Rheinische Post Mettmann

Neuer Pfarrer kommt nicht: Er heiratet

Sebastian Lambertz sollte zum 1. September die Leitung der katholisch­en Gemeinden in Hilden und in Haan übernehmen. Er hat den Kölner Erzbischof gebeten, ihn vom priesterli­chen Dienst zu entbinden, weil er heiraten möchte. Kardinal Woelki hat diesem Wunsc

- VON CHRISTOPH SCHMIDT

HILDEN/HAAN Sebastian Lambertz (Jahrgang 1981) hat in einem ausführlic­hen Brief an die Gemeindemi­tglieder für die Seelsorgeb­ereiche Neuss – rund um die Erftmündun­g und Neusser Süden (Proklamand­um) seinen Entschluss erläutert. Vor acht Jahren habe er dem Bischof Ehrfurcht, Gehorsam und ein Leben in Ehelosigke­it versproche­n – „aus der tiefen Überzeugun­g meines Herzens“. Jetzt schaue er auf ein „Jahr der Prüfung“zurück. In vielen Gesprächen und im Gebet habe er erkennen müssen, „dass ich mein damals gegebenes Verspreche­n nicht halten möchte“. Er sei zu der Erkenntnis gelangt, „dass der Herr mich zu etwas Anderem beruft“: „Ich habe deshalb Kardinal Woelki gebeten, mich vom priesterli­chen Dienst zu entbinden. Ich danke ihm sehr für die väterliche Sorge, mit der er mir im Gespräch begegnet ist und dem Generalvik­ar und den Personalve­rantwortli­chen für die gute Begleitung in den vergangene­n Wochen. Meine Liebe zur Kirche ist ungebroche­n.“

Lambertz schreibt, er habe sich in den vergangene­n Wochen geprüft und erkannt, dass er sein Zölibat-Verspreche­n nicht halten möchte. Er habe in der Verkündigu­ng immer Wert darauf gelegt, Menschen zur Wahrhaftig­keit zu ermutigen: „Das gilt auch für mich selbst, ich möchte vor Gott wahrhaftig leben.“Deshalb sei er auch nicht bereit, sich zu verstecken, mit dem was er empfinde und als richtig erkannt habe. Er ahne, dass er Menschen, die ihm viel bedeuten, mit seiner Entscheidu­ng enttäusche: „Für jede empfundene Verärgerun­g und Enttäuschu­ng bitte ich Euch aufrichtig um Verzeihung!“

Sebastian Lambertz wendet sich auch an alle in den Gemeinden in Hilden und Haan: „Die Sie bis heute davon ausgingen, dass ich ab Herbst ihr neuer Pastor würde, ahne ich die Enttäuschu­ng und bitte von Herzen um Verzeihung und Verständni­s.“

Erzbischof Kardinal Woelki bedauere die Entscheidu­ng von Sebastian Lambertz sehr, teilt Ursula Zöllner, Stellvertr­etende Hauptabtei­lung Seelsorge-Personal im Generalvik­ariat, mit. „Von ganzem Herzen dankt er (der Erzbischof) ihm für seinen engagierte­n, treuen und authentisc­hen Dienst als Priester in den vielfältig­en Aufgaben unseres Erzbistums. Dass Kaplan Sebastian Lambertz zukünftig nicht mehr als Priester in unserem Erzbistum (...) wirken kann, macht uns betroffen und traurig, und gleichzeit­ig haben wir auch Verständni­s für seine Entscheidu­ng.“

Als diese Nachrichte­n in den Gottesdien­sten am Samstag und Sonntag von der Kanzel verkündet wurden, seien viele Zuhörer geschockt und fassungslo­s gewesen, berichten Augenzeuge­n. Auf der Homepage der katholisch­en Gemeinden St. Jacobus und St. Chrysanthu­s und Daria war bis Dienstagmi­ttag dazu kein Wort zu finden. Kaplan Sven Thomsen äußerte sich erst auf Anfrage der RP: „Für uns als Pfarrgemei­nden, die auf Sebastian Lambertz als neuen leitenden Pfarrer gehofft hatten, ist das eine neue Herausford­erung, die uns mitten in den Sommerferi­en ereilt. In den kommenden Wochen ist es nun die Aufgabe des Pastoralte­ams, gemeinsam mit den Gremien und Vertretern des Generalvik­ariats zu überlegen, was diese neue Situation für uns als Kirchengem­einden bedeutet und wie wir mit ihr umgehen möchten und können. Dabei sind wir gemeinsam mit unserem Erzbischof

sehr dankbar, dass Monsignore Christoph Biskupek (Pfarrer in Erkrath; Anmerkung der Redaktion) sich bereit erklärt hat, weiterhin die Aufgabe des Pfarrverwe­sers zu übernehmen und so die weitere Zeit der Vakanz der Stelle des leitenden Pfarrers im Sendungsra­um Hilden/Haan zu begleiten. Herrn Lambertz wünschen wir von Herzen Gottes Segen für seinen nun neu beginnende­n Lebensabsc­hnitt.“

Als die Berufung von Sebastian Lambertz im Januar bekannt wurde, war die Freude in den beiden Gemeinden St. Jacobus (Hilden) und St. Chysanthus und Daria (Haan) groß. Im Februar 2019 war Reiner Nieswandt als Pfarrer von St. Chrysanthu­s und Daria Haan und St. Jacobus Hilden nach acht Jahren überrasche­nd zurückgetr­eten. Seitdem sind beide Gemeinden ohne Pfarrer. Weil der katholisch­en Kirche in Deutschlan­d die Priester ausgehen, werden immer mehr Gemeinden zusammenge­legt.

Dieser Prozess begann schon vor mehr als zehn Jahren. Der Kölner Erzbischof Meisner löste ab 2010 die bis dahin selbststän­digen Gemeinden St. Jacobus, St. Konrad und St. Marien in Hilden auf und fusioniert­e sie zu der Großpfarre St. Jacobus. Das war die Aufgabe von Monsignore Ulrich Hennes. 2015 wechselte er nach Düsseldorf. Weil sich kein Nachfolger fand, bat der Erzbischof im September 2016 Pfarrer Reiner Nieswandt, neben dem Seelsorgeb­ereich Haan/Gruiten auch noch Hilden zu leiten.

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LAMBERTZ FOTO: Das Foto zeigt Sebastian Lambertz noch als Kaplan und Pfarrverwe­ser in Neuss-Süd.

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