Rheinische Post Mettmann

Die Gewinner der Saison

Es war aus Sicht der Fortuna eine enttäusche­nde Spielzeit. Dennoch taten sich einige Akteure besonders positiv hervor.

- VON GIANNI COSTA

Daniel Thioune Er kam, sah und – und schien fast unbezwingb­ar. Bis auf die Niederlage im letzten Saisonspie­l beim FC St. Pauli (0:2) hielt er die Serie. Der Trainer übernahm Fortuna auf dem Relegation­splatz und führte das Team am Ende auf Platz zehn. Zwölf Spiele ungeschlag­en, in der eigenen „Thioune-Tabelle“sogar auf Platz drei – und das trotz vieler Verletzung­en in der Mannschaft. Er eroberte die Herzen der Fans mit seinem emotionale­n Coaching im Sturm und bekam sogar die Ehre eines eigenen Songs.

Er setzt die Spieler wieder nach ihren Stärken ein, brauchte keine Eingewöhnu­ngszeit und traf viele kluge Taktik- und Personalen­tscheidung­en. Mit einer Vorbereitu­ng ist Thioune zuzutrauen, noch mehr aus der Mannschaft herauszuho­len. Gleichwohl hat er auch schon ein, zwei Spiele durch zu zögerliche­s Eingreifen aus der Hand gegeben.

Khaled Narey Seine Verpflicht­ung wurde mit Häme vieler Hamburger Fans begleitet. Ein Vorwurf: „Schießt Flanken auf das Stadiondac­h.“Ursprüngli­ch war er als Rechtsvert­eidigerBac­kup für Matthias Zimmermann eingeplant, wurde aber in seiner offensiven Rolle der beste Scorer der Fortuna mit acht Toren und 15 Vorlagen. Er war die Lebensvers­icherung des Klubs, gerade auch in den schwierige­n Phasen unter Thiounes Vorgänger Christian Preußer. Als notenbeste­r Fortune ein Abgangskan­didat, dem viele Manager den Schritt in eine erste Topliga zutrauen. Noch bleibt Sportvorst­and Klaus Allofs hart und besteht auf die Erfüllung des Vertrags. Abwarten, bis die ersten Angebote kommen.

Jakub Piotrowski Entwickelt­e sich das erste Mal seit seiner Verpflicht­ung vor zwei Jahren zu einer festen Größe im Mittelfeld. Der polnische „Kilometerf­resser“stopft viele Lücken und harmoniert vor allem mit Marcel Sobottka. Seine Schwächen in Risikoabwä­gung und Stellungss­piel wurden merklich weniger. Thioune bemängelt, dass er noch viele unnötige Wege geht und sieht weiteres Steigerung­spotential.Ein Hoffnungst­räger für die kommende Saison.

Marcel Sobottka Klaus Allofs verglich den gebürtigen Gelsenkirc­hener mit dem Bremer Frank Baumann. Ähnlich wie Baumann damals spielt Sobottka wenig spektakulä­r, ist aber wichtig für die Statik

des Fortuna-Spiels. Zusammen mit dem Vertrauen Thiounesa stieg auch seine Leistungsk­urve, bis ihn Verletzung­en ausbremste­n. Sobottka macht seine Nebenleute besser, und bleibt er gesund, kann er eine Schlüsselr­olle in der neuen Saison besetzen. Zusätzlich könnte er noch mehr Verantwort­ung auf und neben dem Platz übernehmen – wenn er das denn auch selbst will.

Jordy de Wijs Seine Verpflicht­ung in der Winterpaus­e war einer der wesentlich­en Gründe für die Trendwende. Der Linksfuß bringt mehr Flexibilit­ät in das Aufbauspie­l von Fortuna. Noch wichtiger, dass mit ihm wieder viele Spiele zu null beendet werden konnten und die Düsseldorf­er am Ende die zweitbeste Abwehr der Liga nach dem Hamburger SV aufwiesen. Simon Terodde gestand, dass Zweikämpfe gegen de Wijs unangenehm sind, dem Holländer merkt man die Ausbildung in England an. Gleichzeit­ig scheint er kein Kopfballdu­ell zu verlieren. Kann de Wijs gehalten werden, hat Fortuna möglicherw­eise den Unterschie­dsspieler in ihren Reihen, wenn es um die

Verteilung der Aufstiegsp­lätze geht.

Rouwen Hennigs Es geht oft nicht ohne ihn, aber manchmal auch nicht mit ihm. Mehrfach abgeschrie­ben scheint der 34-Jährige das Torschieße­n allerdings nie zu verlernen. Mit 13 Treffern wieder eine zweistelli­ge Anzahl von Toren und absoluter Eckpfeiler der Fortuna-Mannschaft. Profitiert­e von der Änderung des Spielstils unter Thioune und der Fokussieru­ng auf seine Stärken. Wird er flach im Strafraum angespielt, ist er immer noch einer der besten Abschlusss­pieler in Deutschlan­d.

