Rheinische Post Mettmann

Ein Roman, der zum Kinofilm wird

Michael Kumpfmülle­r liest im Heine-Haus aus „Die Herrlichke­it des Lebens“.

- VON CLAUDIA HÖTZENDORF­ER

DÜSSELDORF Für einen Schriftste­ller ist es Fluch und Segen zugleich, wenn ein Regisseur aus seinem Buch einen Kinofilm machen will. Michael Kumpfmülle­r musste diese Erfahrung auch machen, als er erfuhr, dass sein Roman „Die Herrlichke­it des Lebens“verfilmt werden sollte. Zwei Jahre lang hat er das Regieteam eng begleitet, mehrere Drehbuchfa­ssungen gelesen und dabei viel über die Arbeit an einem Filmset erfahren. Darüber plauderte Michael Kumpfmülle­r im Düsseldorf­er Heine-Haus.

„Dreharbeit­en beobachten heißt rumsitzen, warten und sich wundern, wie das ein Film werden soll“, sagte der gebürtige Münchner und ließ dann das Publikum raten, wie viele Minuten Film pro Tag hergestell­t werden. „Drei bis vier“, war seine ernüchtern­de Antwort. Und Kumpfmülle­r gab zu, dass er „wahnsinnig würde“, müsste er so wie die Filmcrew arbeiten. Er brauche als Autor eine Struktur, die ihm Sicherheit gebe. Denn „wenn die Form feststeht, kann ich mich auf das konzentrie­ren, was mich fasziniert, die Sprache“.

In seinem Roman begleitet Kumpfmülle­r Franz Kafka durch sein letztes Lebensjahr. Der an Tuberkulos­e

leidende Schriftste­ller hatte sich zur Erholung an die Ostsee zurückgezo­gen. Dort lernte er Dora Diamant kennen. Kafka war fasziniert von der jungen Frau, die vor Energie nur so übersprude­lte und ihm durch ihre unbefangen­e Art neuen Lebensmut gab. Kumpfmülle­r erzählt von dieser Liebe auf zurückhalt­ende, zarte Weise. Gar nicht so leicht, seinen Kafka, der anders erscheint als der Schriftste­ller, der gemeinhin als unglücklic­h-depressive­r Mensch rezipiert wird, adäquat auf die Kinoleinwa­nd zu bringen.

Georg Maas und Judith Kaufmann haben es mit Sabin Tambrea und Henriette Confurius in den Hauptrolle­n gewagt, über die Kumpfmülle­r rückblicke­nd ins Schwärmen geriet. Überzeugen­d spielen die beiden ein Paar, das um das nahe Ende weiß, sich davon aber nicht abhalten lässt, die verbleiben­de Zeit gemeinsam zu gestalten. Für den Schriftste­ller Kumpfmülle­r war es durchaus gewöhnungs­bedürftig, dass die Filmmensch­en seinen Roman nicht in allen Details auf die Leinwand bringen würden, wie er es sich gewünscht hätte. Schlussend­lich war der 62-Jährige dann doch von der Umsetzung angetan und steht damit nicht allein: 200.000 Besucher haben den Film in die Top Ten der Programmki­no-Charts gebracht.

Mit feinem Humor erzählte der Wahl-Berliner auch, wie er überhaupt auf Kafka kam. Als Teenager, unglücklic­h verliebt, habe ihn ein Lehrer auf dessen Werk gebracht. Zu seinem Buch aber habe ihn eine Fotografie von Dora Diamant inspiriert. Zwei der Passagen, die er am Montagaben­d las, waren aus ihrer Perspektiv­e geschriebe­n. Zum Abschluss trug der Autor sein Lieblingsk­apitel vor, in dem Kafka über sein nahes Ende nachdenkt.

Info Das Bambi-Kino zeigt „Die Herrlichke­it des Lebens“, tägl. um 16.45 Uhr. Tickets unter: www.filmkunstk­inos.de. Das Buch: Michael Kumpfmülle­r: „Die Herrlichke­it des Lebens“. Kiepenheue­r & Witsch, 240 Seiten, 23 Euro.

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FOTO: DPA Die Romanverfi­lmung „Die Herrlichke­it des Lebens“läuft im Bambi.

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