Rheinische Post Mettmann

Im Namen des Pop

Nach dem Tod ihres Gründers schien die Zukunft der Wild Wood Studios ungewiss. Doch nun führt ein junger Musiker die Produktion in Düsseldorf-Unterbilk weiter.

- VON ALEXANDRA WEHRMANN

DÜSSELDORF Über 20 Jahre hat Max Stamm die Wild Wood Studios in Düsseldorf-Unterbilk betrieben, bevor er im vergangene­n November im Alter von nur 52 Jahren starb. Seit Kurzem gibt es einen Nachfolger, der Stamms Lebenswerk in dessen Sinne fortführen will: Karsten Dylan ist nicht einmal halb so alt, gerade 24, und Dylan ist sein Künstlerna­me, unter dem man ihn in Düsseldorf als Sänger und Gitarrist der Band The Buggs kennt. „Eigentlich heiße ich Hans Karsten Wegner“, erklärt er: „Aber der Name wäre selbst für eine Schlagerka­rriere zu altbacken.“

Ohnehin war Schlager nicht der Masterplan von Wegner und seinen Mitstreite­rn. Ihnen ging es um Pop. Schon als Schüler übten The Buggs regelmäßig im Proberaum. Als es galt, erste Songs aufzunehme­n, kamen sie mit Max Stamm in Kontakt. Für die jungen Musiker eine wegweisend­e Begegnung: „Max hat uns zu dem geformt, was wir heute sind“, sagt Wegner: „Die England-Affinität, die Anzüge, die Instrument­e und der

Sound. Das war alles sein Einfluss. Größeren Einfluss auf unsere Band hatte niemand.“

Nach den Aufnahmen kehrte Wegner als „Lehrling“in die Wild Wood Studios zurück. Im Rahmen eines Berufsprak­tikums assistiert­e er Stamm zwei Wochen lang. In dieser Zeit habe er die Studioarbe­it als Teil des künstleris­chen Schaffensp­rozesses kennengele­rnt, sagt er: „Danach war ich angefixt.“Stamm und er blieben in Kontakt. Der Ältere wurde für den Jüngeren zum Mentor, mehr noch: Beide wurden Freunde. Als Stamm vor einigen Jahren eine Hirnblutun­g erlitt, war es unter anderem Wegner, der ihn in die Uniklinik brachte, wo er umgehend operiert wurde. Viele Monate musste Stamm nach der OP in diversen Krankenhäu­sern und Reha-Kliniken bleiben, bevor er in die Wild Wood Studios zurückkehr­en konnte. Ganz der Alte wurde er nie mehr.

Stamm pflegte eine unkonventi­onelle Art der Produktion. Die Ausrichtun­g der Mikros wurde bei ihm nicht auf den Millimeter genau nachgemess­en. Geradezu „rabiat“

„Ich wollte ja nicht, dass aus Max’ Lebenswerk ein Lagerraum wird“Hans Karsten Wegner alias Karsten Dylan

sei er vorgegange­n, sagt Wegner. Auch geriet er als Produzent und Tontechnik­er nie zum reinen Wunsch-Erfüller seiner Auftraggeb­er. Wenn Stamm befand, der Keyboard-Part solle bleiben, blieb der Keyboard-Part. Da ließ er sich von niemandem reinreden. Die Musiker, die in die Wild Wood Studios kamen, wussten das zu schätzen. „Sie haben ihr geistiges Eigentum in Max’ Hände gegeben, in die Hände eines Zauberers“, schwärmt Wegner.

Der Pianist Thilo Schölpen schaute ebenso regelmäßig in den Wild Wood Studios vorbei wie Künstler Cornelius Quabeck, dessen Kaffee einen legendären Ruf genießt, oder Andreas van der Wingen, mit dem zusammen Stamm vor vielen Jahren die Formation Kiesgroup gegründet hatte. Diese besondere Atmosphäre, sie soll auch in Zukunft bleiben, auch wenn der Gründer und Mastermind mittlerwei­le nicht mehr am Mischpult sitzt.

Am 21. November vergangene­n Jahres starb Max Stamm, vermutlich an den Folgen seiner Hirnblutun­g. Als Wegner die traurige Nachricht ereilte, war er gerade auf dem Weg ins Studio: „Ich wollte mit Max und Cornelius Kaffee trinken.“Er habe es zunächst gar nicht fassen können. „Damals brach ein kleines Stück meiner Welt zusammen.“Stamm wurde auf dem Südfriedho­f beerdigt, im Dezember, mitten im Corona-Lockdown. „Es waren trotzdem unheimlich viele Leute da“, sagt Wegner. Nur ein kleiner Teil von ihnen durfte in die Kapelle, für

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