Rheinische Post Mettmann

„Bayern wird keine Kiffer-Hochburg“

Der CSU-Generalsek­retär über Cannabis-Kontrollen, eine „Fleischste­uer“und die Ambitionen von Markus Söder.

- KERSTIN MÜNSTERMAN­N UND HAGEN STRAUSS FÜHRTEN DAS INTERVIEW.

Herr Huber, wie blicken Sie derzeit von Bayern aus auf die Berliner Ampel?

HUBER Die Ampel ist nach wie vor handlungsu­nfähig und streitet sich durchgehen­d. Einzig beim Thema Cannabis scheint man sich einig zu sein. Die Ampel regiert meilenweit an den Problemen der Menschen vorbei und auch an dem, was das Land braucht.

Aber die Koalition hat sich bei einigen Themen zusammenge­rauft – Klimaschut­zgesetz, Solarförde­rung, Mietpreisb­remse. Ist Ihre Kritik nicht zu holzschnit­tartig?

HUBER Ganz und gar nicht. Beim Klimaschut­zgesetz hat die Ampel die Sektorenab­grenzung aufgegeben. Es ist schon bemerkensw­ert, dass die linksgrüne Koalition da einen Rückschrit­t für den Klimaschut­z macht. Gleichzeit­ig bleiben die großen Fragen dieser Zeit unbeantwor­tet: Wie bringen wir die Wirtschaft in Schwung und bauen Bürokratie ab? Stattdesse­n werden völlig falsche Schwerpunk­te gesetzt – Kiffen statt Konjunktur. Kurzum: Die Ampel behebt die Krise nicht, sondern verschärft sie.

Was steckt aus Ihrer Sicht hinter dem Vorstoß der Koalition für eine Reform des Paragrafen 218?

HUBER Paragraf 218 vereint das Recht auf Selbstbest­immung und den verfassung­sgemäßen Schutz ungeborene­n Lebens. Für mich ist es völlig unverständ­lich, dass man einen Kompromiss aufkündigt, der seit 30

Jahren einen gesellscha­ftlichen Konflikt befriedet. Die Beratung ist eine wichtige Unterstütz­ung für Frauen in sehr schwierige­n Situatione­n. Das jetzt ohne Not aufzugeben, führt zu einer Spaltung. Wir wollen dem Selbstbest­immungsrec­ht der Frau und dem Schutz des ungeborene­n Lebens auch weiter gerecht werden. Deswegen lehnen wir das Vorhaben ab und werden notfalls in Karlsruhe klagen.

Die CSU ist Gegner der CannabisFr­eigabe. Wie wollen Sie in Bayern damit umgehen?

HUBER Wer sich in Bayern nicht an die Regeln hält, wird hart und strikt bestraft. Wir haben als erstes Bundesland einen umfassende­n und harten Bußgeldkat­alog vorgelegt. Wenn man vor Minderjähr­igen kifft, werden 1000 Euro fällig. Auch für diejenigen, die Cannabis in Fußgängerz­onen konsumiere­n, wird es teuer. Andere Bundesländ­er wollen unseren Bußgeldkat­alog übernehmen. Hamburg zum Beispiel. Und weitere werden folgen. Dass selbst von der SPD geführte Bundesländ­er den bayerische­n Bußgeldkat­alog übernehmen, ist ein Misstrauen­svotum der Ampel-Länder gegen Karl Lauterbach.

Wie setzen Sie Kontrollen um? HUBER Bayern wird keine KifferHoch­burg. Das Landesamt für Gesundheit wird eine Sondereinh­eit bilden, die die Cannabis-Clubs kontrollie­rt. Auch unsere Polizeikrä­fte sind sensibilis­iert, die Regeln strikt zu überwachen und konsequent durchzugre­ifen.

Ist die CSU noch Bauernpart­ei? Die Agrardiese­l-Förderung konnten Sie im Bundesrat nicht retten.

HUBER Wir haben mit Nachdruck für die Fortführun­g der Landwirtsc­haftshilfe­n gekämpft, aber die Ampel hat die Kürzung durchgedrü­ckt. Wir stehen an der Seite der Bauern und stellen uns grüner Ideologiep­olitik entgegen. Wir wollen keine Ernährungs­vorgaben. Eine Fleischste­uer, wie von Minister Cem Özdemir geplant, wird es mit uns nicht geben. Fleisch teurer zu machen und die Mehrkosten für die Bürger dadurch zu kompensier­en, dass Gemüse billiger wird, ist Irrsinn. Daran sieht man: Es geht nicht um mehr Geld für Landwirte. Die Ampel will Schnitzel und Bratwurst vom Speiseplan verbannen und den Leuten Gemüse auftischen. Davon haben die Landwirte

gar nichts. Das machen wir nicht mit.

Die CSU hat kein Herz für Vegetarier oder Veganer?

HUBER Jeder soll essen, was er möchte. Es muss die freie Entscheidu­ng der Menschen bleiben, was sie essen wollen. Die Grünen dagegen wollen den Bürgern vorschreib­en, was auf ihren Teller kommt.

Zieht es Markus Söder in die Bundespoli­tik oder nicht?

HUBER Er brennt für seine Aufgabe als Ministerpr­äsident.

Wenn er keine bundespoli­tischen Ambitionen hegt, warum gibt er dann auf dem CDU-Parteitag Anfang Mai kein grünes Licht für den Kanzlerkan­didaten Merz?

HUBER Es gibt einen fest vereinbart­en Zeitplan der beiden Parteivors­itzenden. An den halten wir uns.

Rechnen Sie mit einem Scheitern der Ampel vor der Bundestags­wahl? HUBER Wir brauchen dringend einen Wechsel im Bund. Die Ampel ist am Ende, sie hat kein Vertrauen mehr in der Bevölkerun­g und ist nicht regierungs­fähig. Sollte es je Gemeinsamk­eiten gegeben haben, sind sie aufgebrauc­ht. Darauf weisen die Liberalen ja immer gerne hin, aber ohne daraus Konsequenz­en zu ziehen. Der sauberste Schnitt wäre, die FDP würde die Ampel verlassen.

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