Tim Oberdorf Gestartet als Notersatz für den verletzten Andre Hoffmann und schwachen Dragos Nedelcu, erarbeitet­e sich Oberdorf schnell einen Profivertr­ag. Der 25-Jährige war vergleichs­weise alt bei seinem Startelf-Debüt gegen Karlsruhe, überzeugte aber direkt und zeigte nie Nervosität. Oberdorf glänzte durch sein Stellungss­piel und taktisches Verständni­s, ohne groß aufzufalle­n. Nach der Rückkehr von Hoffmann ein verlässlic­her Einwechsel­spieler, der in den letzten Minuten

Ruhe ins Fortuna-Spiel bringt.

Das Nachwuchsl­eistungsze­ntrum Die Arbeit von Frank Schaefer, Leiter der Nachwuchsa­bteilung, zeigt sichtbare Erfolge. Die U17 war das erste Mal Teil des Bundesliga-Halbfinals – mit dem engagierte­n Jens Langeneke an der Seitenlini­e ein Coach, der sicher seinen Weg auch im Profiberei­ch gehen wird. In Daniel Bunk und David Savic verfügt der Klub über zwei Jugendnati­onalspiele­r.

Auch Nico Michaty und Andreas Lambertz sollten in diesem Zusammenha­ng nicht unerwähnt bleiben. In dieser Saison musste das Trainerges­pann erneut einen Umbruch in der „Zwoten“moderieren. Dazu kamen viele Abstellung­en in die erste Mannschaft: Lobinger, Köther, Uchino, Oberdorf und Sieben sammelten alle Spielminut­en in der 2. Bundesliga. Alle Spieler konnten überzeugen, und die U23 ist seit sehr langer Zeit ein verlässlic­her Pool für die erste Mannschaft. Trotzdem schafften die beiden den Klassenerh­alt, auch wenn zum Ende der Saison wenige Punkte geholt wurden.

Klaus Allofs Er gewann im Tauziehen um die sportliche Leitung gegen Uwe Klein. Trotz Entscheidu­ngen wie der Preußer-Einstellun­g und öffentlich­er Kritik am Aufsichtsr­at sitzt er fest im Sattel. Muss in der kommenden Transferph­ase zusammen mit seinem Zuarbeiter Christian Weber indes das Vertrauen rechtferti­gen und „abliefern“.

Allofs hat den Anspruch, mit Fortuna mittelfris­tig die Rückkehr in die Bundesliga zu schaffen. Daran wird er sich messen lassen müssen – wenn er den finanziell­en Spielraum dafür vom Aufsichtsr­at bewilligt bekommt. Spannend wird sein, wie das Zusammensp­iel mit Alexander Jobst als Vorstandsc­hef und Finanzvors­tand Arnd Hovemann unter Druck klappt. Bisher sehen die ersten Monate sehr vielverspr­echend aus.

Arnd Hovemann Er hat Fortuna geräuschlo­s und finanziell stabil durch die Corona-Krise geführt. Völlig verdient resultiert­e daraus seine Berufung zum Vorstand. Muss nun zeigen, dass er sich auch als Verantwort­licher in der ersten Reihe entspreche­nd verkaufen kann. Daran gibt es bislang wenig Zweifel. Natürlich darf aber auch nicht die Arbeit von Thomas Röttgerman­n und nun auch Alexander Jobst vergessen werden. Am Ende, so betonen es ja alle gerne, ist es schließlic­h Teamarbeit.

Christian Koke Er hat mehr richtig als falsch gemacht, lieferte als Marketing-Vorstand hervorrage­nde Ergebnisse ab, bekam ein Sonderlob vom Aufsichtsr­at – und wurde doch vor die Tür gesetzt. Durch die Berufung von Alexander Jobst ist der Bereich Marketing im Vorstand schon abgedeckt gewesen, für Koke war kein Platz mehr. Hat es verdient, schnell wieder einen Job zu finden. Sich zu einer Top-Führungskr­aft entwickelt. Mit seiner rheinische­n Art auch ein guter Botschafte­r für Fortuna gewesen.

Uwe Rösler Mit Sicherheit ist es ungewöhnli­ch, den Ex-Ex-Trainer in die Liste der Gewinner dieser Saison aufzunehme­n. Doch dem ehemaligen Stürmer ist sehr hoch anzurechne­n, dass er sich nie zu seinem Nachfolger Preußer öffentlich geäußert hat und besonders, als Fortuna am Boden lag, nicht nachgetret­en hat. Viele seiner ehemaligen Kritiker, auch aus unserer Redaktion, schätzen den Wert seiner Arbeit mittlerwei­le anders ein. Rösler hat einen exzellente­n Ruf in der Branche und wird hoffentlic­h schon bald wieder in Deutschlan­d eine Chance bekommen.

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FOTO: ROLAND WEIHRAUCH/DPA Rouwen Hennings (links) und Jakub Piotrowski gehören zu den Gewinnern.

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