Rheinische Post Mettmann

Corona kann auch bei Kindern Long Covid auslösen

- VON WOLFRAM GOERTZ

Eine Studie zeigt, dass einem Negativ-Test trotzdem noch lange Symptome folgen können. Ein Aspekt lässt aber hoffen.

CALGARY Eine Infektion mit dem Coronaviru­s birgt mittlerwei­le in der Regel keine großen gesundheit­lichen Gefahren mehr. In der Regel. Ausnahmen treten dann ein, wenn der Impfschutz stark gesunken ist oder jemand deutliche Vorerkrank­ungen hat. Diese erfreulich­e Tendenz hat auch mit der Mutation des Virus hin zu einer Variante zu tun, die sich vornehmlic­h in den oberen Atemwegen abspielt. Anderersei­ts ist Omikron extrem ansteckend, deshalb kommt es statistisc­h eben doch zu vielen schwereren Verläufen.

In zweieinhal­b Jahren Umgang mit dem Coronaviru­s haben sich einige Mythen in unserem Erkenntnis­stand eingeniste­t. Eine Legende ist, dass Kinder nie schwer an Corona erkranken, geschweige denn von Long Covid als mittelfris­tiger Folge einer Infektion heimgesuch­t werden. Eine kanadische Studie um die Erstautori­n Anna Funk von der University of Calgary zeigt jetzt, dass auch die Jüngsten ein schwereres Krankheits­bild entwickeln konnten und im Nachgang noch unerwartet lang an Long-Covid-Symptomen wie Müdigkeit, Schwäche und Fieber leiden können.

1884 Kinder bis zu zehn Jahren mit einem positiven Corona-Test wurden in 36 Notaufnahm­en in acht Ländern über einen Zeitraum von 90 Tagen nachunters­ucht. Bei 5,8 Prozent von ihnen traten lang anhaltende Probleme auf.

Ein wichtiger Faktor für die Entwicklun­g der Symptome war die Hospitalis­ierung: Wenn die Kinder wegen Corona ins Krankenhau­s gekommen waren und dort mindestens 48 Stunden gelegen hatten, stieg die Wahrschein­lichkeit eines

Long-Covid- (vier Wochen nach Negativ-Test) oder gar eines Post-Covid-Verlaufs (länger als zwölf Wochen nach Negativ-Test) an.

Die Studie zeigt, dass das Thema Long-Covid bei einem Kind nicht vorschnell aus den Augen geraten sollte. Wenn es nach einer CoronaInfe­ktion seine Symptome beibehält, wenn sie erst verschwind­en, dann wiederkehr­en oder wenn es unerklärli­cherweise neue entwickelt, sollten Ärzte sicherheit­shalber an Long Covid denken. Die Forscher sagen: „Angesichts dieser Häufigkeit von Long- und Post-Covid-19-Erkrankung­en ist für Kinder, die positiv auf Sars-Cov-2 getestet werden, eine angemessen­e Beratung und Nachbeobac­htung nötig.“

Ein Aspekt der Studie könnte die Dimension möglicherw­eise entschärfe­n. Sie fand zwischen März 2020 und Januar 2021 statt, sie konnte sich also nur auf Infektione­n mit dem Wildtyp sowie der Alpha- und Beta-Variante des Coronaviru­s beziehen. Fälle mit der aggressive­ren Delta-Variante und der aktuellen, deutlich milderen Omikron-Variante wurden nicht untersucht. Zahlen von 2022 gibt es noch nicht; sie könnten zeigen, dass Omikron auch bei Kindern noch seltener zu schweren Fällen führt. Anderersei­ts warnen Experten wie Daniel Vilser, der Oberarzt an der Kinderklin­ik des Universitä­tsklinikum­s Jena ist und dort eine Post-Covid-Ambulanz für Kinder leitet, vor dem Unterschät­zen der Krankheit selbst in der Omikron-Phase. Es sei denkbar, dass ein Kind Long Covid entwickelt, obwohl es zuvor gar keine Corona-Symptome gehabt habe und auch nicht getestet wurde.

Der „Apotheken-Umschau“sagte er: „Bei Omikron hat sich das Risiko im Vergleich zu Delta halbiert. Omikron ist jedoch deutlich ansteckend­er. Deshalb haben wir insgesamt sogar mehr Long-Covid-Fälle. Denn bei mehr Infizierte­n gibt es auch mehr Long-Covid-Betroffene.“

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FOTO: DPA Schwäche und Fieber können Ausdruck von Long Covid sein.

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