Grüne Dächer und Fassaden
Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland: Der Klimaschutz scheint aus der aktuellen Diskussion verschwunden. Gerade die derzeitigen Krisen machen aber deutlich: Es braucht mehr Anstrengungen im Kampf gegen die Erderwärmung
Seit Anfang des Jahres kennen die Preise für fossile Energiequellen jeder Art nur eine Richtung: steil aufwärts. Gleiches gilt für Baustoffe, sei es Sand, Holz oder Stahl, Elektrotechnik, selbst Einweg-Paletten. Dabei ist gerade bei Gebäuden noch jede Menge Luft in Sachen Energieeffizienz und Natur- und Klimaschutz.
Ein Weg, diese Ziele relativ kurzfristig gerade in Städten zu realisieren, ist die Begrünung von Hausdächern und -fassaden. Denn städtische Regionen zeichnen sich durch ein geschlossenes Siedlungsgebiet mit hoher Bebauungsdichte, engmaschigen Verkehrswegen und hoher Bevölkerungszahl im Vergleich zur Grundfläche aus.
Die hohe Bebauungsdichte in Kombination mit asphaltierten Wegenetzen sorgt in der Stadt gerade im Sommer dafür, dass es dort häufig heißer und stickiger ist als auf dem Land. Es fehlen Grünflächen und Pflanzen, welche die Verdunstung reduzieren und die Luft feuchter halten können.
Das heizt die Temperaturen in Städten zusätzlich an, sie können im Vergleich zum Land um zehn Prozent wärmer sein.
Um dem entgegenzuwirken, wäre es sinnvoll, davon zu profitieren, was die Stadt zuhauf hat: Gebäude. So könnten, ohne weitere Flächen in Anspruch zu nehmen oder neues Bauland zu erschließen, die Dächer und Fassaden bestehender Gebäude begrünt werden.
Pflanzen auf Hausdächern haben eine sehr lange Tradition. In Skandinavien und Island beispielsweise werden seit Jahrhunderten Dächer mit Grassoden, also ausgestochenen Gras- oder Torfstücken, auf eng gelegten Holzsparren eingedeckt.
Sie erfüllen so drei wesentliche Zwecke: Grassoden kühlen im Sommer durch die Aufnahme und das Speichern von Luftfeuchtigkeit und verhindern im Winter den Verlust von Wärme im Gebäude. Drittens bilden sie einen natürlichen Lebensraum für Pflanzen und Tiere.
Dasselbe Prinzip gilt auch bei der Begrünung heutiger
Dächer. Zum einen wird das Material des Daches durch die zusätzliche Grünauflage geschont, da sie Witterungseinflüsse aller Art abfedert. Durch das Abmildern von Hitze-, Kälte- und Wassereinflüssen sparen die Bewohner zusätzliche Energiekosten, die beim Erwärmen oder Abkühlen der Häuser anfallen.
Gerade grüne Dächer dienen so als Pufferspeicher für das Regenwasser – das verringert das Einleiten des kostbaren Nass in die Kanalisation, die so auch bei Starkregen geschont wird.
Bepflanzte Dächer und Fassaden dienen zudem der Verschattung von Gebäuden, was das Gebäude abkühlt. Die Blätter reflektieren das Sonnenlicht und verringern so zusätzlich ein Aufheizen des Gebäudes. Außerdem verdunsten die Blätter der Pflanzen viel Wasser, was für weitere Kühlung und Frische sorgt. Grüne Fassaden können so sowohl Heizung als auch Klimaanlage je nach Temperatur zumindest ergänzen, wenn nicht sogar ersetzen. Das spart Geld. Des weiteren binden die Pflanzen
Schadstoffe aus der Luft: Feinstäube werden wie in einer Filteranlage auf den Blättern gebunden. Der Regen wäscht die Schadstoffe später von den Blättern, sie gelangen auf den Boden und werden im Substrat aus dem Wasser gefiltert. Die Pflanzen helfen zudem gegen Lärm: Grüne Wände wirken wie Schalldämpfer. Eine vollflächige Begrünung kann eine Reduktion um zehn Dezibel erreichen. Wer einmal an einer Hauptverkehrsstraße gewohnt hat, weiß, was das bedeutet.
Ob ein Profi bei der Anlage einer Fassadenbegrünung oder eines grünen Daches zu Rate gezogen werden sollte, hängt ganz vom Einzelfall ab. Entscheidend sind Ranksysteme, Pflege, Bewässerung und Auswahl der Pflanzen sowie die Frage, ob es sich um erd- oder nicht erdgebundene Systeme handelt (wachsen die Pflanzen im Erdreich oder in Containern). Gleiches gilt bei der Frage nach grünen Dächern. Auch hier ist die Größe und die Gestaltung entscheidend – bis hin zur Anlage ganzer Dachparks.