Gebäudeförderung stößt auf viel Kritik
Der Wirtschaftsminister hat seine Reformpläne präsentiert. Branchenverbände nennen sie ein „Fiasko“.
BERLIN Weniger Energieverbrauch für mehr Versorgungssicherheit und Klimaschutz – so lautet das erklärte Ziel der Bundesregierung. Angesichts der drohenden Gasknappheit und der Zuspitzung der Klimakrise will das Bundeswirtschaftsministerium deshalb die Gebäudeförderung neu ausrichten. Der Fokus dabei soll künftig auf der energetischen Sanierung von Bestandsgebäuden liegen. Um gleichzeitig mehr Antragstellern die Teilhabe zu ermöglichen, werden die Fördersätze abgesenkt.
Seit Ende Juli gelten die neuen Förderbedingungen für Komplettsanierungen und noch laufende Neubauförderung. Ein Beispiel: Eine umfassende Sanierung auf die Effizienzhaus-Stufe 40 wird künftig mit maximal 67.500 Euro unterstützt. Das entspricht 45 Prozent der förderfähigen Kosten – und setzt sich aus einem Tilgungszuschuss von 30 Prozent sowie einer möglichen Zinsvergünstigung im Wert von rund 15 Prozent zusammen.
Ab dem 15. August greifen auch die Änderungen für Einzelmaßnahmen. Sogenannte Energiefresser wie alte Fenster können dann mit einer Förderung von bis zu 20 Prozent – das entspricht rund 12.000 Euro – durch effizientere Modelle ausgetauscht werden. Wer seine Gasheizung durch eine Wärmepumpe ersetzt, kann mit einer Förderung von 40 Prozent (24.000 Euro) rechnen.
Insgesamt sollen mit der Reform 13 bis 14 Milliarden Euro für die Gebäudeförderung zur Verfügung gestellt werden. „Der Effekt für Energieeinsparung und Klimaschutz liegt bei der energetischen Gebäudesanierung um das rund 4,5-Fache höher als im Neubau“, erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kürzlich. Um jedoch möglichst vielen Bürgern angesichts knapper Haushaltsmittel den Zugang zu ermöglichen, seien verringerte Fördersätze notwendig. Diese wurden deshalb um fünf bis zehn Prozentpunkte gesenkt. „In Zukunft bekommt der oder die Einzelne etwas weniger an Förderung als vorher, aber dafür können viele Menschen von den Förderprogrammen profitieren“, so Habeck.
Die Neubauförderung soll in einem weiteren Schritt für das Jahr 2023 umgestaltet werden. Die Reform dient laut dem Wirtschaftsministerium auch der Verlässlichkeit: Sie soll es bewirken, dass trotz der Krise kontinuierlich gefördert werden kann. „Dass wir verlässliche Rahmenbedingungen bekommen, ist ganz wichtig“, betonte Bernd Düsterdiek, Dezernent für Stadtentwicklung und Umwelt beim Deutschen Städte- und Gemeindebund. Im Gespräch mit unserer Redaktion befürwortete er die neue Fokussierung. Düsterdiek sieht demnach in der Sanierung der kommunalen Bestandsgebäude ein „gewaltiges Einsparpotenzial“. Denn neben zwei Millionen kommunalen Wohnungen gebe es 180.000 kommunale Gebäude
wie Rathäuser oder Schulen.
Auch Sandra Weeser (FDP), Vorsitzende des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen im Bundestag, erhofft sich durch die Änderungen eine höhere Sanierungsquote – und in der Folge mehr Einsparungen bei den Energiekosten. Sie kritisierte jedoch das Vorgehen des Wirtschaftsministers: „Häuslebauer, Wohnungsbesitzer und Energieberater haben seit Jahresanfang mehrmals erleben müssen, wie der Wirtschaftsminister von einem Tag auf den anderen Förderbedingungen radikal verändert. Das sorgt für mangelnde Planungssicherheit, Frust und Unverständnis“, sagte Weeser auf Anfrage.
Hans-Joachim Riechers, Hauptgeschäftsführer des Verbands für Dämmsysteme, Putz und Mörtel, sah in der Förderung allein jedoch keinen ausreichenden Impuls für Sanierungen: „Es muss auch das Bewusstsein geweckt werden, jetzt mit den richtigen Maßnahmen die Gebäude energetisch zu modernisieren“, sagte er unserer Redaktion.
Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbands der deutschen Wohnungswirtschaft (GdW ), hat kürzlich noch deutlichere Worte gefunden: Das sei die „größtmögliche Katastrophe“für das Engagement der sozial orientierten Wohnungsunternehmen für den Klimaschutz. Die Reform sei eine Fortsetzung des „Förder-Fiaskos“, so Gedaschko.