Kleiner Schnitt für besseres Stillen
Bei manchen Neugeborenen ist das sogenannte Zungenbändchen zu unbeweglich. Eine Stillberaterin und eine Kinderärztin erklären, was zu tun ist.
KREFELD Der Follower als solcher kann mitunter eine nützliche Funktion erlangen, weil er nicht nur die Berühmtheit der Vorausgehenden mehrt, sondern auch mit guten Ratschlägen dient. Eine solch erfreuliche Situation durfte nun die von „Let’s Dance“bekannte Tänzerin Renata Lusin erleben. Sie klagte öffentlich über eine belastende Phase beim Stillen ihres Babys und bekam aus ihrer Instagram-Gefolgschaft einen fachkundigen Tipp, wie das Problem zu lösen sei.
Die 36-Jährige hatte über Wochen erhebliche Probleme beim Stillen der kleinen Stella. „Die letzten drei Wochen nach der Geburt waren sehr, sehr schwierig für mich“, gestand die Düsseldorferin bei Instagram. Ihre Brustwarzen seien vernarbt gewesen und schmerzten. Schlimmer noch: Stella hatte, wie es hieß, erhebliche Schwierigkeiten beim Milchkonsum. Das Baby weinte oft, hatte Bauchschmerzen und Hunger, in den ersten Wochen nach der Geburt nahm es nur spärlich zu. „Ich war verzweifelt und hatte solche Schmerzen beim Stillen“, so Lusin. Dann kam der segensreiche Kontakt: Eine Followerin arbeitet selbst als Stillberaterin und ahnte, dass das Zungenbändchen des Babys – Frenulum genannt – zu kurz oder zu stramm war. Lusin ging zum Arzt, ein kurzer Eingriff, und Mutter und Baby waren sogleich glücklich.
Anruf bei Ute Voss, Stillberaterin am Helios-Klinikum in Krefeld. Sie hat solche Fälle schon etliche Male erlebt. „Wir gucken uns ja jedes Neugeborene an, und wir gucken in den Mund. Wir haben alle ein Zungenbändchen, mal straff, mal weniger straff. Aktiv werden muss man, wenn das Kind die Zunge nicht gut mobilisieren kann, wenn sich die Zungenspitze einkerbt, wie in Herzchenform, oder wenn die Zunge über die Unterkieferleiste nicht hinauskommt.“Die Milchgänge kommen, sagt Voss, „sternförmig aus dem Drüsengewebe und enden in der Brustwarzenspitze. Dann nimmt das Baby ganz viel Gewebe des Brustwarzenvorhofs in den Mund, die Zunge schiebt sich dann unter diesen Vorhof, sie macht eine wellenförmige Bewegung und melkt die Milchgänge aus. Es ist nicht nur das Vakuum des Saugens – die Ausstreichbewegung der Zunge ist ebenso wichtig.“
Wenn die Zunge aber immobil sei, dann drücke das Baby die mütterliche Brustwarzenspitze immer gegen die Kante seines Babygaumens, was für die Brustwarze sehr schmerzhaft sei. „Aber es sind nicht nur die Schmerzen der Mutter“, berichtet Ute Voss, „das Baby bekommt zudem nicht genügend Milch, es wird nicht satt, ist unzufrieden – und nimmt an Gewicht kaum zu.“Dann sei ein kleiner Eingriff erforderlich, „wovon das Baby nichts merkt“.
Das bestätigt Susanne FrickeOtto, sie ist Fachärztin für Kinderund Jugendmedizin am HeliosKlinikum Krefeld und ebenso wie Ute Voss sehr erfahren – auch im Umgang mit Neugeborenen und deren Zungenbändchen. „Dieses Bändchen hat kaum Nerven, kaum Blutgefäße, es ist nicht mehr als ein dünnes membranöses Häutchen. Da nehme ich eine kleine, scharfe Schere, manchmal muss man das Frenulum nur antippen, schon ist es durch. Dauert eine Sekunde.“Und dann könne man das Baby direkt wieder anlegen. Und das Stillen funktioniere von diesem Moment an einwandfrei.
Ist der Eingriff blutig? „Ich mache das seit über 30 Jahren, und nie hat es Nebenwirkungen gegeben. Es blutet auch fast nie.“In jedem Fall sei es eine Teamentscheidung aus Stillberaterin, Kinderarzt und natürlich den Eltern. Die seien aber fast immer einvernehmlich. Der Säugling kann natürlich noch nicht gefragt werden. Sein Vergnügen sieht man Sekunden später beim Stillen.