Touristen in Griechenland sollen Steuermoral verbessern
ATHEN „Apódixi please“, diesen Slogan sehen die ankommenden Touristen jetzt auf großen Bildschirmen, während sie an den Gepäckbändern der Flughäfen auf ihre Koffer warten. Nur wer eine Quittung bekommt, muss zahlen, werden die Reisenden aufgeklärt: „Bevor Sie für eine Ware oder eine Dienstleistung bezahlen, müssen Sie mit den Worten ‚Apódixi please‘ um eine Quittung bitten“, heißt es da: „Wenn Sie keine bekommen, brauchen Sie nichts zu bezahlen.“Sie werden ebenfalls darüber informiert, dass in Griechenland alle Händler und Dienstleister verpflichtet sind, Kartenzahlungen zu akzeptieren. Ausgenommen davon sind nur Taxis und Kioske.
Hintergrund der Kampagne, die auch auf Youtube läuft, ist die grassierende Steuerhinterziehung in Griechenland. Vor allem in der Tourismusbranche, in den Tavernen, Bars, Cafés und Hotels, aber auch bei Autovermietern, Sonnenschirmverleihern und Andenkenhändlern, laufen viele Euros an den Registrierkassen vorbei. So sparen Wirte und Händler nicht nur die Einkommensteuer. Sie stecken auch die Mehrwertsteuer, die in Griechenland bis zu 24 Prozent ausmacht, in die eigene Tasche.
Nach einem Bericht der EU-Kommission gingen dem griechischen
Fiskus im vergangenen Jahr Mehrwertsteuern in Höhe von 5,35 Milliarde Euro durch die Lappen. Das entsprach fast 26 Prozent der potenziellen Mehrwertsteuereinnahmen. Damit liegt Griechenland in der EU auf dem zweiten Platz. Nur in Rumänien wird noch mehr Mehrwertsteuer hinterzogen. Auf den Plätzen drei und vier folgen Malta und Italien.
Nach Berechnungen der Brüsseler Kommission sind den griechischen Finanzministern in den Jahren 2000 bis 2019 Mehrwertsteuereinnahmen von insgesamt 120 Milliarden Euro entgangen – eine gewaltige Summe, wenn man bedenkt, dass sich die gesamten Steuereinnahmen Griechenlands im vergangenen Jahr auf 55 Milliarden Euro beliefen.
Schwerpunkte der Steuerhinterziehung sind die Tavernen, Beach Bars und Nachtklubs. Der Fiskus verlässt sich nicht nur auf die Hilfe der Touristen. In den Sommermonaten schwärmen auch Steuerfahnder aus. Als Urlauber getarnt, beobachten sie, ob die gesetzlich vorgeschriebenen Quittungen ausgestellt werden. Auf der Schickeria-Insel Mykonos wurden sie vergangene Woche fündig: In einem bekannten Strandrestaurant stellten Beamte fest, dass an einem einzigen Abend Umsätze von 85.450 Euro am Fiskus vorbeigeleitet wurden. Auf das Restaurant wartet jetzt eine eingehende Steuerprüfung.