Wo ist das Gepäck?
Vor zwei Wochen hob eine Maschine ohne Koffer nach Schweden ab. Viele sind seither verschwunden.
DÜSSELDORF Marianne Mayer (Name geändert) ist seit Tagen auf der Suche nach ihrem Gepäck. Die junge Frau war mit ihrer Mutter vor knapp zwei Wochen mit einer Maschine von Düsseldorf nach Stockholm geflogen, die ohne die Koffer und Reisetaschen der rund 180 Passagiere losgeflogen war. „Wir haben unser Gepäck immer noch nicht erhalten. Die Informationslage ist katastrophal“, sagt sie. Sie hat ihre Suche in das für Betroffene zuständige Onlineportal „Lost & Found“gestellt. Dort würde sich der Status ihrer Suche aber seit Tagen nicht ändern, sagt sie. Dort stehe nur, dass sie auf der Suche nach ihrem Gepäck sei. „Interessant ist, dass ein Gepäckstück von uns nach Stockholm nachgeliefert wurde, wir aber schon längst abgereist sind. Das ist auch entgegen unserer Weisung passiert, dass wir die Koffer zu unserer Wohnadresse geschickt haben wollen“, betont sie.
Allein aus NRW haben Tausende Fluggäste in diesem Sommer ähnliche Erfahrungen gemacht. Wegen Personalmangels gibt es in der Gepäckabfertigung vieler Flughäfen massive Probleme. Immer wieder müssen Passagiere ohne Koffer in den Urlaub reisen, weil sie nicht mehr rechtzeitig an Bord gebracht werden konnten. Auch bei den Ankünften kommt es zum Teil zu erheblichen Wartezeiten. Zu Beginn der Sommerferien packte am Airport in der Landeshauptstadt sogar die Feuerwehr beim Gepäck mit an, weil nicht ausreichend Personal vorhanden war.
Bei dem Flug von Marianne Mayer handelt es sich um den EurowingsFlug EW 9216 von Düsseldorf nach Stockholm vom 21. Juli 2022, der mit Verspätung gestartet war. „Auf dem Flug wurde aufgrund von fehlendem Ladepersonal leider Gepäck in Düsseldorf nicht mitbefördert. Dies bedauern wir sehr und möchten uns bei den betroffenen Passagieren für die damit verbundenen Unannehmlichkeiten entschuldigen“, sagte ein Sprecher von Eurowings. Das stehen gebliebene Gepäck sei unmittelbar danach auf die nächsten Maschinen nach Stockholm geladen und nachgeschickt worden. „Die Recherche bei unseren Gepäckspezialisten ergab, dass inzwischen nahezu alle Gepäckstücke ausgeliefert wurden“, so der Sprecher. Er empfiehlt Passagieren, deren Gepäck nicht am Zielflughafen auftaucht, alle Flugunterlagen – insbesondere die Bordkarte und den Gepäckabschnitt – aufzubewahren und eine offizielle Meldung
zu erstellen. Das könne entweder bei der Gepäckermittlung im Ankunftsbereich des Zielflughafens geschehen oder online über den Gepäck-Self-Service auf der Internetseite der Airline. „Der Gast erhält dann eine schriftliche Bestätigung mit einer Vorgangsnummer, die er unbedingt aufbewahren sollten“, erklärt der Eurowings-Sprecher. Mit Eingang dieser Verlustmeldung werde über das angeschlossene weltweite Gepäcksuchsystem nach dem verlorenen Gepäckstück gefahndet. Für betroffene Reisende ist mit der Suche nach ihren Koffern häufig viel Aufwand verbunden.
Mayer berichtet von einem Pärchen auf dem Flug nach Stockholm, deren komplette Wanderausrüstung in den Koffern gewesen sei. „Sie wollten nur wandern gehen und hatten nicht genug Geld dabei, um sich ein Hotel oder einen vorgezogenen Rückflug leisten zu können. In Tränen aufgelöst sagte die Frau zu mir, dass sie wohl auf der Straße ausharren müssten, bis ihre Koffer wieder da seien“, so Mayer.
Marianne Mayer ärgert sich vor allem darüber, dass nicht klar kommuniziert worden sei, dass die Maschine ohne Gepäck starten werde. „Ich hätte von den Piloten erwartet, dass sie diese Information geben und wir dann selbst entscheiden können, ob wir fliegen wollen oder nicht“, so Mayer. Und weiter: Auch hätte es eine Information geben müssen, dass kein Gepäck mehr aufgegeben werden kann und man lieber auf Handgepäck umsteigen sollte.
Ein gefundenes Gepäckstück wird laut Eurowings immer maximal fünf Tage an einem Flughafen aufbewahrt. Falls sich der Besitzer nicht ermitteln lässt, erfolgt nach drei bis sechs Monaten die Übergabe an einen Auktionator.