Der Kaiser, der endlich sterben will
Die Robert-Schumann-Hochschule zeigte zwei Operneinakter von Kurt Weill und Viktor Ullmann.
DÜSSELDORF Zum 80. Todestag des Komponisten Viktor Ullmanneine widmet ihm die Robert-SchumannHochschule eine Konzertreihe. Im Zentrum steht seine Oper „Der Kaiser von Atlantis oder die Tod-Verweigerung“, die am Donnerstag von Studierenden im Partika-Saal der Hochschule aufgeführt wurde – gemeinsam mit der Oper „Der Zar lässt sich fotografieren“von Kurt Weill.
„Der Kaiser von Atlantis“entsteht 1943 im Ghetto Theresienstadt. Dort finden auch die Proben für die erste Aufführung statt. Doch im Oktober 1944 wird Ullmann mit dem „Künstler-Transport“gemeinsam mit Peter Kien, der mit ihm am Libretto geschrieben hat, nach Auschwitz gebracht und dort ermordet.
Den Abend eröffnet aber Weills Opera buffa „Der Zar lässt sich photographieren“: Eine Bande von Ganoven schmiedet im Paris des 19. Jahrhunderts einen Plan: Der Zar muss sterben. Sie überfallen das Fotostudio der in der Stadt etablierten Madame Angèle, setzen eine Pistole in die Kamera und stehlen dazu auch noch ihre Identität. Der Zar hat derweil einen Wunsch: Er möchte ein Weilchen lang einfach nur Mensch sein. Das geht natürlich am besten in einem unverfänglichen Stelldichein, idealerweise mit Madame Angèle. Die falsche Angèle, unwiderstehlich selbstbewusst gespielt von Julia Wirth, hat dafür eigentlich wenig übrig. Sie will den Zar vor der Linse haben, um endlich die Pistole abdrücken zu können. Doch der blickt verträumt über die Dächer von Paris und schwadroniert von der Liebe.
George Clark verkörpert den charmanten Monarchen. Als er vielsagend lächelnd die Bühne betritt, schmelzen die Herzen. Musikalisch zeigt der Bariton große Gestaltungsfreude und zudem ein schönes Falsett. Im Duett mit Julia Wirth sitzt bei beiden jede Geste, jeder Blick. Auch die anderen Sänger des Ensembles überzeugen durch ihr großartiges Spiel. Regie für beide Einakter führte Beka Savic. Chor und Orchester meisterten die anspruchsvollen Werke mit Präzision und Hingabe.
Um einen ganz anderen Herrscher geht es in Viktor Ullmanns Oper. Der
Tod beklagt, dass er mit den „neuen Todesengeln“nicht mehr mithalten kann. Derweil hat der Kaiser Overall, klangschön in allen Registern gesungen von Byung Jun Ko, den Krieg „aller gegen alle“ausgerufen. Der Tod fühlt sich verhöhnt und entscheidet, die Menschen fortan nicht mehr sterben zu lassen. Schließlich erbarmt sich der Tod aber doch. Er will sich versöhnen, aber nur unter einer Bedingung: Der Kaiser muss als Erster sterben. Musikalisch ist „Der Kaiser von Atlantis“, das erst 1975 in Amsterdam uraufgeführt wurde, ein Meisterwerk, gespickt mit Zitaten, vom Deutschlandlied über die Bibel bis hin zum Kinderlied „Schlaf, Kindlein, Schlaf“– „... ich bin ein Epitaph“, heißt es dann bei Ullmann.
Die Kostüme von María Lucía Otálora illustrieren Archetypen wie Tod, Harlekin und Soldat, sind aber gleichzeitig modern und beunruhigend. Auch in „Der Kaiser von Atlantis“zeichnet sich das Ensemble durch großartiges Spiel aus, insbesondere der Popcorn werfende Harlekin Eetu Joukainen und die untoten Trommler Kim Holtappels und Luzia Ostermann. Was bleibt, ist der Schlussappell: „Du sollst den großen Namen Tod nicht eitel beschwören.“