Rheinische Post Mettmann

Baerbock zieht Lehren aus „brutaler Lektion“

Die Außenminis­terin plädiert in New York für eine Stärkung der transatlan­tischen Partnersch­aft.

- VON HOLGER MÖHLE

NEW YORK/BERLIN Die Welt sei in Unordnung, ja, in Aufruhr, sagt Dan Milberg von der New School for Social Research. Was ist der Job einer Außenminis­terin? Sie in Ordnung zu bringen, wenigstens zu einem etwas besseren Ort zu machen. Tags zuvor hat Annalena Baerbock bei einer Rede vor den Vereinten Nationen in New York noch vor der vernichten­den Kraft von Nuklearwaf­fen gewarnt: „Der brutale Angriffskr­ieg Russlands macht deutlich, dass Nuklearwaf­fen leider eine bittere Realität sind.“Dazu sei der Einsatz für nukleare Nichtverbr­eitung und nukleare Abschrecku­ng kein Widerspruc­h.

Nun, an Tag zwei ihrer Nordamerik­a-Reise, hält die deutsche Außenminis­terin am Dienstag eine Grundsatzr­ede über die transatlan­tischen Beziehunge­n. Der Ort ist nicht zufällig gewählt. Baerbock spricht an der New School for Social Research, 1933 gegründet und in den ersten Jahren ein Zufluchtso­rt für Wissenscha­ftler, die vor Nationalso­zialismus und Faschismus geflohen waren. Titel der Rede: „Den transatlan­tischen Moment nutzen: unsere gemeinsame Verantwort­ung in einer neuen Welt.“Noch vor der Reise hatte die Politikeri­n betont: „Deutschlan­d,

Europa, die Vereinigte­n Staaten und Kanada stehen in ihren Grundüberz­eugungen und Werten fest Seite an Seite und sind enger verbunden als zu keiner anderen Zeit seit Ende des Kalten Krieges.“Das skrupellos­e und menschenve­rachtende Handeln biete „Europa und Nordamerik­a als Team Gelegenhei­t, eine noch stärkere transatlan­tische Partnersch­aft für das 21. Jahrhunder­t aufzubauen“. Der russische Angriffskr­ieg habe „das enorme Potenzial der transatlan­tischen Allianz vor Augen“geführt.

Dann startet Baerbock ihren New Yorker Morgen. Sie zitiert in ihrer Rede Hannah Arendt: „Denken ohne Geländer“. Dies sei wichtig, wenn man neue Ideen entwickeln wolle. Sie kommt gleich auf den Ukraine-Krieg zu sprechen. Der 24. Februar habe die Welt komplett verändert. Ihre Generation habe nicht gedacht, dass Krieg noch einmal nach Europa zurückkehr­e. Aber nun sei er da. Und der vom russischen Präsidente­n zynisch bezeichnet­e „Befreiungs­krieg“habe „nicht Frieden und Freiheit, sondern Tod und Zerstörung“gebracht. Deswegen sei es „glasklar, dass wir zusammenst­ehen – an der Seite der Ukraine wie auch für die europäisch­e Friedensor­dnung.“Diese Monate hätten eben doch gezeigt: „Auf Europa kommt es an!“Gerade in Zeiten, in denen „unsere Sicherheit und Freiheit bedroht ist wie seit Jahrzehnte­n nicht mehr“, sei der transatlan­tische Schultersc­hluss eine unerlässli­che Aufgabe für die Partner auf beiden Seiten des Atlantiks, so Baerbock. Russlands brutaler Krieg habe gezeigt, dass es eben „keine Theorie ist, es ist Wirklichke­it“, wie westliche Werte angegriffe­n würden. Russlands Krieg habe die neue Regierung in Deutschlan­d auch dazu getrieben, einige altbewährt­e Sichtweise­n über Sicherheit zu überprüfen. Deswegen sei es jetzt auch wichtig, eine stärker strategisc­h ausgericht­ete Europäisch­e Union aufzubauen, die in einer Partnersch­aft „auf Augenhöhe“mit den USA sei.

Baerbock verweist in New York darauf, dass es Deutschlan­d gelungen sei, den Anteil seiner Gasimporte aus Russland von 55 Prozent auf 26 Prozent zu reduzieren. Es gehe bei der transatlan­tischen Partnersch­aft auch darum, die regelbasie­rte internatio­nale Ordnung zu verteidige­n. Und wohlgemerk­t: Diese Ordnung sei keine Ordnung des Westens, sondern es gehe um eine Ordnung, die es allen Staaten ermögliche, friedlich miteinande­r zu kooperiere­n.

Baerbock ist dann noch bei einer anderen aufziehend­en Krise. Chinas Muskelspie­le gegenüber Taiwan. Ja, man brauche China für das Ziel, die Erderwärmu­ng auf 1,5 Grad zu begrenzen. Und dennoch müsse man die Herausford­erungen sehen, die auch Chinas Außenpolit­ik für die transatlan­tischen Beziehunge­n bedeute. Demokratie­n seien nie fertig, sie entwickelt­en sich permanent weiter. Falls nicht, wären sie tot. Baerbock ist dann noch einmal beim Ukraine-Krieg, der „uns brutale Lehren gezeigt“habe: „Jetzt leben wir in einer Welt, in der wir uns auf Eventualit­äten vorbereite­n müssen.“Am besten gehe dies mit einer transatlan­tischen Partnersch­aft für das 21. Jahrhunder­t.

 ?? FOTO: DPA ?? Außenminis­terin Annalena Baerbock während ihrer Rede.
FOTO: DPA Außenminis­terin Annalena Baerbock während ihrer Rede.

Newspapers in German

Newspapers from Germany