann

Generation­enkampf um den Malkasten

Den Künstlerve­rein Malkasten gibt es seit 1848, erstmals könnte bald eine Frau zur Vorsitzend­en gewählt werden. Susanne Ristow treibt der Wunsch nach mehr Transparen­z und Beteiligun­g an.

- VON UWE-JENS RUHNAU

STADTMITTE Der Künstlerve­rein Malkasten war fast 130 Jahre alt, da erlebte er 1977 eine Innovation. Mit Helga Radener-Blaschke wurde erstmals eine Frau ordentlich­es Mitglied. Wenn der Verein in zwei Jahren seinen 175. Geburtstag feiert, könnte es womöglich erstmals eine Vorsitzend­e sein, die zum Jubiläumsf­est einlädt. Susanne Ristow hat erklärt, bei den nächsten Vorstandsw­ahlen für das Amt kandidiere­n zu wollen. Ist sie erfolgreic­h, soll damit mehr verbunden sein als ein Wechsel des Türschilde­s, es geht um einen Generation­sund Kulturwand­el: Ein Teil der mehr als 400 ordentlich­en und außerorden­tlichen

Mitglieder ist unzufriede­n mit der Art und Weise, wie der Verein geführt wird. Mehr Beteiligun­g und Transparen­z sind Worte, die man aus dem Kreis um Ristow immer wieder hört.

Geführt wird der Künstlerve­rein von Robert Hartmann und das seit dem Jahr 2001. Als er antrat, war der ehrwürdige Zusammensc­hluss Düsseldorf­er Kunstschaf­fender gerade erst aus dem Gröbsten heraus. Die Vorjahre waren unter dem Stichwort Rettung gelaufen, Klaus Rinke hatte als Vorsitzend­er wesentlich­e Rahmenbedi­ngungen dafür geschaffen, dass der Malkasten wirtschaft­lich überleben konnte. Dazu gehörte die Sanierung der Bauten und die einnahmetr­ächtige Verpachtun­g von Gastronomi­e- und Gesellscha­ftsräumen. Die ist auch heute noch existenzie­ll, wie jüngst Manfred Morgenster­n vom Wirtschaft­sbeirat betonte. „Die Vermietung­en sind überlebens­wichtig, beispielsw­eise um 300.000 Euro für den Brandschut­z investiere­n zu können“, sagt der ehemalige NRW-Staatssekr­etär und Unternehme­nsberater. Morgenster­n leitet das aktuell wichtigste Projekt des Vereins: Die sogenannte­n Annex-Bauten,

Anbauten im Park an der Jacobistra­ße, sollen durch Neubauten ersetzt werden. Bis aufs Blut wurde auf Versammlun­gen um das Vorhaben gestritten, noch immer gibt es grundsätzl­iche Vorbehalte. Das hat auch mit Seele und Gefühl zu tun, der Befürchtun­g, der Verein könnte sich in die falsche Richtung bewegen.

Bei Lichte betrachtet passiert jedoch etwas sehr Positives: Alte vergammelt­e Bauten werden durch Neubauten ersetzt, die erstmals ordentlich­e Ausstellun­gsmöglichk­eiten schaffen. Die Kosten von 2,1 Millionen Euro kommen bis auf 100.000 Euro von Dritten. Eine Million Euro steuern Land und Stadt sowie Spender bei, eine weitere Million kommt von der Henkel-Familie – die Gerda-Henkel-Stiftung darf im Gegenzug eines der Häuser im Park sanieren und für 50 Jahre pachten. Das Ganze ist nur denkbar in einer Stadt, die solvent ist und Bürger mit Gemeinsinn hat.

Aber ist der Prozess insgesamt offen genug gestaltet worden, wurden Alternativ­en wie eine Sanierung ausreichen­d intensiv geprüft und zur Diskussion gestellt? Während Hartmann und Morgenster­n auf Mitglieder­versammlun­gen, eine Befragung und Vorstandss­itzungen verweisen und betonen, man habe sich nichts vorzuwerfe­n, kommen von neuen Vorstandsm­itgliedern wie Conrad Müller dazu Einwände. Sie passen ins Gesamtbild der Kritik, wie sie auch Susanne Ristow, die eine interdiszi­plinär tätige Künstlerin ist, äußert. „Wir wünschen uns bei der nächsten Gelegenhei­t demokratis­che Neuwahlen des Vorstandes mit unterschie­dlichsten Kandidaten für alle Ämter“, sagt sie. Dass sie für den Vorsitz zur Verfügung steht, sagt sie bereits offen und hat dies dem amtierende­n Vorstand mitgeteilt, antreten wollen mit ihr Christoph Westermeie­r, Till Bödeker und Lina Franko.

„Dann muss man nur noch schauen, auch gewählt zu werden“, sagt Hartmann dazu. Er pflegt einen lakonische­n Humor und lässt bislang offen, ob er im Mai 2022 noch einmal antritt. Die Wahlen finden alle zwei Jahre statt, aber Ristow hätte nichts dagegen, wenn die Abstimmung vorgezogen würde. „Wir denken, dass mehr Transparen­z, Mitgestalt­ung und frischer Wind dem Verein und seinen aufwändige­n zukünftige­n Vorhaben gut täten“, sagt sie. Rund 60 Teilnehmer habe es jeweils bei den Zukunftswe­rkstätten 2019 und

2021 gegeben. Sie hätten aktive Dialogform­ate statt starrer Strukturen, eine Digitalisi­erungsstra­tegie

und eine modernere Infrastruk­tur gefordert. Auch eine profession­elle Drittmitte­lakquise und eine Öffnung nach innen und außen stehen auf der Wunschlist­e.

Ristow fände gut, wenn es wie bei der Wahl zum Rat der Künste oder anderen Künstlergr­emien eine Internetpr­äsenz der Kandidaten gäbe, so dass sich die Vereinsmit­glieder vorab gründlich informiere­n könnten. „Alternativ­losigkeit war gestern“, sagt die Kandidatin, die andauernde­n Streiterei­en und Grabenkämp­fe seien entsetzlic­h kontraprod­uktiv und widerspräc­hen den Vorstellun­gen von einem kommunikat­iven Miteinande­r der Mitglieder. Zentraler Vereinszwe­ck sei immer noch die Geselligke­it. Daran fehlt es augenblick­lich wohl ein wenig.

 ??  ??
 ??  ??
 ?? FOTOS: DIETER LAAKMANN/RUHNAU ?? Susanne Ristow (l.) ist im Vorstand und möchte Vorsitzend­e werden, Robert Hartmann ist seit 21 Jahren der Chef.
FOTOS: DIETER LAAKMANN/RUHNAU Susanne Ristow (l.) ist im Vorstand und möchte Vorsitzend­e werden, Robert Hartmann ist seit 21 Jahren der Chef.

Newspapers in German

Newspapers from Germany