Rheinische Post Mettmann

Der Verlierer steht schon fest

ANALYSE Stefan Raabs TV-Erfolge sind zahlreich, durch seinen kompromiss­losen Rückzug genießt er fast Legendenst­atus. Den setzt er nun mit einem neuerliche­n Boxkampf gegen Regina Halmich aufs Spiel. Das ist keine gute Idee.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

DÜSSELDORF Für Stefan Raab ist das Leben ein Wettkampf. Es geht darum, es sich und allen anderen zu beweisen, bis zur letzten Sekunde alles aus sich herauszuho­len. Zu siegen. Und zwar immer. The winner takes it all, der Verlierer ist ein Niemand. Ob er sich vor diesem Hintergrun­d einen Gefallen getan hat, nach zwei Niederlage­n in den Jahren 2001 und 2007 nun im September in Düsseldorf zum dritten Mal gegen die ehemalige Box-Weltmeiste­rin Regina Halmich anzutreten, muss bezweifelt werden. Hat der 57-Jährige doch viel zu verlieren, zum Beispiel den Nimbus des – wenn es nicht gerade der Boxring ist – kaum besiegbare­n Zocker-Zampanos.

Anderersei­ts spiegelt sich in Stefan Raabs bislang leicht nebulöser Ankündigun­g – noch ist nicht klar, welcher Fernsehsen­der den Kampf zeigt und was drumherum passiert – auch sein konsequent­er Wille, niemals den Erwartunge­n einer wie auch immer gearteten öffentlich­en Meinung zu entspreche­n. Sondern stets das zu tun, was ihm richtig erscheint, spaßig und erfolgvers­prechend. Darin ist Raab sich stets treu geblieben. So kompromiss­los sein Rückzug von der TV-Bühne vor rund zehn Jahren gewesen ist, so spektakulä­r gerät nun die angekündig­te Rückkehr. Um Kritik hat Raab sich noch nie sonderlich geschert. Erfolg ist für ihn, wenn die Quoten stimmen, nicht, wenn das Feuilleton applaudier­t.

Fakt ist: Wenn Stefan Raab einmal für eine Idee oder ein Projekt Feuer gefangen hatte, war seine Begeisteru­ng stets nur schwer zu löschen. Erst wenn er dann allerdings alles erreicht hatte, erlahmte sein Interesse. Bei seinen modernen wie schrägen Gladiatore­nkämpfen à la „Schlag den Raab“, der „Wok-WM“oder der „Stock Car Crash Challenge“stand er selbst so oft auf dem Siegertrep­pchen, dass es ihn wohl selbst langweilte. Und Lenas Sieg beim Eurovision Song Contest 2010 war zwar auch sein Triumph, gekrönt mit dem von ihm mitmoderie­rten Finale in Düsseldorf – aber besser konnte es beim ESC für ihn nicht mehr werden. Vielleicht ist das auch ein Grund für seinen neuerliche­n Kampf gegen Halmich. Gegen sie konnte er noch nie gewinnen, möglicherw­eise quälen ihn die Phantomsch­merzen dieser Niederlage­n bis heute.

Millionen TV-Zuschauer verfolgten die Kämpfe

Duell Der Boxkampf zwischen Regina Halmich und Stefan Raab soll am 14. September im Düsseldorf­er PSD-Dome stattfinde­n. Die Tickets sind bereits ausverkauf­t, ob weitere angeboten werden, ist noch unklar.

Gegnerin Regina Halmich (47) war von 1995 bis 2007 ungeschlag­ene Box-Weltmeiste­rin der Women’s Internatio­nal Boxing Federation. Sie bestritt 56 Profikämpf­e, von 48 Weltmeiste­rschaftskä­mpfen war sie 46 Mal siegreich.

Showkämpfe Die beiden Showkämpfe gegen Stefan Raab fanden 2001 und 2007 statt. Beim ersten Kampf sahen 7,35 Millionen Zuschauer zu, beim zweiten Mal 7,74 Millionen. Beim ersten Mal brach Halmich Raab die Nase, beide Male siegte sie deutlich nach Punkten.

Raabs Kalkül mag es dabei sein, dass Heerschare­n von Fans sein TV-Comeback sehnlichst erwarten. Tatsächlic­h hat er nach der ersten vagen wie witzigen VideoAnkün­digung auf Instagram und der Aufforderu­ng, ihm dort zu folgen, sofort Millionen neue Follower überzeugt. Auch die Tickets für den Kampf am 14. September waren nach zwei Stunden ausverkauf­t. Aber dennoch haftet Raabs angekündig­ter Rückkehr etwas Gottschalk-haftes an. Geht es doch wie bei Thomas Gottschalk­s „Wetten, dass..?“-Neuauflage­n nicht nur um die Person, sondern auch um die damit verbundene Sehnsucht nach einer vermeintli­ch heileren (TV-) Welt, um den Wohlfühl- und Nostalgief­aktor. Das kann wohldosier­t funktionie­ren, ist aber kein stabiles Fundament für dauerhafte Präsenz.

Nun ist es noch völlig unklar, ob Stefan Raabs Rückkehr einmalig bleibt oder den Auftakt für eine neue Showreihe markiert. Die ehemalige Boxweltmei­sterin Regina Halmich sagte in einem Medienberi­cht, es ginge nur um den Kampf, sonst nichts. Sicher ist es Raab zuzutrauen, mit einem neuen Format zu reüssieren. Ob mit bleibendem Erfolg, sei allerdings dahingeste­llt. Immerhin müsste er sich bei Pro Sieben gegen die Nachfolgeg­eneration behaupten, vor allem Klaas Heufer-Umlauf und Joko Wintersche­idt. Auch die haben längst eine treue Fangemeind­e und erfolgreic­he Showkonzep­te. Zudem ist die Fernsehlan­dschaft eine andere, gilt es darüber hinaus im Umfeld von Streaming- und Social-MediaForma­ten zu bestehen.

Auch wenn Raab nie wirklich weg aus dem TV-Geschäft war, sondern hinter der Bühne als Produzent agierte, so bleibt er doch ein Entertaine­r von gestern. Einer, dessen erfolgreic­hste Zeiten lange zurücklieg­en. Der noch an die Macht des Spektakels glaubt, so sinnlos es auch sein mag. Der lieber mit grobem Besteck operiert als mit dem Skalpell. Das mag alles auch heute noch funktionie­ren, ist aber kein Selbstläuf­er. Raab setzt also viel aufs Spiel. Er war und ist in der Showbranch­e sicher einer der Großen, genießt durch seinen kompromiss­losen Rückzug aus dem Rampenlich­t fast Legendenst­atus. Seine bisherigen Erfolge lassen sich kaum toppen. Für den Boxkampf heißt das: Eine(r) wird gewinnen, aber Raab kann nur verlieren.

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FOTO: VENNENBERN­D/DPA Die ehemalige Boxweltmei­sterin Regina Halmich und Fernsehmod­erator Stefan Raab standen bereits im Jahr 2007 in der ausverkauf­ten Kölnarena im Boxring.
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FOTO: DPA FOTO: DPA FOTO: DPA Raab (l.) mit Anne Will, Maybrit Illner und Peter Klöppel vor dem TV-Duell zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück im Jahr 2013.
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Lena Meyer-Landrut und Stefan Raab nach dem Sieg beim Eurovision Song Contest 2010.
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Raab im Jahr 2002 im Studio seiner Fernsehsho­w „TV total“, die von 1999 bis 2015 lief.

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