Wenn die Streicher mit den Jazzern
Der Düsseldorfer Heiner Rennebaum hat seine neue Platte „Bebop Bizarre“genannt.
DÜSSELDORF Eigentlich sollte Dido in Düsseldorf lamentieren. Wegen Corona musste es aber Köln sein: „Dido’s Lament“ist einer der sieben Tracks des Heiner-Rennebaum-Doppelquartetts, die mit acht Musikern gleichzeitig in den Topaz-Studios von Reinhard Kobialka aufgezeichnet wurden.
Bei diesem Stück bildet die SchlussArie „When I Am Laid in Earth“aus Henry Purcells Barockoper „Dido and Aeneas“den klassischen Rahmen. Sie wurde von Rennebaum frei assoziativ über das Ostinato des Originals improvisiert. Der 65 Jahre alte Gitarrist und Jazzmusiker betreibt seit schon vielen Jahren zusammen mit einem Partner ein Tonstudio in Düsseldorf. Aber acht Musiker gleichzeitig spielen zu lassen? „Bei uns unmöglich, viel zu eng, da brauchte man mehrere Aufnahmeräume, also Köln“, sagt Rennebaum.
Das Grundkonzept der CD „Bebop Bizarre“lautet: Streichquartett trifft auf Jazzquartett, oder anders ausgedrückt: Improvisation trifft auf Komposition. Schon im Jahr 2018 wollte Rennebaum seinen Plan eines von ihm zusammengeführten Doppelquartetts umsetzen. Es kam zu einem einzigen Live-Konzert, dann machte die Pandemie allen Musikern
einen gewaltigen Strich durch die Rechnung. Nichts ging mehr.
Erst im März dieses Jahres traf man in den Kölner Studios wieder aufeinander. Und tauschte sich in den Pausen aus über die schweren Monate des Überlebens in der freien Szene. „Ich selbst hatte ja weiter einen Lehrauftrag an der Hochschule“, resümiert Rennebaum, „und auch immer wieder Aufträge in meinem Studio.“Auf diese Weise fand Corona auch Eingang in die Themen des Albums. Der Track „20/20 Vision“spiegelt die Krise von Sommer bis Herbst 2020.
Und das Titelstück? Der Name entstand, weil dieser Track eben kein reiner Bebop ist, sondern eine raffinierte Weiterentwicklung des
Sounds aus den 40ern des vergangenen Jahrhunderts. Hier wird Heiner Rennbaum ganz professionell: „Bebop Bizarre“wird ausschließlich in der Halbton-Ganzton-Skala musiziert, einem Messiaen-Modus. Basis ist ein achttaktiges Ostinato. Zum Sound der Gitarrenimprovisation steuern die vier Streicher ihre flächigen Cluster bei.
Auch wenn die neue CD so etwas wie die Rückkehr zur Normalität andeutet, so fehlt immer noch die Atmosphäre eines Konzerts mit Publikum. Streaming und Online-Konzerte brachten zwar gelegentliche Einnahmen. Aber ob klassische Musiker oder Jazzer, eins steht fest: Nichts geht über die strahlenden Gesichter des Publikums am Ende eines richtigen Auftritts.
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Der Name entstand, weil der Track kein reiner Bebop, sondern eine Weiterentwicklung des
Sounds der 40er ist
www.umlandrecords.de