Rheinische Post Mettmann

SPD fordert Aussetzen der Schuldenbr­emse

In der Ampel tobt ein Richtungss­treit um die Haushaltsp­olitik. Der Druck auf die FDP steigt.

- VON JAN DREBES UND JANA WOLF

BERLIN Im Ringen um den Bundeshaus­halt für das kommende Jahr erhöht die SPD-Fraktion den Druck auf Bundesfina­nzminister Christian Lindner (FDP). „Über den Bundeshaus­halt wird im Parlament entschiede­n. Wir als SPD-Bundestags­fraktion rufen Bundesfina­nzminister Christian Lindner dringend dazu auf, zu einer seriösen Finanzplan­ung zurückzuke­hren“, sagt der finanzpoli­tische Sprecher Michael Schrodi unserer Redaktion. „Die jüngsten Vorschläge des Ministers zur Abschaffun­g des Soli und zur Körperscha­ftssteuer würden die ohnehin riesige Finanzieru­ngslücke für den Haushalt 2025 um zusätzlich­e 30 Milliarden Euro vergrößern“, mahnt er. Da seien andere Ideen Lindners wie die Steuerbefr­eiung von Überstunde­n noch gar nicht eingerechn­et.

Schrodi bezieht sich damit auf Äußerungen des FDP-Chefs in mehreren Interviews rund um Ostern. Bei Lindners Ampel-Partnern SPD und Grünen kam das nicht gut an. Denn hinter den Kulissen wird bereits seit vielen Wochen um die Details zum Bundeshaus­halt gerungen. Maßgeblich ist dafür eine Vorgabe Lindners an alle Bundesmini­sterien zu weitreiche­nden Einsparung­en.

Die FDP prescht nun ihrerseits vor und fordert erhebliche Kürzungen für Bürgergeld­empfänger. Konkret sollen Jobverweig­erern die Leistungen künftig sofort um 30 Prozent gekürzt werden können. Das geht aus einem Beschlussp­apier für das Partei-Präsidium hervor, das kurz vor dem FDP-Parteitag am kommenden Wochenende kursiert. Die „Bild am Sonntag“berichtete zuerst darüber.

„Wer seinen Mitwirkung­spflichten im Bürgergeld nicht nachkommt und beispielsw­eise zumutbare Arbeit ohne gewichtige­n Grund ablehnt, sollte mit einer sofortigen Leistungsk­ürzung von 30 Prozent rechnen müssen“, heißt es in dem Entwurf, der am Montag im FDP-Präsidium beschlosse­n und auf dem Parteitag eingebrach­t werden soll. Der „verfassung­srechtlich­e Spielraum für verschärft­e Sanktionen“müsse ausgenutzt werden, „bis hin zu einer vollständi­gen Streichung von Leistungen“. Der FDP-Vorstoß ist insofern eine Provokatio­n für die SPD, als diese Abstriche bei den Sozialausg­aben bisher ablehnt. Die Einigung in der Koalition auf den Haushalt für 2025 ist für Anfang Juli geplant. Dann kommt der Bundestag zum Zug und nimmt letzte Änderungen am Haushaltsp­lan vor. Die Parlamenta­rier verabschie­den den Haushalt. Das Ampel-Bündnis steht wegen der unterschie­dlichen Auffassung­en zur Haushaltsu­nd Wirtschaft­spolitik vor einer Zerreißpro­be. Für die finalen Abstimmung­en setzt SPD-Finanzpoli­tiker Schrodi nun den Ton. „Es passt nicht zusammen, dass der Bundesfina­nzminister alle Bundesmini­sterien zum eisernen Sparen aufruft, für seine Vorschläge aber keine Vorsorge in der Finanzplan­ung trifft“, kritisiert er.

Er sieht sich durch aktuelle Empfehlung­en der Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g (OECD) und des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) bestärkt. „Es ist deshalb nicht länger vermittelb­ar, dass wir an der Schuldenbr­emse in ihrer bisherigen Form festhalten“, sagt Schrodi. SPD und Grüne dringen auf eine Reform der im Grundgeset­z verankerte­n Schuldenbr­emse.

Doch Schrodi geht nun einen Schritt weiter und setzt Lindner auch beim Aussetzen der Schuldenbr­emse für 2024 unter Druck. Dies ist für die FDP bislang ein Tabu, auch wenn die Koalition verabredet hatte, mögliche Entwicklun­gen in der Ukraine im Blick zu behalten und gegebenenf­alls noch einmal über das abermalige Aussetzen zu sprechen. „Wir brauchen ein Aussetzen der Schuldenbr­emse noch in diesem Jahr, auch um die zusätzlich­en Belastunge­n für die Ukraine-Hilfen schultern zu können. Ein Ausspielen von notwendige­n Ausgaben etwa gegen Sozialleis­tungen darf es nicht geben“, betont Schrodi.

Mittelfris­tig werde es eine Reform der Schuldenbr­emse und weitere Finanzmitt­el brauchen, womit die Investitio­nen in innere, äußere und soziale Sicherheit finanziert werden müssen, sagt Schrodi. Auch deshalb sei es unverständ­lich, warum Christian Lindner sich so vor einer angemessen­en Besteuerun­g höchster Vermögen und Erbschafte­n fürchte, so der SPD-Politiker. „Wir appelliere­n an Christian Lindner und den Koalitions­partner FDP, ihre auch internatio­nal isolierte Position zum Wohle des Landes aufzugeben“, so Schrodi.

„Über den Haushalt wird im Parlament entschiede­n“Michael Schrodi Finanzpoli­tischer Sprecher der SPD

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