Verbotene NS-Parolen
ANALYSE Björn Höcke steht vor Gericht, weil er eine SA-Devise verwendet hat. Der Fall wirft Fragen auf, was gesagt und geschrieben werden darf. Dabei stehen Nazi-Losungen eindeutig unter Strafe. Einige Kuriositäten gibt es dennoch.
Er ist klein, golden und reckt den rechten Arm zum Hitlergruß in die Höhe: Ein Gartenzwerg beschäftigte im Sommer 2009 die Nürnberger Justiz, nachdem ein anonymer Briefschreiber ihn in einem Galerieschaufenster entdeckt hatte und befand: „Manche dürfen hier ungebremst aber auch jeden Dreck vermarkten.“Unberührt von der Tatsache, dass Gartenzwerge Geschmackssache sind, stimmte die Staatsanwaltschaft zu, dass Handlungsbedarf besteht: Der Hitlergruß dürfe nicht verbreitet werden, der Zwerg verstoße gegen Paragraf 86a im Strafgesetzbuch, so der Verdacht.
Auch vor dem Landgericht in Halle an der Saale muss sich die Justiz gerade diesem Paragrafen widmen, der das „Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen“in Deutschland unter Strafe stellt. Angeklagt ist AfD-Politiker Björn Höcke, der mit Geschichtsbuch unterm Arm zum ersten Verhandlungstag erschien und sich keiner Schuld bewusst zeigte. Dass die Parole „Alles für Deutschland“, die er in einer Wahlkampfrede 2021 benutzte, eine Losung der Sturmabteilung (SA) war, der paramilitärischen Kampforganisation der NSDAP, will Höcke nicht gewusst haben.
Der Fall hat teils absurde Diskussionen darüber ausgelöst, was man angeblich noch sagen darf, wissen kann, voraussetzen muss. Bei einem Geschichtslehrer und Politikprofi, dessen Partei schon einmal Ärger wegen eben dieser Wahlkampfparole hatte, dürften die Richter strenge Maßstäbe anlegen. Der Thüringer Spitzenkandidat Höcke könnte im Falle einer Verurteilung sogar sein aktives und passives Wahlrecht verlieren. Worin genau besteht sein Vergehen? Wie ist es juristisch begründet? Welche vergleichbaren Fälle gibt es?
„Alles für Deutschland“
Schon das Oberlandesgericht Hamm beschäftigte sich 2006 mit dieser SA-Losung,
die ein zum Tatzeitpunkt 16-Jähriger auf einer Neonazi-Veranstaltung gebraucht hatte. Unter anderem wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verurteilte das Jugendgericht ihn und verwies in der Begründung darauf, dass es sich bei dem Satz „Alles für Deutschland“um die Losung der SA handele, „wie allgemein bekannt ist“. Auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages sieht daher das „Verwenden der Sentenz ‚Alles für Deutschland’ im Rahmen einer Rede auf einer Versammlung“als „strafbaren Ausspruch“an, „da es sich hierbei um die Losung der SA handelte“.
„Meine Ehre heißt Treue“
Wohl bekannter und ebenso verboten ist der Wahlspruch der SS „Meine Ehre heißt Treue“, der auf ein Zitat Adolf Hitlers zurückgeht: „SS-Mann, deine Ehre heißt Treue!“Der Satz kursiert in Neonazikreisen. Im Jahr 2002 verurteilte das OLG Hamm einen Mann, der eine Bomberjacke mit einer aufgedruckten schwarz-weiß-roten Reichsflagge trug, auf der die SS-Losung stand. Der Angeklagte wollte mithilfe eines Sachverständigen beweisen, dass es keine typische Losung des Nationalsozialismus ist. Das Gericht lehnte den Antrag ab: „Es ist gerichtsbekannt, daß die Aufschrift auf dem Koppelschloss der SS lautete: ‚Meine Ehre heißt Treue’“, hieß es in der Urteilsbegründung.
Auch in abgewandelter Form wie etwa „Unsere Ehre heißt Treue“ist die Parole inzwischen strafbar. So legt es Absatz 2 des Paragrafen 86a fest: Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen können nicht nur entsprechende Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen sein, sondern auch solche, „die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind“.
„Arbeit macht frei“
Der berüchtigte zynische Satz über den Eingängen der Konzentrationslager Auschwitz, Dachau und Theresienstadt ist nicht per se verboten. Auch wenn er