Ein Roman, der zum Kinofilm wird
Michael Kumpfmüller liest im Heine-Haus aus „Die Herrlichkeit des Lebens“.
DÜSSELDORF Für einen Schriftsteller ist es Fluch und Segen zugleich, wenn ein Regisseur aus seinem Buch einen Kinofilm machen will. Michael Kumpfmüller musste diese Erfahrung auch machen, als er erfuhr, dass sein Roman „Die Herrlichkeit des Lebens“verfilmt werden sollte. Zwei Jahre lang hat er das Regieteam eng begleitet, mehrere Drehbuchfassungen gelesen und dabei viel über die Arbeit an einem Filmset erfahren. Darüber plauderte Michael Kumpfmüller im Düsseldorfer Heine-Haus.
„Dreharbeiten beobachten heißt rumsitzen, warten und sich wundern, wie das ein Film werden soll“, sagte der gebürtige Münchner und ließ dann das Publikum raten, wie viele Minuten Film pro Tag hergestellt werden. „Drei bis vier“, war seine ernüchternde Antwort. Und Kumpfmüller gab zu, dass er „wahnsinnig würde“, müsste er so wie die Filmcrew arbeiten. Er brauche als Autor eine Struktur, die ihm Sicherheit gebe. Denn „wenn die Form feststeht, kann ich mich auf das konzentrieren, was mich fasziniert, die Sprache“.
In seinem Roman begleitet Kumpfmüller Franz Kafka durch sein letztes Lebensjahr. Der an Tuberkulose
leidende Schriftsteller hatte sich zur Erholung an die Ostsee zurückgezogen. Dort lernte er Dora Diamant kennen. Kafka war fasziniert von der jungen Frau, die vor Energie nur so übersprudelte und ihm durch ihre unbefangene Art neuen Lebensmut gab. Kumpfmüller erzählt von dieser Liebe auf zurückhaltende, zarte Weise. Gar nicht so leicht, seinen Kafka, der anders erscheint als der Schriftsteller, der gemeinhin als unglücklich-depressiver Mensch rezipiert wird, adäquat auf die Kinoleinwand zu bringen.
Georg Maas und Judith Kaufmann haben es mit Sabin Tambrea und Henriette Confurius in den Hauptrollen gewagt, über die Kumpfmüller rückblickend ins Schwärmen geriet. Überzeugend spielen die beiden ein Paar, das um das nahe Ende weiß, sich davon aber nicht abhalten lässt, die verbleibende Zeit gemeinsam zu gestalten. Für den Schriftsteller Kumpfmüller war es durchaus gewöhnungsbedürftig, dass die Filmmenschen seinen Roman nicht in allen Details auf die Leinwand bringen würden, wie er es sich gewünscht hätte. Schlussendlich war der 62-Jährige dann doch von der Umsetzung angetan und steht damit nicht allein: 200.000 Besucher haben den Film in die Top Ten der Programmkino-Charts gebracht.
Mit feinem Humor erzählte der Wahl-Berliner auch, wie er überhaupt auf Kafka kam. Als Teenager, unglücklich verliebt, habe ihn ein Lehrer auf dessen Werk gebracht. Zu seinem Buch aber habe ihn eine Fotografie von Dora Diamant inspiriert. Zwei der Passagen, die er am Montagabend las, waren aus ihrer Perspektive geschrieben. Zum Abschluss trug der Autor sein Lieblingskapitel vor, in dem Kafka über sein nahes Ende nachdenkt.
Info Das Bambi-Kino zeigt „Die Herrlichkeit des Lebens“, tägl. um 16.45 Uhr. Tickets unter: www.filmkunstkinos.de. Das Buch: Michael Kumpfmüller: „Die Herrlichkeit des Lebens“. Kiepenheuer & Witsch, 240 Seiten, 23 Euro.