Brauer schlagen Alarm wegen Gasknappheit
DÜSSELDORF Bei den deutschen Bierbrauern ist die Situation nach der erneuten Verringerung der Gasliefermengen aus Russland im Juli derzeit schwieriger denn je. „Die Lage ist sehr angespannt“, sagte Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, unserer Redaktion. Etwa zwei Drittel der deutschen Brauereien sind nach Angaben des Verbandes auf Gas angewiesen. Das gilt aber auch für Zulieferer, beispielsweise für die Glashersteller. Im Umlauf sind derzeit mehr als drei Milliarden Mehrwegflaschen; Experten gehen davon aus, dass pro Jahr 80 bis 100 Millionen Flaschen neu hergestellt werden müssen. Und dafür braucht man Gas. „Die Lebensmittelhersteller haben nach der Chemiebranche den zweitgrößten Gasbedarf aller Unternehmen“, so Eichele.
Seinen Angaben zufolge gibt es in Deutschland überhaupt nur wenige Brauereien, die ihre Kessel auf Öl als Alternative umstellen können. Und auch bei denen sei die Umstellung allenfalls eine Notfallmaßnahme. Bei vielen sei das langfristig logistisch gar nicht möglich, und es fehle häufig auch die Genehmigung durch die Behörden. „In einem Lebensmittelbetrieb kann man nicht einfach einen Öltank auf den Hof stellen“, erklärt der Hauptgeschäftsführer.
Ab Oktober könnte die Lage für einige in der Branche richtig brenzlig werden. „Zu diesem Termin haben viele Gasversorger eine Preisverdoppelung angekündigt“, sagt Eichele. Das ist vor allem für die vielen mittelständischen Unternehmen unter den rund 1500 Brauern in Deutschland ein Riesenproblem. „Die massiv steigenden Kosten als Folge des Krieges in der Ukraine werden in der Brauwirtschaft tiefe Spuren hinterlassen. Immer mehr mittelständische Betriebe gehen in die Knie, Lieferketten stehen vor dem Kollaps“, heißt es beim Verband. Er appelliert an die Entscheidungsträger in der Politik, „alle Vorhaben zu stoppen, die neue Belastungen für die Betriebe bringen“.
Die Gasknappheit ist aber nur eines der großen Probleme, mit denen die deutschen Bierbrauer gegenwärtig zu kämpfen haben: Die globalen Lieferketten sind immer noch erheblich gestört. „Das gilt über alle Komponenten hinweg: Ersatzteile für Maschinen, Kronkorken, Etiketten, Flaschen, Kästen, Kartons – es fehlt einfach alles“, so Eichele. Bei einigen Produkten reichten die Lieferzeiten mittlerweile bis nach Weihnachten. Und manche Lieferanten hätten die Preise um bis zu 80 Prozent erhöht. „Es sind aber nicht alle gezwungen, das zu tun“, sagt Eichele mit Blick auf Unternehmen, die von der aktuellen Krise und der Knappheit profitieren.