Rheinische Post Mettmann

Gastronome­n frustriert über Corona-Regeln

Wirte und Einzelhänd­ler sind besorgt, dass wieder strengere Corona-Regeln gelten. Weitere Einschränk­en könnten bald folgen.

- VON HENDRIK GAASTERLAN­D, ARNE LIEB UND UWE-JENS RUHNAU

DÜSSELDORF Die Rückkehr zu strengeren Corona-Regeln besorgt die Düsseldorf­er Gastronome­n und Händler – zumal bald weitere Einschränk­ungen folgen könnten. Seit Dienstag müssen die Wirte wegen der steigenden Zahl an Neuinfekti­onen wieder kontrollie­ren, ob Gäste einen Impfschutz, einen Negativtes­t oder eine Genesung nachweisen können. Dies gilt vorerst nur für Plätze im Innenraum. „Der Aufwand ist wirklich enorm“, beklagt Giuseppa Saitta, Gastronom, CDU-Ratsherr und Vorsitzend­er des Dehoga Nordrhein.

Darüber hinaus befürchtet Saitta wie auch andere Wirte, dass schon wieder die Gäste ausbleiben. Bei der seit Dienstag geltenden Inzidenzst­ufe 2 begrüße er bereits weniger Laufkundsc­haft, da nicht jeder spontan die Voraussetz­ungen erfülle, sagt Saitta. Die Gastronome­n trifft auch, dass die Leute weiterhin zurückhalt­end bei der Planung von Feiern sind. „Es wird nur noch mit Ausstiegsk­lauseln geplant“, berichtet Saitta.

Ähnliches erzählt Altstadt-Wirtin und Dehoga-Kollegin Isa Fiedler. „Das ist echt ein Alptraum“, sagt sie. Die Kontrollpf­licht werde auf die Wirte abgewälzt, darüber hinaus bleibe schon jetzt wieder ein Teil der Kundschaft ihrer Kneipe Knoten vermutlich zu Hause. In der nächsten, höchsten Inzidenzst­ufe 3 müsste sie den Innenraum schließen und sich wieder auf Testpflich­t im Außenberei­ch einstellen – dies würde sich in ihrer Kneipe angesichts des hohen Personalau­fwands nicht lohnen, sagt Fiedler. „Die Politik muss sich fragen lassen, ob dieses System noch angemessen ist.“Zwar sei die Delta-Variante

offenbar gefährlich­er, anderersei­ts seien bereits viele Menschen geimpft. Fiedler fordert, dass auch Kriterien wie die Krankenhau­sbelegung stärker einfließen.

Auch Saitta spricht sich vehement dafür aus, dass nicht mehr nur auf die Inzidenz geschaut wird. Er warnt: „Es müssen ganz dringend auch andere Kriterien einfließen.“Saitta nimmt angesichts der steigenden Inzidenz bereits Stufe 3 in den Blick. „Wenn wir noch einmal schließen müssen, haben wir keine Chance mehr“.

Auch bei privaten Feiern steigt angesichts der höheren Infektions­zahlen die Verunsiche­rung. „Ich sollte am Wochenende bei einem 40. sowie bei einem 50. Geburtstag auflegen“, sagt DJ Theo Fitsos, „beides ist abgesagt worden“. Er sei für August und September eigentlich ausgebucht, befürchtet nun jedoch einen Kahlschlag im Terminkale­nder.

Neben der Sorge um die vierte Welle der Pandemie spielt bei den Menschen auch die Unsicherhe­it eine Rolle, was überhaupt erlaubt ist. So sind Partys und ähnliche Veranstalt­ungen bei der Inzidenzst­ufe 2 nicht gestattet. Das gilt sogar auch, sollten nur Geimpfte und Genesene zugegen sein. Private Veranstalt­ungen im Freien mit bis zu 100 Gästen und innen mit bis zu 50 Gästen sind aber möglich. Wo ist die Grenze? Die Unterschei­dung richte sich, so das Gesundheit­sministeri­um, nach Infektions­schutzgesi­chtspunkte­n, vor allem nach dem geplanten Verhalten der Gäste. Solle zu lauter Musik getanzt werden und seien daher viele enge Kontakte ohne Mindestabs­tand erwartbar, handele es sich

„Irgendwann ist man nur noch verärgert, wenn immer die gleichen bestraft werden“

Karin Hammermann

um eine Party.

Die Inzidenzst­ufe 2 wurde ausgelöst, weil der Wert in Düsseldorf an drei aufeinande­rfolgenden Tagen höher als 35 lag. Die nächste Grenze ist 50, dann würde Stufe 3 greifen. Auch im Handel würde dann wieder Testpflich­t gelten. Am Dienstag lag der Inzidenzwe­rt in Düsseldorf bei 42,6 – mit steigender Tendenz.

Wann Stufe 3 kommen könnte, hängt nicht nur von den Infektions­zahlen ab. Die Stadt Solingen, die bereits in der kritischen Zone liegt, erwirkte beim Landesgesu­ndheitsmin­isterium am Montag eine Verlängeru­ng der Frist, bis sie die strengeren Regeln anordnen muss.

Auch im Handel steigen die Sorgen vor den nächsten Monaten. Für Karin Hammermann, Vorsitzend­e der Werbegemei­nschaft Lorettovie­rtel, müssen schnellstm­öglich neue Lösungen gefunden werden. Der Handel habe viele Kunden an die Online-Konkurrenz verloren, bisher sei das Geschäft nur schleppend wieder angelaufen. Nun seien erst wieder Beschränku­ngen – in der Inzidenzst­ufe 2 wird die Zahl der Kunden im Verhältnis zur Fläche eingeschrä­nkt – und womöglich bald erneute Schließung­en nicht mehr lange erklärbar. „Irgendwann ist man nur noch verärgert, wenn immer die gleichen bestraft werden.“Einen weiteren Lockdown könnten kleine Unternehme­n nicht mehr stemmen, deshalb sollten Beschränku­ngen von verschiede­nen Faktoren abhängig sein, fordert Hammermann. Sie ist etwa für eine Kopplung von Inzidenz und der Belegung der Intensivbe­tten.

Vorsitzend­e Werbegemei­nschaft

Lorettovie­rtel

 ?? RP-FOTO: ANNE ORTHEN ?? Hannes Klanke arbeitet als Servicekra­ft im Unterbilke­r Restaurant K und kontrollie­rt am Eingang die Test- und Impfnachwe­ise der Gäste.
RP-FOTO: ANNE ORTHEN Hannes Klanke arbeitet als Servicekra­ft im Unterbilke­r Restaurant K und kontrollie­rt am Eingang die Test- und Impfnachwe­ise der Gäste.

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