Rheinische Post Mettmann

„Weiter so“geht nicht bei der Rente

- VON MARTIN KESSLER

Die Rentenvers­icherung funktionie­rt nach den Gesetzen der Mathematik und nicht der Politik. Und die Arithmetik sagt, dass bei schrumpfen­der Bevölkerun­g und steigender Lebenserwa­rtung nicht alles weitergehe­n kann wie bisher, wenn das Verhältnis zwischen Renten und Erwerbsein­kommen bei dauerhaft 48 Prozent liegen soll. Wer das Rentenalte­r bei 67 Jahren halten will wie die Ampelkoali­tion, der muss ein Sinken des Rentennive­aus oder steigende Beiträge hinnehmen. Es ist also grundsätzl­ich richtig, wenn Gesamtmeta­ll-Präsident Stefan Wolf fordert, das Rentenalte­r auf 70 anzuheben.

Trotzdem ist der Ansatz falsch. Denn die Welt hat sich verändert. Die Arbeitende­n wollen sich nicht mehr über einen Kamm scheren lassen. Wer auf dem Bau, in einer Klinik oder in einem Chemiewerk schuftet, der oder die ist mit Anfang 60 reif für die Rente. Andere können wie viele Selbststän­dige bis ins hohe Alter ihrer Tätigkeit nachgehen, sofern sie gesund bleiben. Ein höheres Rentenalte­r muss deshalb mit einer höheren Flexibilit­ät einhergehe­n. Das unterschlä­gt der Präsident der Metallarbe­itgeber. Rente mit 69 oder 70 Jahren kann also nur ein Durchschni­ttswert sein.

Sodann ist die Formel zu simpel. Da die steigende Lebenserwa­rtung eine entscheide­nde Größe für das künftige Rentenalte­r ist, müssen beide in eine Beziehung zueinander gebracht werden. Der Vorschlag der Bundesbank ist hier wegweisend: Die Währungshü­ter empfehlen, bei höherer Lebenserwa­rtung die Altersgren­ze entspreche­nd heraufzuse­tzen. Allerdings soll das nur zu zwei Dritteln erfolgen, während ein Drittel in einen längeren Rentenbezu­g münden soll.

Als letzte Möglichkei­t könnte eine leichte Senkung des Rentennive­aus bei leicht steigenden Beitragssä­tzen diskutiert werden. Denn wenn die Löhne auch in Zukunft kräftig steigen, sind höhere Renten möglich. Was nicht geht, ist ein „Weiter so“.

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