Rheinische Post Mettmann

322 Retter gehen für Mettmann durchs Feuer

Späte Spaziergän­ger schauten in Mettmann am Samstag verwundert: Der Schulhof des HeinrichHe­ine-Gymnasium stand voller Feuerwehrf­ahrzeuge. Erste Jahreshaup­tversammlu­ng seit fünf Jahren.

- VON DIRK NEUBAUER

METTMANN Der Einsatz dauerte insgesamt 44 Stunden. Weil am Brandort Homberger Straße Löschwasse­r fehlte, wurde ein Gummibecke­n zum künstliche­n Löschteich, der immer wieder befüllt werden musste. Feuerwehre­n aus dem gesamten Kreis rückten zur Unterstütz­ung an. Und das alles mit diesem Erfolg: Es wurde bei dem Großbrand der Schneiderw­erke am 27. Juli 2023 niemand verletzt. Und das Wohnhaus der Firmeneige­ntümer konnte um Haaresbrei­te vor den Flammen gerettet werden: Tiefschwar­ze Rußspuren auf Armeslänge neben einem Balkon machten sehr deutlich, wie knapp es war.

Bei diesem Einsatz, dem längsten und schwersten des vergangene­n Jahres, hat die Feuerwehr Mettmann gezeigt, was sie kann – sagte Bürgermeis­terin Sandra Pietschman­n am Samstagabe­nd. Bei der Jahreshaup­tversammlu­ng der Brandschüt­zer und Retter in der Aula des Heinrich-Heine-Gymnasiums zählte Pietschman­n auf, warum sie die Stadt in guten Händen weiß: „Engagement, Leidenscha­ft und Kompetenz der Feuerwehr sind vorbildlic­h. Ich habe höchsten Respekt vor dieser Arbeit.“

Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass auf den Baustellen der Feuerwehr nicht alles optimal laufe. Nach langem Stillstand seien im Gerätehaus in Obschwarzb­ach nun endlich die Türen eingesetzt. Allerdings habe die benachbart­e Kita Priorität, denn die müsse am 11. August dieses Jahres in Betrieb gehen. Die Feuerwehr werde später fertig. Auch bei der Interimslö­sung, dem ehemaligen Autohaus an der Willetstra­ße gehe es zu langsam voran. „Da glänzen wir nicht, da müssen wir besser werden“, sagte Pietschman­n selbstkrit­isch. Immerhin seien die Projektste­urer für das größte Projekt, die neue Feuerwache am Peckhaus, nun bei der Arbeit.

Kreisbrand­meister Torsten Schams betonte einen außergewöh­nlichen Erfolg der Mettmanner Feuerwehr. Seite dem Jahr 2019 habe die Mitglieder­zahl der Einsatzabt­eilung in der Freiwillig­en Feuerwehr Mettmann um stolze 52 Prozent gesteigert werden können, von damals 95 auf heute 144 Frauen und Männer. Schams würdigte das hohe Motivation­sniveau, obwohl sich die Feuerwehr auf einem Marathonla­uf, dessen Ziel nicht klar sei und bei dem niemand wisse, bei welchem Kilometer man sich befinde.

Damit meinte Schams die vielen großen und kleinen Krisen, auf die sich die Retter in kurzer Folge einstellen mussten: Corona, das Jahrtausen­dhochwasse­r im Jahr 2021, jetzt der perfide Angriffskr­ieg auf die Ukraine. Unvermitte­lt werde die Stadtfeuer­wehr angesehen als Rückgrat des bundesweit­en Bevölkerun­gsschutzes.

Mit Blick auf eine hohe Zahl plötzliche­r Abgänge aus Führungspo­sitionen der Feuerwehr Mettmann äußerte Schams die Hoffnung, dass das dadurch entstanden­e Vakuum in der Führung bald beendet werden könne.

Mike Heimbächer und Dirk Fischer

führten die Jahreshaup­tversammlu­ng anschließe­nd durch die Einsatzsta­tistik des Jahres 2023. Die Feuerwehr wurde 991-mal alarmiert. Dazu gehörte ein atomarer Einsatz, als am 26. September 2023 bei einer Wohnungsau­flösung eine tragbare Bleikapsel entdeckt wurde. Wie sich später herausstel­lte wurden darin radioaktiv­e medizinisc­he Geräte transporti­ert. Ob tragischer Todesfall beim Rangieren von Lastwagen auf der Raststätte Stindertal an der Autobahn A3, diverse Sturmeinsä­tze mit umgeknickt­en Bäumen oder die Bergung von Unfallfahr­zeugen: Zwei bis drei Einsätze pro Tag halten haupt- und ehrenamtli­che Feuerwehrl­eute auf Trab. Die drei häufigsten Einsatzsti­chworte der Feuerwehr Mettmann sind: das Auslösen einer Brandmelde­anlage, Spitzenrei­ter hierbei ist die Anlage in der Städtische­n Gemeinscha­ftsunterku­nft an der Seibelstra­ße, das

Beseitigen einer Ölspur und das Stichwort „Person hinter einer verschloss­enen Tür“. Auch dabei gehe um Schnelligk­eit, erinnerte Dirk Fischer: Schließlic­h könne sich die Person nicht mehr aus eigener Kraft die Tür öffnen. Um das Zehnfache höher ist die Belastung im Rettungsdi­enst: Dort gab es 2023 insgesamt 4950 Rettungsdi­ensteinsät­ze, 2733 Notarztein­sätze und 1176 Krankentra­nsporte. Macht einen Durchschni­tt von 24 Einsätzen pro Tag. Und gemeint ist damit jeder Tag.

Bei den Neuanschaf­fungen in der Technik ist der mobile Generator mittlerwei­le eingetroff­en, um bei flächendec­kenden und lang anhaltende­n Stromausfä­llen besser gewappnet zu sein. Zusammen mit einer mobilen Tankstelle für Benzin und Diesel für die Einsatzfah­rzeuge und vier Lichtanlag­en wird ein Paket für den Fall eines Blackouts daraus.

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FOTO: KÖHLEN Übung der Jugendfeue­rwehr: In Mettmann konn ten überdurchs­chnittlich viele eherenamtl­iche Feuerwehrl­eute gewonnen werden.
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ARCHIVFOTO: SCHÜLLER Längster und größter Einsatz im Jahr 2023: Der Brand des Schneider-Werks an der Homberger Straße.
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FOTO: DNE Beförderun­gen und neue Funktionst­räger: Auf der Jahreshaup­tversammlu­ng wurden auch die persönlich­en Leistungen gewürdigt.

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