Wenn Weltpolitik auf dem Hof ankommt
Bundestagsabgeordnete Kerstin Griese machte bei ihrer Sommertour Station bei Bauernfamilie Kneer. Die Landwirte zeigten ihr nicht nur den Hof, sondern sprachen auch die aktuelle Situation der Bauern an, die mit enormen Preisschwankungen zu kämpfen haben.
WÜLFRATH Es ist ein heißer Augusttag, an dem die Familie Kneer Besuch aus der Politik bekommt. Die Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Arbeit und Soziales, Kerstin Griese, machte während ihrer Sommertour Dienstagnachmittag Station auf dem Wülfrather Bauernhof, der von der Kneer und Kuhles Landwirtschafts GbR betrieben wird.
„Ich besuche jedes Jahr einen Bauernhof“, verrät Griese. Im vergangenen Jahr schaute sie sich einen Viehwirtschaftsbetrieb an, dieses Mal ist sie bei einem Ackerbaubetrieb zu Gast, um sich zu informieren. „Es ist etwas anderes, einen Hof zu besuchen, als die Infos in der Akte zu lesen“, weiß die Politikerin. Außerdem nutzt sie ihre Sommertour, um ihren Wahlkreis besser kennen zu lernen.
Beim Kreislandwirt Bernd Kneer, der mit seiner Frau Beate – „sie kümmert sich ums Büro und ums leibliche Wohl“– und seinen Zwillingssöhnen Sebastian und Benedikt den Hof am Zwingenberger Weg bewirtschaftet, freut man sich über das Interesse der SPD-Politikerin. Überwiegend Getreide, also Weizen, Gerste sowie eine Kreuzung aus Weizen und Roggen, wird auf den Äckern angebaut. Außerdem Ackerbohnen, Raps für die Ölproduktion und Zuckerrüben „für heimischen Zuckerrübenzucker“, erzählt Bernd Kneer. Das Getreide findet überwiegend als Futtermittel Verwendung.
„Dieses Jahr sind wir schon fast mit der Ernte fertig“, erläutert der Landwirt. Nur die Zuckerrübenernte steht noch an. Alles andere lagert bereits in den gewaltigen Silos, die Bernd Kneer im Jahr 2013 auf dem Hof hat aufstellen lassen. „Wir haben hier insgesamt etwa 1000 Tonnen Getreide“, verrät er der beeindruckten Kerstin Griese, die auch sofort nachfragt, wieso das Getreide in Silos gelagert wird. „Weil der Getreidepreis meistens während der Erntezeit niedrig ist“, antwortet Bernd Kneer.
So kann der Landwirt warten, bis er mehr für sein Getreide bekommt. Dabei sind zurzeit die Getreidepreise insgesamt stark gestiegen, eine Folge des Ukraine-Krieges. „Allerdings hat sich auch der Dieselpreis verdoppelt und die Düngerkosten sind teilweise dreimal so hoch wie vorher“, erklärt Sebastian Kneer. Dennoch ist die Familie Kneer durchweg zufrieden mit der Ernte. „Bei uns in der Region hat es mit den Niederschlägen noch ganz gut gepasst“, sagt Bernd Kneer.
Es sind vielmehr die enormen Preisschwankungen, die es den Kneers und allen anderen Getreidebauern
nicht gerade einfach machen. „Früher haben wir um jeden Euro pro Tonne gefeilscht“, erzählt Bernd Kneer. „Heute haben wir teilweise Schwankungen von 30 bis 40 Euro pro Tonne am Tag.“
Besonders eindrucksvoll sind die riesigen Mähdrescher, die die Kneers der Bundestagsabgeordneten zeigen. Allein ein Reifen ist 1,75 Meter hoch. „Wir haben vor zwei Jahren einen Drescher neu gekauft“, erzählt Sebastian Kneer. Kostenpunkt: eine Viertelmillion Euro. „Das ist unser zweites Standbein“, verrät Bernd Kneer. Als Dienstleister drescht die Bauernfamilie für andere Landwirte Getreide. Und noch ein weiteres Standbein haben sie sich aufgebaut. „Wir handeln mit Stroh und Heu“, erklärt Bernd Kneer, als er das Tor zur großen Lagerhalle öffnet, in der knapp 1000 Rundballen Stroh gelagert sind. „Wir beliefern die Reitbetriebe in der Umgebung. Das ist unser Wintergeschäft“, ergänzt er.
Natürlich haben die Kneers Anliegen, die sie Kerstin Griese bei Kaffee und Kuchen unterbreiten. Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen kommen auf den Tisch. „Das sind Photovoltaik-Anlagen auf Ackerflächen“, stellt Bernd Kneer richtig. Diese Anlagen belegen nicht nur wertvolle Ackerflächen, sie treiben auch die Pachtpreise in die Höhe. Aber vor allem die Planungssicherheit ist ein wichtiger Punkt, den Kneer der Bundestagsabgeordneten ans Herz legt.
Der Besuch auf dem Hof der Familie Kneer hat Kerstin Griese vor allem eins gezeigt: „Wie sehr die Weltpolitik hier in Wülfrath auf dem Bauernhof ankommt.“Und welche Auswirkungen die Entscheidungen in Berlin auch in der Kalkstadt haben. In jedem Fall wird sie sicher einige wichtige Anregungen vom Bauernhof der Kneers mit nach Berlin nehmen.