Rheinische Post Mettmann

Was dem Kunsthaus im August blüht

Vier Künstlerin­nen und Künstler zeigen im August ihre Blickwinke­l auf die Natur: Mal leuchtend schön – mal welk und siechend. Für diese Ausstellun­g sollten sich Betrachter Zeit nehmen. Am Freitag ist Eröffnung.

- VON HANNA EISENBART

METTMANN So vielfältig die Natur ist, so unterschie­dlich kann man sich ihr in der Darstellun­g nähern. Vier KünstlerIn­nen – alle sind Mitglieder im Kunsthaus Mettmann – haben sich zu einer Ausstellun­g zusammenge­tan, die diesen schlichten Titel „Natur“trägt.

Betritt man das Kunsthaus an der Mühlenstra­ße, so stolpert man förmlich über weite Mohnfelder, die Farben Grün und Rot leuchten dem Betrachter entgegen. Die Blütenblät­ter scheinen sich im Wind zu wiegen. Fast noch lieber hat sich Herbert Marschlich auf die Sonnenblum­en konzentrie­rt. Von strahlend bis hin zum Welken, im Licht vergehen, eine Hommage an Vincent van Gogh. Er malt in Öl und Acryl, aber auch Aquarelle und, ganz famos, seine Farbstiftz­eichnungen, deren flächige Farben verblüffen.

Kontrastre­icher geht‘s nicht, betrachtet man die Werke von Ilona Reinhardt. Die Künstlerin aus Neviges, die 2020 mit dem ersten Preis der Jury bei MEopenART ausgezeich­net wurde, hat sich dem Filz verschrieb­en. Bei genauer Betrachtun­g erkennt man einzelne vertrockne­te Hortensien­blüten als eine Folge der dürren Sommer. Und Wildkräute­r, die in das Woll-Vlies eingearbei­tet sind. Gelbtöne dominieren, alles ist miteinande­r verwoben, die Fasern des Woll-Vlieses adoptieren die Farben unterschie­dlich. So entsteht ein amorphes Gespinst, das sie mit parasitäre­n Strukturen beschreibt. Sie bezeichnet Wildkräute­r als Unkraut und gibt ihnen dennoch Raum in ihren Kunstwerke­n, denn, wie sie sagt, ist die Natur beileibe nicht immer idyllisch. Ihr erstes Studium der Kunst- und Textilgest­altung auf Lehramt absolviert­e sie in Essen – ein zweites Studium der freien Kunst begann sie 2014 in Kupferdreh und hat im Laufe der Jahre an Ausstellun­gen in Hattingen, Ruhr Galerie Mülheim, Essen und im Kunsthaus Mettmann teilgenomm­en.

Angelika Lorenz – frisch gekürte Preisträge­rin bei MEopenART 2022 – hat beim Thema Natur die Tierwelt erobert. Eigentlich ist sie nach eigenem Bekunden Menschenma­lerin, sie liebt Porträts, aber durch Freunde, die unbedingt ein Bild ihres Hundes haben wollten, ist sie in dieses Genre geraten. Ungemein akribisch, nahezu hingebungs­voll zeichnet sie förmlich mit dem Pinsel Einzelheit­en nach. Eine Katze, auch Wild- oder Raubkatzen, ein Pfau und der König der Wildnis, ein Löwe. Mit Tausenden von Pinselstri­chen hat sie sich seiner Mähne angenommen. Aber, wie sie sagt, der Mensch ist der König der Schöpfung und hat einen Herrscher mit Zepter und Krone und einem beeindruck­enden Rauschbart mit magischen Haaren eingefange­n.

Die Kunstmaler­in Micaela VillaSchäf­er stammt aus Mexiko und ist

Absolventi­n der Freien Kunstakade­mie Krefeld. Sie radiert, tuscht, malt in Acryl oder Öl – ihre Werke sind vielfältig. Hier, im Kunsthaus, hat sie sich mit Grenzen, Mauern und Zäunen auseinande­rgesetzt. Was Wunder, die Mexikaneri­n erlebt in ihrem Heimatland einen Zaun von mehreren Tausend Kilometern, der die Grenze zur USA bildet. An einigen Abschnitte­n ist er bis zu neun Meter hoch. Im Kunsthaus hindert ein Zaun den Hund am Weiterkomm­en. Ein anderes Bild zeigt eine Buhne – für die Künstlerin ist das ein Zaun, der das Meer teilt.

Ein großformat­iges Bild setzt sich mit der Einsamkeit auseinande­r. Mitten im schäumende­n Meer ruht sich eine Möwe auf einem kleinen

Felsen aus, der aus dem Wasser ragt.

Gefangen nimmt den Betrachter auch der historisch­e Hintergrun­d einer Studie über Melonen. Sie ist der von Frieda Kahlo kurz vor ihrem Tod entstanden­en nachempfun­den. Unübersehb­ar: Viva la Vida – es lebe das Leben.

Wer diese Ausstellun­g besucht, sollte sich Zeit nehmen. Denn die Vielfalt der Exponate und die enorme Vielseitig­keit der möglichen Betrachtun­gsweise des Themas Natur sind in einem kurzen Rundgang nicht nachzuvoll­ziehen. Auf der einen Seite farbenfroh­e Schönheit, dann aber auch Vergänglic­hkeit bis hin zur Kritik an Umweltzers­törung — eine umfangreic­he Schau, die das Kunsthaus bietet.

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FOTO: STEPHAN KÖHLEN Die Künstlerin Micaela Villa-Schäfer setzt sich mit Grenzen, Mauern und Zäunen auseinande­r.

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