Corona kann auch bei Kindern Long Covid auslösen
Eine Studie zeigt, dass einem Negativ-Test trotzdem noch lange Symptome folgen können. Ein Aspekt lässt aber hoffen.
CALGARY Eine Infektion mit dem Coronavirus birgt mittlerweile in der Regel keine großen gesundheitlichen Gefahren mehr. In der Regel. Ausnahmen treten dann ein, wenn der Impfschutz stark gesunken ist oder jemand deutliche Vorerkrankungen hat. Diese erfreuliche Tendenz hat auch mit der Mutation des Virus hin zu einer Variante zu tun, die sich vornehmlich in den oberen Atemwegen abspielt. Andererseits ist Omikron extrem ansteckend, deshalb kommt es statistisch eben doch zu vielen schwereren Verläufen.
In zweieinhalb Jahren Umgang mit dem Coronavirus haben sich einige Mythen in unserem Erkenntnisstand eingenistet. Eine Legende ist, dass Kinder nie schwer an Corona erkranken, geschweige denn von Long Covid als mittelfristiger Folge einer Infektion heimgesucht werden. Eine kanadische Studie um die Erstautorin Anna Funk von der University of Calgary zeigt jetzt, dass auch die Jüngsten ein schwereres Krankheitsbild entwickeln konnten und im Nachgang noch unerwartet lang an Long-Covid-Symptomen wie Müdigkeit, Schwäche und Fieber leiden können.
1884 Kinder bis zu zehn Jahren mit einem positiven Corona-Test wurden in 36 Notaufnahmen in acht Ländern über einen Zeitraum von 90 Tagen nachuntersucht. Bei 5,8 Prozent von ihnen traten lang anhaltende Probleme auf.
Ein wichtiger Faktor für die Entwicklung der Symptome war die Hospitalisierung: Wenn die Kinder wegen Corona ins Krankenhaus gekommen waren und dort mindestens 48 Stunden gelegen hatten, stieg die Wahrscheinlichkeit eines
Long-Covid- (vier Wochen nach Negativ-Test) oder gar eines Post-Covid-Verlaufs (länger als zwölf Wochen nach Negativ-Test) an.
Die Studie zeigt, dass das Thema Long-Covid bei einem Kind nicht vorschnell aus den Augen geraten sollte. Wenn es nach einer CoronaInfektion seine Symptome beibehält, wenn sie erst verschwinden, dann wiederkehren oder wenn es unerklärlicherweise neue entwickelt, sollten Ärzte sicherheitshalber an Long Covid denken. Die Forscher sagen: „Angesichts dieser Häufigkeit von Long- und Post-Covid-19-Erkrankungen ist für Kinder, die positiv auf Sars-Cov-2 getestet werden, eine angemessene Beratung und Nachbeobachtung nötig.“
Ein Aspekt der Studie könnte die Dimension möglicherweise entschärfen. Sie fand zwischen März 2020 und Januar 2021 statt, sie konnte sich also nur auf Infektionen mit dem Wildtyp sowie der Alpha- und Beta-Variante des Coronavirus beziehen. Fälle mit der aggressiveren Delta-Variante und der aktuellen, deutlich milderen Omikron-Variante wurden nicht untersucht. Zahlen von 2022 gibt es noch nicht; sie könnten zeigen, dass Omikron auch bei Kindern noch seltener zu schweren Fällen führt. Andererseits warnen Experten wie Daniel Vilser, der Oberarzt an der Kinderklinik des Universitätsklinikums Jena ist und dort eine Post-Covid-Ambulanz für Kinder leitet, vor dem Unterschätzen der Krankheit selbst in der Omikron-Phase. Es sei denkbar, dass ein Kind Long Covid entwickelt, obwohl es zuvor gar keine Corona-Symptome gehabt habe und auch nicht getestet wurde.
Der „Apotheken-Umschau“sagte er: „Bei Omikron hat sich das Risiko im Vergleich zu Delta halbiert. Omikron ist jedoch deutlich ansteckender. Deshalb haben wir insgesamt sogar mehr Long-Covid-Fälle. Denn bei mehr Infizierten gibt es auch mehr Long-Covid-Betroffene.“