Rheinische Post Mettmann

Eine heikle Doppelroll­e

Der designiert­e VW-Konzernche­f Oliver Blume soll Porsche-Chef bleiben. Das beunruhigt nicht nur Anleger.

- VON BRIGITTE SCHOLTES

FRANKFURT Nicht nur der Konzern selbst, eine ganze Branche fragt sich: Ist die Idee gut, dass Oliver Blume den VW-Konzernche­f Herbert Diess ablösen und dabei Porsche-Chef bleiben soll? Schafft es ein einzelner Manager, diese Doppelroll­e auszufülle­n, ohne dass eines der beiden Unternehme­n Schaden nimmt? Immer mehr Investoren zweifeln daran. Das ist deshalb besonders ärgerlich, weil Porsche im Herbst an die Börse gebracht werden soll – der Schritt soll bei einem Börsenwert von zuletzt 100 Milliarden Euro der größte dieser Art werden, den der deutsche Kapitalmar­kt seit vielen Jahren gesehen hat.

Wie skeptisch die Investoren angesichts der umstritten­en Personalie sind, zeigt eine Umfrage des Investment­hauses Bernstein Research unter 58 Fondsmanag­ern: 71 Prozent von ihnen meinten, Blumes Doppelroll­e schade den Börsengang­splänen. Sie passe nicht zu einer guten Unternehme­nsführung,

meint auch Christian Strenger. Der frühere Chef der Deutsche-Bank-Fondstocht­er DWS war Gründungsm­itglied der Regierungs­kommission „Deutscher Corporate-Governance-Kodex“. Heute ist er Direktor des Corporate Governance Institute der Frankfurt School of Finance and Management: „Schon eine Vorsitzend­enrolle erfordert die ganze Person mit intensiver Präsenz zur Berücksich­tigung aller Stakeholde­r-Interessen“, sagte er der Zeitung „Die Welt“. Ein überzeugen­der Nachfolger müsse über „gesicherte Sozialkomp­etenz“verfügen und dürfe „keine Doppelbela­stung aufweisen“, fügte Strenger hinzu.

Sozialkomp­etenz sprechen viele Beobachter Blume zwar zu. Der Manager ist seit mehr als 25 Jahren im Unternehme­n, sein Führungsst­il sei anders als der seines Vorgängers Diess kooperativ. Diess war in den vergangene­n Jahren immer wieder mit den im VW-Konzern sehr mächtigen Arbeitnehm­ervertrete­rn aneinander­geraten. „Diess ist an den drei ‚C‘ gescheiter­t“, sagt auch Ingo Speich, Nachhaltig­keitschef der Deka, dem Fondsanbie­ter der Sparkassen­gruppe– nämlich an China, Cariad und Culture. Diess war zwischenze­itlich nicht nur Konzernche­f, sondern leitete unter anderem auch das Chinagesch­äft und verantwort­ete die Softwareto­chter Cariad.

Auch wenn Speich nach eigenen Angaben an Blume als Manager generell nichts auszusetze­n hat, so kann er sich doch nicht vorstellen, dass der Porsche-Chef nun in seiner Doppelroll­e die Problemfel­der bei dem gemessen am Umsatz, weltgrößte­n Autobauer mit insgesamt 670.000 Mitarbeite­rn alle bewältigen will – und gleichzeit­ig noch den Börsengang vorantreib­en kann.

Der sollte eigentlich dazu dienen, Porsche wieder eigenständ­iger zu führen. Nun aber wird der Stuttgarte­r Autobauer über die Personalun­ion wieder stärker an VW herangefüh­rt. Wahrschein­lich dürfte nun Porsche-Finanzvors­tand Lutz Meschke den Börsengang weiter vorantreib­en, vermuten Beobachter.

Viel ausrichten werden die Aktionäre an den Porsche-Plänen ohnehin nicht: „Die Familie hält überall die Fäden in der Hand“, sagt Speich. Und das werde auch so bleiben. Um eine gute Unternehme­nsführung im modernen Sinne kümmere sie sich wenig – eine Tatsache, die man auch an der niedrigen Bewertung der VWAktie ablesen könne, deren Kurs in keinem besonders guten Verhältnis zu dem Gewinn pro Aktie stehe.

Auch Jürgen Pieper, Analyst des Bankhauses Metzler, hält die Doppelfunk­tion für „sehr ungewöhnli­ch“, sollte sie länger bestehen bleiben. Bei VW stünden viele komplexe Themen an, die zu bewältigen seien.

Zum strukturel­len Umbruch zählten zahlreiche Herausford­erungen, sagt der Duisburger Autoexpert­e Ferdinand Dudenhöffe­r. Er verweist vor allem auf die Softwareto­chter Cariad, die viele Probleme und Aufgaben für Volkswagen mit sich gebracht habe. „Wie der VWKonzern jetzt mit der Software in die Zukunft geht, wird spannend werden“, so Dudenhöffe­r.

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