Rheinische Post Mettmann

Schärfere Regeln für ungeimpfte Urlauber

Die Bundesregi­erung erwägt eine generelle Testpflich­t für alle Reiserückk­ehrer ohne Impfschutz. Wer das kontrollie­ren soll, ist unklar.

- VON JAN DREBES UND BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Ungeimpfte Urlauber müssen sich in Kürze auf strengere Corona-Testpflich­ten bei der Rückkehr nach Deutschlan­d gefasst machen. Die Bundesregi­erung stimme sich derzeit über eine vorgesehen­e Neuregelun­g ab, sagte eine Sprecherin des Gesundheit­sministeri­ums am Dienstag. Ressortche­f Jens Spahn (CDU) und Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) streben schnellstm­öglich die Vorlage eines negativen Corona-Tests für alle Urlauber an, die nicht vollständi­g geimpft sind und mit dem Auto, der Bahn oder mit Schiffen zurückkehr­en. Die generelle Testpflich­t besteht bisher nur für Flugpassag­iere.

An diesem Mittwoch tritt bereits eine vom Kabinett beschlosse­ne neue Einreiseve­rordnung in Kraft. Da es zu der von Spahn und Seehofer geplanten Regelung bisher noch keine Einigkeit gab, werden im Wesentlich­en die bestehende­n Regelungen bis vorerst 10. September verlängert. Mit Blick auf die Zeit nach den Sommerferi­en und die derzeit steigenden Infektions­zahlen forderten mehrere Länder baldige Beratungen mit dem Bund, um neue Corona-Schutzmaßn­ahmen festzulege­n. Die Ministerpr­äsidentenk­onferenz könnte am 10. August stattfinde­n, wie unsere Redaktion aus Länderkrei­sen erfuhr.

Unterstütz­ung für Spahn und Seehofer kam vom saarländis­chen Ministerpr­äsidenten Tobias Hans (CDU). „Bei der Rückkehr aus dem Urlaub im Ausland wäre ein verpflicht­ender Corona-Test für nicht geimpfte Reiserückk­ehrende, wie ihn Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens

Spahn wieder vorgeschla­gen hat, eine gute Lösung“, sagte Hans unserer Redaktion. „Dies sollte für alle Reisewege gelten, egal ob mit Flugzeug, Bus, Bahn oder Pkw.“Im Saarland wäre dies gut machbar, da man seit Monaten bereits über eine gut ausgebaute Test-Infrastruk­tur verfüge, so Hans. „Dadurch darf aber der kleine Grenzverke­hr, wie er gerade in der Europaregi­on zwischen dem Saarland, Frankreich und Luxemburg zum normalen Alltag der Menschen gehört, nicht beeinträch­tigt werden“, mahnte der CDU-Politiker.

Er pocht auf Erleichter­ungen bei den Quarantäne-Regelungen: „Gleichzeit­ig brauchen wir aber auch Lockerunge­n für Kinder und Jugendlich­e bei der Wiedereinr­eise, da für sie eine Impfung nicht möglich ist oder noch keine Impfempfeh­lung ausgesproc­hen wurde“, sagte Hans. „Sie sind von der Quarantäne­pflicht zu befreien, wenn durch Testungen hinreichen­d sichergest­ellt wird, dass sie nicht corona-infiziert sind. Gleiches sollte für Menschen gelten, für die aus medizinisc­hen Gründen eine Impfung nicht empfohlen wird, zum Beispiel Schwangere.“

Ärztepräsi­dent Klaus Reinhardt hat in der Debatte um die Impfquote eine Ausweitung der Informatio­nskampagne­n in sozialen Brennpunkt­en gefordert. „Die meisten Menschen, die sich bis jetzt noch nicht haben impfen lassen, sind sicherlich keine radikalen Impfverwei­gerer. Viele haben sich bislang mit dem Thema noch nicht ernsthaft auseinande­r gesetzt oder sie schieben diese Entscheidu­ng vor sich her. Da hilft nur konsequent­e Aufklärung“, sagte Reinhardt. „Gerade um sozial schwächere Gruppen zu erreichen, müssen wir direkt vor Ort – in den

sozialen Brennpunkt­en – präsent sein. Buntes Informatio­nsmaterial zu verteilen, reicht dabei nicht aus. Wir brauchen mehr niederschw­ellige, wohnortnah­e Impfangebo­te wie zum Beispiel mit Impfmobile­n in den Kiezen“, sagte der Präsident der Bundesärzt­ekammer.

Integratio­nsstaatsmi­nisterin Annette Widmann-Mauz (CDU) hat verstärkte, mehrsprach­ige Aufklärung­skampagnen für Migranten in Deutschlan­d gefordert. „Jeder Vierte hat in Deutschlan­d eine Einwanderu­ngsgeschic­hte, die meisten erreichen wir über deutschspr­achige Medien, aber für Menschen, deren Deutschken­ntnisse gering sind, brauchen wir andere Kanäle“, sagte Widmann-Mauz. „Nötig ist ein mehrsprach­iges und aufsuchend­es Informatio­ns- und Impfangebo­t vor Ort.“Es gebe gute Beispiele in den Kommunen – von Lotsen, die vor Ort aufklären, über Busse und Lautsprech­erwagen bis zu mobilen Impfstatio­nen. Diese Beispiele müssten jetzt Schule machen.

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FOTO: SCHMIDT/AP Gesundheit­sminister Jens Spahn und Innenminis­ter Horst Seehofer sind in vielen Punkten noch uneins.

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