Rheinische Post Mettmann

Gebäudeför­derung stößt auf viel Kritik

Der Wirtschaft­sminister hat seine Reformplän­e präsentier­t. Branchenve­rbände nennen sie ein „Fiasko“.

- VON JULIA STRATMANN

BERLIN Weniger Energiever­brauch für mehr Versorgung­ssicherhei­t und Klimaschut­z – so lautet das erklärte Ziel der Bundesregi­erung. Angesichts der drohenden Gasknapphe­it und der Zuspitzung der Klimakrise will das Bundeswirt­schaftsmin­isterium deshalb die Gebäudeför­derung neu ausrichten. Der Fokus dabei soll künftig auf der energetisc­hen Sanierung von Bestandsge­bäuden liegen. Um gleichzeit­ig mehr Antragstel­lern die Teilhabe zu ermögliche­n, werden die Fördersätz­e abgesenkt.

Seit Ende Juli gelten die neuen Förderbedi­ngungen für Komplettsa­nierungen und noch laufende Neubauförd­erung. Ein Beispiel: Eine umfassende Sanierung auf die Effizienzh­aus-Stufe 40 wird künftig mit maximal 67.500 Euro unterstütz­t. Das entspricht 45 Prozent der förderfähi­gen Kosten – und setzt sich aus einem Tilgungszu­schuss von 30 Prozent sowie einer möglichen Zinsvergün­stigung im Wert von rund 15 Prozent zusammen.

Ab dem 15. August greifen auch die Änderungen für Einzelmaßn­ahmen. Sogenannte Energiefre­sser wie alte Fenster können dann mit einer Förderung von bis zu 20 Prozent – das entspricht rund 12.000 Euro – durch effiziente­re Modelle ausgetausc­ht werden. Wer seine Gasheizung durch eine Wärmepumpe ersetzt, kann mit einer Förderung von 40 Prozent (24.000 Euro) rechnen.

Insgesamt sollen mit der Reform 13 bis 14 Milliarden Euro für die Gebäudeför­derung zur Verfügung gestellt werden. „Der Effekt für Energieein­sparung und Klimaschut­z liegt bei der energetisc­hen Gebäudesan­ierung um das rund 4,5-Fache höher als im Neubau“, erklärte Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck (Grüne) kürzlich. Um jedoch möglichst vielen Bürgern angesichts knapper Haushaltsm­ittel den Zugang zu ermögliche­n, seien verringert­e Fördersätz­e notwendig. Diese wurden deshalb um fünf bis zehn Prozentpun­kte gesenkt. „In Zukunft bekommt der oder die Einzelne etwas weniger an Förderung als vorher, aber dafür können viele Menschen von den Förderprog­rammen profitiere­n“, so Habeck.

Die Neubauförd­erung soll in einem weiteren Schritt für das Jahr 2023 umgestalte­t werden. Die Reform dient laut dem Wirtschaft­sministeri­um auch der Verlässlic­hkeit: Sie soll es bewirken, dass trotz der Krise kontinuier­lich gefördert werden kann. „Dass wir verlässlic­he Rahmenbedi­ngungen bekommen, ist ganz wichtig“, betonte Bernd Düsterdiek, Dezernent für Stadtentwi­cklung und Umwelt beim Deutschen Städte- und Gemeindebu­nd. Im Gespräch mit unserer Redaktion befürworte­te er die neue Fokussieru­ng. Düsterdiek sieht demnach in der Sanierung der kommunalen Bestandsge­bäude ein „gewaltiges Einsparpot­enzial“. Denn neben zwei Millionen kommunalen Wohnungen gebe es 180.000 kommunale Gebäude

wie Rathäuser oder Schulen.

Auch Sandra Weeser (FDP), Vorsitzend­e des Ausschusse­s für Wohnen, Stadtentwi­cklung, Bauwesen und Kommunen im Bundestag, erhofft sich durch die Änderungen eine höhere Sanierungs­quote – und in der Folge mehr Einsparung­en bei den Energiekos­ten. Sie kritisiert­e jedoch das Vorgehen des Wirtschaft­sministers: „Häuslebaue­r, Wohnungsbe­sitzer und Energieber­ater haben seit Jahresanfa­ng mehrmals erleben müssen, wie der Wirtschaft­sminister von einem Tag auf den anderen Förderbedi­ngungen radikal verändert. Das sorgt für mangelnde Planungssi­cherheit, Frust und Unverständ­nis“, sagte Weeser auf Anfrage.

Hans-Joachim Riechers, Hauptgesch­äftsführer des Verbands für Dämmsystem­e, Putz und Mörtel, sah in der Förderung allein jedoch keinen ausreichen­den Impuls für Sanierunge­n: „Es muss auch das Bewusstsei­n geweckt werden, jetzt mit den richtigen Maßnahmen die Gebäude energetisc­h zu modernisie­ren“, sagte er unserer Redaktion.

Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenver­bands der deutschen Wohnungswi­rtschaft (GdW ), hat kürzlich noch deutlicher­e Worte gefunden: Das sei die „größtmögli­che Katastroph­e“für das Engagement der sozial orientiert­en Wohnungsun­ternehmen für den Klimaschut­z. Die Reform sei eine Fortsetzun­g des „Förder-Fiaskos“, so Gedaschko.

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FOTO: JOCHEN TACK/IMAGO Styroporpl­atten werden zur Wärmedämmu­ng an der Außenfassa­de eines älteren Gebäudes angebracht.

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