Rheinische Post Mettmann

Nagelsmann sagt Ja

Der Bundestrai­ner trifft nach eigenem Bekunden eine Herzensent­scheidung und verlängert seinen Vertrag bis 2026. EUROPA LEAGUE

- VON KLAUS BERGMANN, ARNE RICHTER UND CHRISTIAN KUNZ

FRANKFURT (dpa) Exakt acht Wochen vor dem EM-Eröffnungs­spiel hat Julian Nagelsmann mit einer „Entscheidu­ng des Herzens“ein starkes Signal für das Heimturnie­r gesetzt. Um 10.50 Uhr ploppte am Freitag die DFB-Meldung von der Vertragsve­rlängerung mit dem Bundestrai­ner bis 2026 auf, die auch in München mächtig einschlug. Denn klar ist nun: Eine spektakulä­re Nagelsmann-Rückkehr zum FC Bayern gibt es im Sommer nicht.

Nagelsmann­s klares Bekenntnis zum Verband und gegen eine zeitnahe Rückkehr in den Vereinstra­iner-Job verstärkt den Rückenwind, den der 36-Jährige nach einem radikalen Kaderumbau mit den Testspiele­rfolgen gegen die FußballSch­wergewicht­e Frankreich und Holland erzeugen konnte. Erst das emotionale Heim-Turnier, dann die WM 2026 in den USA, Mexiko und Kanada: Nagelsmann hat seine Zukunft rasch und konsequent geklärt.

Seine im März deutlich kommunizie­rte Strategie, die persönlich­e Zukunft noch vor dem EM-Start am 14. Juni in München gegen Schottland regeln zu wollen, ist aufgegange­n. Sie zwang alle möglichen Verhandlun­gspartner letztendli­ch, um seine Dienste und Gunst zu werben.

Der erfolgreic­he Start ins EM-Jahr mit dem von ihm neu ausgericht­eten DFB-Team sowie das einmütige Werben der DFB-Bosse – allen voran Sportdirek­tor Rudi Völler – haben bei Nagelsmann anscheinen­d viel ausgelöst. Der Bundestrai­ner-Job ist für ihn von einem befristete­n EM-Projekt zu einer Aufgabe mit tollen Perspektiv­en geworden. Seine Herzensent­scheidung erklärte Nagelsmann in der DFB-Mitteilung so: „Es ist eine große Ehre, die Nationalma­nnschaft trainieren und mit den besten Spielern des Landes arbeiten zu dürfen. Mit erfolgreic­hen, leidenscha­ftlichen Auftritten haben wir dabei die Chance, ein ganzes Land mitzureiße­n. Einen Vorgeschma­ck darauf haben die beiden Siege gegen Frankreich und die Niederland­e im März gegeben.“Nagelsmann genießt die große Bühne, das Rampenlich­t, das die Nationalma­nnschaft vor allem bei Turnieren bietet – und erst recht bei einer Heim-EM. „Die Begeisteru­ng der Fans hat mich sehr berührt“, sagte Nagelsmann, der ein sehr emotionale­r Coach ist.

Den vollen Fokus richtet er jetzt auf die EM-Vorbereitu­ng und ein neues Sommermärc­hen. „Gemeinsam wollen wir jetzt eine erfolgreic­he Heim-EM spielen, dafür brennen wir alle“, verkündete Nagelsmann.

Genau dieses uneingesch­ränkte Brennen wäre ihm selbst bei einer Unterschri­ft beim FC Bayern oder irgendeine­m anderen Verein noch vor der EM abgesproch­en worden. Es wäre auch ein falsches Signal an die Nationalsp­ieler gewesen.

Nach der EM freue er sich mit seinem Trainertea­m „sehr auf die Herausford­erung einer WM“, fügte Nagelsmann hinzu. Mit Jungstars wie Leverkusen­s Florian Wirtz oder Bayerns Jamal Musiala könnte er derjenige sein, der die Nationalma­nnschaft nach tristen Jahren mit drei vermurkste­n Turnieren wieder in die Weltspitze zurückführ­t. Diese Perspektiv­e ist reizvoll. Stolz präsentier­te sich der Verband, der positive Nachrichte­n braucht. Präsident Bernd Neuendorf sprach von einem „starken Signal für den DFB und die Nationalma­nnschaft“, Nagelsmann über den Sommer hinaus für sich gewonnen zu haben. „Denn er steht bei vielen großen Klubs in ganz Europa auf dem Wunschzett­el.“

Geschäftsf­ührer Andreas Rettig betonte, dass es wichtig gewesen sei, vor der EM Klarheit zu schaffen: „Die haben wir jetzt sogar im positiven Sinne, da hatte ja vor Wochen keiner mehr mit gerechnet.“Über mögliche (Erfolgs-)Klauseln in Nagelsmann neuen Vertrag machte der Verband keine Angaben.

Rudi Völler lotste Nagelsmann im vergangene­n September als Nachfolger von Hansi Flick zum DFB und ist dort schnell zu einer Vertrauens­person von Nagelsmann geworden. „Ich freue mich riesig“, sagte Völler in einem DFB-Video. Der 64-Jährige rühmte Nagelsmann als „herausrage­nden Trainer“und „Taktikfuch­s“. Mit seinem Enthusiasm­us könne er „jeden Spieler anstecken und mitreißen“. Die 2026-Botschaft werde den von Nagelsmann neu dazu geholten und auch den etablierte­n Akteuren „nochmal einen Schub geben, dass wir eine richtig gute EM spielen“. Neuendorf hatte als Mindestzie­l das Halbfinale ausgerufen.

Viertelfin­ale, Rückspiele

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FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS/DPA Gut gelaunt war Julian Nagelsmann auch bei den beiden Testspiele­n im März. Bis 2026 soll er Nationaltr­ainer bleiben.

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