Klettern im Grünen
Was als Erstes wohltuend ins Auge fällt, wenn man sich dem Kletterwald nähert, ist das Grün in unterschiedlichsten Schattierungen. Dadurch, dass hier hauptsächlich Laubbäume wachsen, klettert man, anders als bei Nadelbäumen, deren Kronen meist weit über den Aktiven liegen, an vielen Stellen mitten im Laub, mitten im Grünen – und schaut auch von oben auf lebendig grünes Unterholz. „Das ist ein Gefühl wie zu Kinderzeiten, als man einfach so im Wald auf einen Baum geklettert ist“, ruft Jörg Brockes, Betreiber der Anlage, den Besuchern in Erinnerung.
Er ist froh, dass er nach pandemiebedingter Zwangspause jetzt wieder kleine und große abenteuerlustige Kletterfreunde auf dem knapp 20.000 Quadratmeter großen Waldgelände in Nettetal-Hinsbeck begrüßen kann. Doch „einfach so“klettert man nicht los. Bevor man sich auf einen der zehn Parcours in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen begibt, ist eine etwa 20- bis 30-minütige Einführung in die Handhabung der Klettergurte und des Sicherheitssystems (sicherste Stufe der Din 15567, Kletterwald-Norm) erforderlich, an deren Ende jeder Einzelne dem Einweiser auch demonstrieren muss, dass er wirklich alles verstanden hat. Immerhin begibt man sich unter Umständen in bis zu 15 Meter Höhe, und Sicherheit geht im Kletterwald über alles. Eine Helmpflicht gibt es aber nicht, anders als in sogenannten Hochseilgärten, wo teilweise Parcours übereinander führen und man durch herabfallende Gegenstände am Kopf getroffen werden könnte. Das Risiko besteht hier nicht. Handschuhe könnten nützlich sein, auch wegen der Harzabsonderungen mancher Bäume, sind aber kein Muss.
Drei Stunden hat man in seinem vorher gebuchten „Slot“inklusive Einweisung dann Zeit, zu erkunden, was hinter so klangvollen Namen wie „Piraten“- oder „Indiana Jones“-Parcours steckt, und sollte sich nicht wundern, wenn auch der Name Tarzan bei einem Sprungelement auftaucht – warum genau das so heißt, wird an dieser Stelle aber nicht verraten! Etwa 125 Elemente von Netzbrücken über Bohlen, Reifen, Schaukeln,
Röhren bis zu Seilbahnen und Skateboards (!) stellen die Kletterer vor Herausforderungen, bei denen man am
Ende stolz ist, sie geschafft zu haben. Und sollte man doch einmal nicht weiterwissen, wie man das vor einem liegende Hindernis am besten bewältigt, stehen am Boden überall erfahrene Mitarbeiter bereit, zu ermutigen und zu helfen. Wenn gar nichts mehr geht – auch das kommt vor und ist keine Schande –, sind sie auch schnell im Parcours, um beim kontrollierten Abstieg zu unterstützen. „Wenn etwas ist, einfach rufen“, sagt Jörg Brockes.
Im besten Fall gelangt man natürlich aus eigener Kraft bis zum höchsten Punkt der Anlage und stürzt sich aus 15 Metern im freien Fall nach unten – was übrigens nicht nur für Kinder und Jugendliche ein großer Spaß und Adrenalinkick ist. Auch viele Erwachsene klettern durch die
Bäume, und die wurden keineswegs nur von ihrem Nachwuchs dazu „gezwungen“.
Da man sich im Kletterwald draußen in der Natur befindet, bleibt ein unkalkulierbares Risiko für einen Besuch natürlich das Wetter. Aber auch hier ist Brockes bestens aufgestellt. „Ein bisschen Regen ist nicht das Problem“, sagt er, „dabei kann man meistens weiterklettern.“Anders sieht es da schon bei starkem Wind oder gar Sturm sowie Gewittern mit Blitzen aus. Deshalb kontrolliert das Team des Kletterwaldes laufend die aktuellen Wettervorhersagen des Deutschen Wetterdienstes, Regen- sowie Gewitterradar, und ist immer auf dem neuesten Stand, um die Kletterer im Notfall aus den Bäumen zu
holen. Das erfahren wir am eigenen Leib, da sich an diesem Abend auch schon hörbar ein Gewitter ankündigt und somit die Kletterpartie beendet. Für Betroffene gibt es aber faire Erstattungsregelungen (vor Buchung erkundigen). Für ganz üble Regentage hat Brockes außerdem ein Ausweichquartier in petto, da er neben dem Kletterwald auch noch die Kletterhalle „Clip ’n Climb“im benachbarten Viersen-Dülken, etwa 17 Kilometer Fahrt, betreibt. Dort locken 35 knallbunte Kletterwände und Elemente, noch mehr Koordination und Gleichgewichtssinn zu trainieren (www.clipnclimb.de).
Egal ob bunt und drinnen oder grün und draußen: Klettern kennt, wie schon erwähnt, fast keine Altersgrenzen. Mindestens sechs Jahre alt sollte man aber trotzdem sein, um im Kletterwald auf Tour zu gehen, noch entscheidender ist allerdings die Griffhöhe, damit man auch alle Elemente im Parcours sicher bewältigen kann. Ach ja, und mehr als 120 Kilogramm sollte man auch nicht auf die Waage bringen. Um auch die ganz kleinen Besucher locker ans Klettern heranzuführen, gibt es die beiden Spaßparcours „Nimmersatt“und „Nimmerland“in Bodennähe, ab vier Jahren. Damit wäre beim Familienausflug ins Grüne dann wirklich so gut wie für jedes Alter etwas dabei.