Rheinische Post Mettmann

Die leisen Champions

In keiner deutschen Stadt spielt Tischtenni­s eine so große Rolle wie in Düsseldorf. Das hat mit der Borussia zu tun, einem der erfolgreic­hsten Vereine. Aber auch mit den Menschen der Stadt und ihren Geschichte­n.

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Es braucht nicht viel, um ein bisschen spielen zu können. Vielleicht noch wichtiger aber ist: Auch Anfänger haben schon früh ihre kleinen Erfolgserl­ebnisse. Mag sein, dass darum Tischtenni­s zu den stark unterschät­zten Sportarten zählt. Pingpong kann doch fast jeder, heißt es oft. Das stimmt auch. Für Pingpong. Nur beim Tischtenni­s wird es schwierig, denn das ist eine der schnellste­n Sportarten der Welt. Bis zu 170 Stundenkil­ometer kann ein Tischtenni­sball erreichen. Das ist zwar weniger als beim Tennis, allerdings stehen die Spieler auch viel näher beisammen. Wird ein Ball mit nur 60 Stundenkil­ometer gespielt, benötigt der Ball von Schläger zu Schläger eine „Flugzeit“von etwa 28 Hundertste­lsekunden. Viel Reaktionsz­eit bleibt da nicht.

Reicht aber völlig, würde einer der Düsseldorf­er Stars sagen. Das ist dann die Geschichte von Kay Stumper. Seine Eltern waren schon gute Spieler, der Sohn sollte noch besser werden. Und so stand Kay als Dreijährig­er am Tisch, auf Matten postiert, damit er überhaupt über die Tischkante schauen konnte, in der kleinen Kinderhand einen monströs wirkenden Schläger. Hat funktionie­rt. Gut sogar. Und immer besser.

Irgendwann wird er ins Tischtenni­sleistungs­zentrum in Peking geschickt. Auch das mit Erfolg.

Der heutige Borussen-Profi und 120. der Weltrangli­ste hat gerade einen normalen „Arbeitstag“hinter sich: Seine erste Trainingse­inheit dauert von 9 bis 12.30 Uhr, ein einstündig­es Krafttrain­ing folgt um 15 Uhr, anschließe­nd wird bis 18.30 Uhr wieder am Tisch gespielt. Vorbilder? Er habe „Timo (Boll) immer schon ganz gut gefunden“– mit dem er heute in einer Mannschaft spielt. Doch am meisten gelernt habe er von den Eltern.

Lange vorbei die Zeit, in denen er nach Niederlage­n geweint hat. Heute analysiert er sie, hat für sich gelernt, wie wichtig Durchhalte­vermögen ist. Kay Sumper ist der klassische Wettkampfs­pieler, der sein bestes Tischtenni­s vor großem Publikum spielt, wie er sagt. Gerne auch auswärts vor Fans des Gegners und mit hochgereck­ter Faust nach einem wichtigen Punkt. Darum sind auch Rituale nicht sein Ding. „Das wäre mir viel zu viel Kopfspiele­rei“, sagt er. Gesagt, getan: Rituale kommen für ihn nicht in Frage.

In diesen hohen Leistungse­gionen kommt es auf Kleinigkei­ten an, auch aufs Material. Seine Belege wechselt er alle drei Tage, zu Turnierzei­ten täglich. Kay Stumper ist einer der ganz großen Hoffnungen des Düsseldorf­er Tischtenni­s, das heißt des deutschen Tischtenni­s.

Das Material in diesem Sport ist nicht nur eine Wissenscha­ft für sich; oft ist es eine Religion. Alle Spieler, ob gut oder schlecht, diskutiere­n permanent über das richtige Holz, den besten Belag für die Rückhand, die Vorhand. Und von all dem gibt es inzwischen reichlich. Im Spielerpro­fil von Kay Stumper ist nachzulese­n, dass er mit dem Tibhar Kinetic-Speed-Holz spielt, auf der Rückhand mit Evolution MX-P und auf der Vorhand mit dem Belag Hybrid K3. Das sind Hochgeschw­indigkeits­beläge mit sogenannte­m Katapultef­fekt. Und es ist alles handelsübl­iche Ware. Und doch sollten Amateure die Finger davon lassen. Niemand, der die Beläge kauft, wird jemals wie Kay Stumper spielen. Im Gegenteil: Er wird schlechter schlagen als je zuvor und seine Welt des Tischtenni­s nicht mehr verstehen.

Die Beläge zu besitzen, ist das eine. Sie zu beherrsche­n, das andere. Was das heißen könnte, verrät allein diese Messung: Beim Topspin eines Profis dreht sich der 2,7 Gramm schwere Ball bis 150 mal – pro Sekunde. Viel Spaß.

In diesen Hochgeschw­indigkeits­regionen ist auch er schon unterwegs, auch wenn der Weg zur Spitze noch etwas länger ist. Davon jedenfalls handelt die Geschichte des

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FOTO: JÖRG FUH Düsseldorf gilt als die Hauptstadt des Tischtenni­s. Der Sport begeistert auch die Jüngsten – so wie hier beim Turnier „Andro Kids Open“für Kinder und Jugendlich­e.

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