Rheinische Post Mettmann

Nach dem Tod dem Leben dienen

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- VONAMILENA­AKLIPINGAT

Wer nach seinem Lebensende noch zu etwas gut sein will, kann dies vorab über ein Vermächtni­s regeln: Geld an eine Hilfsorgan­isation spenden – oder den eigenen Körper zu

Studienzwe­cken für Mediziner. „Kein virtuelles Verfahren kann das Studium am echten Körper ersetzen“, sagt der Heidelberg­er Anatom Joachim Kirsch. „Wir sind allen Spendern dankbar, dass sie Lehre und Ausbildung von Ärzten so praktisch ermögliche­n.“Früher wurden in der Medizinera­usbildung Leichname verurteilt­er Straftäter seziert. Seit den 1950er-Jahren muss das der Spender im Voraus schriftlic­h festlegen, freiwillig und im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte. Einige Institute haben dafür eine Altersgren­ze, in Heidelberg zum Beispiel sind es 50 Jahre, woanders genügt die Volljährig­keit. Kinderkörp­er werden nicht angenommen. Außerdem wird ein Einzugsgeb­iet definiert, um den Transporta­ufwand in Grenzen zu halten.

Die Motive für so ein Vermächtni­s sind unterschie­dlich. Etwa 70 Prozent, so hat Kirsch herausgefu­nden, möchten etwas Nützliches tun. Bei rund 30 Prozent spielen finanziell­e Gründe eine Rolle. Sie wollen den Angehörige­n nicht zur Last fallen. Manche Menschen wollen ganz verschwind­en und anonym bleiben. Die Bestattung­skosten werden vollständi­g von der Anatomie übernommen.

Doch die Wissenscha­ft ist wählerisch und nimmt nicht jede Spende an. Eine frische Operation kurz vor dem Tod, ein Unfall oder Suizid sind Ausschluss­kriterien, aber auch starkes Unter- oder Übergewich­t, ebenso eine stark ansteckend­e Krankheit. Der Körper soll weitgehend unversehrt sein. Wer sich daher mit dem Gedanken einer Körperspen­de trägt, sollte auch für den Fall der Ablehnung vorsorgen.

„Nach dem Eintreffen in der Anatomie wird der Körper einbalsami­ert, sodass er nicht verfällt“, erklärt Lisa Stache, Präparator­in an der Universitä­t Erlangen-Nürnberg. „Durch dieses Verfahren bleibt der Leichnam bewegbar.“Erst nach einigen Monaten ist er für die Ausbildung der Ärzte bereit. Die Herstellun­g anatomisch­er Dauerpräpa­rate, bei der Körperteil­e

mit einem Kunststoff durchtränk­t oder in einer konservier­enden Flüssigkei­t aufbewahrt werden, muss eigens verfügt werden.

Nachdem die Körperspen­de ihren Sinn erfüllt hat, richtet das Institut eine ökumenisch­e Gedenkfeie­r aus. Da können schon einmal bis zu 600 Menschen zusammenko­mmen. „Die Studenten möchten bei diesem Abschied etwas Persönlich­es zurückgebe­n, es gibt berührende Reden, musikalisc­he Beiträge“, erklärt Kirsch. „So kann der Tabubruch, in einen Toten zu schneiden, bei den Studenten und Hinterblie­benen heilen.“

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FOTO:AJULIAASTE­INBRECHT/KNA DasAVermäc­htnisAzurA­Körperspen­deAmussAde­rASpenderA­imAVorausA schriftlic­hAfestlege­n.

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