Forscher vermuten viel mehr Tote in Indien
NEU-DELHI (ap) In Indien könnte die Übersterblichkeit die offizielle Zahl der Corona-Toten seit Beginn der Pandemie nach jüngsten Forschungsergebnissen um das Zehnfache übersteigen. Nach Regierungsangaben sind mehr als 414.000 Menschen in Zusammenhang mit dem Coronavirus gestorben, die meisten Experten halten diese Zahl allerdings für deutlich zu niedrig. Ein soeben veröffentlichter Bericht schätzt die Übersterblichkeit von Januar 2020 bis Juni 2021 zwischen drei Millionen und 4,7 Millionen Menschen.
Genaue Angaben ließen sich wohl nicht herausfinden, doch liege die wahre Zahl der Todesopfer „wahrscheinlich um eine Zehnerpotenz höher als die offizielle Zählung“. In den Zahlen der Regierung seien Todesfälle in überforderten Krankenhäusern oder in Phasen der völligen Überlastung des Gesundheitssystems insbesondere während des enormen Anstiegs der Infektionszahlen im April möglicherweise nicht enthalten, heißt es in dem Bericht.
Er wurde von Arvind Subramanian, dem früheren wirtschaftlichen Chefberater der indischen Regierung, und zwei weiteren Forschern am Zentrum für Globale Entwicklung und der Harvard-Universität veröffentlicht.
„Die wahren Todeszahlen liegen vermutlich bei mehreren Millionen, nicht Hunderttausenden“, heißt es. Dies mache die Pandemie wohl zur größten humanitären Tragödie seit der Teilung des britisch regierten Subkontinents in zwei unabhängige Staaten, Indien und Pakistan, im Jahr 1947. Bei Konflikten zwischen Hindus und Muslimen kam damals mehr als eine Million Menschen ums Leben.
Dass viele Tote nicht offiziell als mit dem Coronavirus infiziert gelistet werden, hängt mit dem teilweise sehr niedrigen medizinischen Standard in manchen Regionen Indiens zusammen. Auch strenge religiöse Gebräuche verhindern nicht selten die rechtzeitige Einweisung von Erkrankten in Hospitäler.