Darum ist Little Tokyo so cool
Rund um die Immermannstraße entstand über mehrere Jahrzehnte ein Kult-Viertel mit Manga, Miso-Suppe und Maruyasu. Die japanische Gemeinde hat hier ihr Zuhause. Auch alle anderen Nationalitäten schätzen das Areal.
STADTMITTE Wenn am Samstag nach zwei Jahren Corona-Pause das größte Japanfest Europas wieder in Düsseldorf stattfindet, dann werden viele der erwarteten 600.000 Gäste auch in das pulsierende Geschehen rund um die Immermannstraße eintauchen. Menschen in bunten Kostümen und oft im Stil von MangaFiguren geschminkt, sorgen dann während des Japan-Tages zusätzlich für Aufsehen – auch speziell in eben diesem Areal der Stadt, das wegen seiner einschlägigen Prägung durch die japanische Community auch den Spitznamen Little Tokyo trägt. Cool finden es Einheimische und Besucher gleichermaßen, durch dieses Viertel zu flanieren und Zwischenstopps einzulegen, für viele Menschen hat diese japanische Hochburg eine große Lässigkeit. Herausragend ist schon dieses Alleinstellungsmerkmal: Kein anderer Bezirk in Düsseldorf kann so eindeutig einer bestimmten Nationalität zugeordnet werden wie Little Tokyo.
Fast 70 Jahre ist es nun schon her, dass sich die ersten japanischen Geschäftsleute in der Landeshauptstadt niederließen. Das war wohl längst überfällig, denn die Verbindung zwischen Düsseldorf und dem asiatischen Land besteht schon viel länger. Den Grundstein legte laut Düsseldorf Tourismus der Düsseldorfer Kaufmann Louis Kniffler schon im 19. Jahrhundert, er war auch der erste preußische Konsul im „Land der aufgehenden Sonne“. Die Japaner – gut 8500 sind es mittlerweile in Düsseldorf und sie bilden hier somit die drittgrößte japanische Gemeinde Europas – wohnen gerne in Oberkassel. Aber ihr Gesellschaftsleben findet in der Stadtmitte statt.
Die Neugierde wird an vielen Ecken der Immermannstraße, Klosterund Kreuzstraße geweckt, bunt ist das Japan-Viertel, exotisch und zugleich unaufgeregt, und es verheißt die Erschließung neuer Erfahrungshorizonte: Es gehört schon zum typischen Bild, dass sich lange Schlangen vor den Restaurants bilden, und auch die Izakayas – das sind japanische Kneipen – servieren authentische japanische Küche wie Ramen-Imbisse, Sake und Sushi.
Einer der Sushi-Pioniere ist Akio Ando. Seine Geschichte ist längst eine kleine Legende, denn er war mal Bergmann und Lagerist, bevor er Düsseldorf mit den Röllchen aus rohem Fisch und Reis versorgte. Sein erstes Maruyasu eröffnete er 1995 in den Schadow Arkaden, weitere wie im Japan-Viertel folgten. Eine gewisse Verehrung wird dem Sterne-Koch Yoshizumi Nagaya (an der Kloster- und Kreuzstraße) zuteil – ein internationaler Star innovativer Kochkunst. Glücksbringer und kultigen Kitsch gibt es in den Souvenirläden, Tofu und Miso-Paste in den asiatischen Supermärkten. Der Mikrokosmos beweist, dass die Japaner offenbar die Vielfalt leben und vielleicht auch gerne mal verrückte Sachen machen wie lustige KaraokeSessions in den Bars des Viertels.
In die Rubrik „Lustiges“passt auch das typisch japanische Duschklo im Hotel „me and all“. Kreischen und Quietschen vor Überraschung und Verzückung sind zu hören, wenn die Gäste im Erdgeschoss die hochtechnischen Toiletten benutzen und sich sitzend ihren Popo föhnen lassen können. Das Nikko-Hotel ein paar Meter weiter kann dafür mit Promis aufwarten: Götz George drehte hier,
George Clooney kam zum Essen, die extravagante Grace Jones sang sich ein auf der 9. Etage.
Trotz Japans Hoheit in diesem Viertel im Großraum der Immermannstraße
scheint genug Raum für Konkurrenz: Indische Restaurants sind hier zu finden, vietnamesische, auch das Burger-Lokal What’s Beef. Deutsche Tradition trifft die japanische: Nicht weit von Maruyasu entfernt ist Münzen Ritter. Humor haben die Japaner auch, der entdeckt werden will bei einer eher zurückgenommenen Mentalität. Karneval ist auch ein Thema. Das bestätigte schon der recht beliebte Ryuta Mizuuchi, der bis 2018 Generalkonsul in Düsseldorf war und eine Ehefrau mit perfekten Deutschkenntnissen hat. Sein Lieblingswort im Deutschen: „Das ist Hoppeditzerwachen“, sagte er mal. Ein kleiner Kulturschock muss es wohl gewesen sein, als er seinerzeit seinen ersten Besuch im Rathaus abstattete, denn das war exakt zum Auftakt der Karnevalssession.