Covestro warnt vor Produktionsstopps
Bei einem Stillstand droht der Zusammenbruch von Lieferketten. Der Gewinn sinkt wegen hoher Kosten.
LEVERKUSEN Kaum hat der Chemiekonzern Covestro die Folgen der Pandemie überwunden, schlägt die Gaskrise ins Kontor: „Im zweiten Quartal haben wir von einer schneller als erwarteten Erholung nach den Lockdowns in China profitiert“, sagte Finanzvorstand Thomas Toepfer am Dienstag. Doch nun hätten die Risiken deutlich zugenommen – „insbesondere mit Blick auf die sehr hohen Energiekosten sowie Unwägbarkeiten bei der Gasversorgung an unseren deutschen Standorten“. Die deutschen Produktionsstätten – darunter Leverkusen, Dormagen, Krefeld – machen rund ein Viertel der weltweiten Produktionskapazitäten aus.
Kurzfristig versucht Covestro, seinen Gasbedarf durch die Umstellung auf Öl-Generatoren zu senken.
Aber die Effekte dieser Maßnahme sind überschaubar: Die Hälfte des Gases benötigt Covestro zur Erzeugung von Strom und Dampf, die andere Hälfte als Rohstoff.
Derzeit werden nach Unternehmensangaben alle Standorte ausreichend beliefert. Doch der Konzern bereitet Arbeitnehmer und Kunden auf Stilllegungen vor: „Sollte es im Jahresverlauf zu einer Rationierung der Gasversorgung kommen, kann dies je nach Höhe der Kürzung einen Teillastbetrieb oder einen kompletten Stillstand einzelner Produktionsanlagen von Covestro zur Folge haben“, warnte der Konzern. Aufgrund der Verflechtung der chemischen Industrie mit anderen Branchen sei bei einer Verschärfung der Lage mit einem Zusammenbruch ganzer Liefer- und Produktionsketten zu rechnen.
Schon jetzt leidet das Unternehmen
unter den hohen Preisen: Eigentlich hatte es mit 1,5 Milliarden an Energiekosten für 2022 kalkuliert, nun rechnet es mit 2,2 Milliarden. Das stutzt auch die Prognose: Für 2022 erwartet der Konzern nur noch einen Vorsteuer-Gewinn von bis zu 2,2 Milliarden Euro, im Vorjahr waren es 3,1 Milliarden Euro. Im zweiten Quartal sank der Gewinn um ein Drittel auf 547 Millionen. „Wir schauen auf ein zunehmend herausforderndes zweites Halbjahr“, sagte Covestro-Chef Markus Steilemann. „Die geopolitische Situation führt uns mehr als deutlich vor Augen: Der Umbau zu einer nachhaltigen und fossilfreien Industrielandschaft ist unausweichlich.“
„Der Umbau zu einer fossilfreien Industrielandschaft ist unausweichlich“Markus Steilemann Vorstandschef von Covestro