Star-Auftritt im eigenen Musical
DÜSSELDORF Dicke Regentropfen platschen auf den Vorplatz des Capitol-Theaters. Geduldig stehen die Fans Schlange, denn für einen Teil von ihnen wird dieser Abend ganz besonders werden. Sie haben das begehrte goldene Bändchen bei einer Verlosung gewonnen und dürfen vor der 190. Aufführung von „Abenteuerland“bei einem Meet & Greet Hartmut Engler und seine Bandkollegen persönlich treffen.
Achtmal hat der Pur-Frontmann das Musical bereits besucht, doch auch für ihn wird es ein besonderer Abend. Denn erstmals steht der Sänger beim Finale selbst auf der Bühne. Ein Moment, den der 62-Jährige in vollen Zügen genießt. „Ich wollte immer mal selbst in ein Pur-Konzert gehen, um diese Welle an Emotionen aus dem Zuschauerraum mitzuerleben“, sagt er dem jubelnden Publikum und ergänzt: „Das jetzt hier kommt diesem Wunsch sehr nah.“Viele der Zuschauer sind wie Engler nicht zum ersten Mal in „Abenteuerland“. Sie können die Dialoge mitsprechen, die Songs mitsingen und feiern einzelne Szenen mit frenetischem Applaus.
Für Irina, Pur-Fan „der ersten Stunde“, geht ein Traum in Erfüllung, als sie vor der Show nicht nur ein Foto mit Hartmut Engler bekommt, sondern auch sein Autogramm. Dabei hatte der Sänger eigentlich vorgehabt, das Fantreffen einfach nur zu genießen und weder Selfies zu machen noch etwas zu signieren. Aber Irina kann er einfach nichts abschlagen und wird dafür mit einem strahlenden Lächeln der Düsseldorferin belohnt. „Die Lieder von Pur geben mir Kraft und helfen mir gerade durch eine schwere Zeit“, erzählt Irina, die von ihrem Bruder Alexander begleitet wird.
Sabrina und Cornelia Schroer haben eine zweieinhalbstündige Fahrt hinter sich. Sie kommen eigens aus Mettingen, nahe Osnabrück, und werden nach der Show auch wieder heimfahren. Denn beide müssen am nächsten Tag arbeiten. „Wir waren schon im Januar im Musical, und es hat uns supergut gefallen“, erzählt Cornelia Schroer. Mit ihrer Begeisterung hat sie Tochter Sabrina angesteckt, und als sie das goldene Bändchen für ein Meet & Greet mit Pur gewann, war klar: Sie würden gemeinsam noch einmal nach Düsseldorf fahren. „Ich wollte es erst nicht glauben, dass wir wirklich gewonnen haben“,sagt Sabrina.
Die Atmosphäre ist entspannt. Selbst diejenigen, die nicht in den abgesperrten Bereich können, warten geduldig in der Hoffnung, dass vielleicht doch eines der Bandmitglieder zu ihnen kommt. Und tatsächlich nehmen sich Engler und seine Kollegen auch für sie noch Zeit. Ein Pur-Fan flog sogar extra aus Brasilien ein und hatte für jeden der Musiker handgefertigte Pur-Puppen als Geschenk im Gepäck.
„Die Fans begleiten uns seit der Premiere im Oktober“, berichtet Produzent Martin Flohr. Die Idee zu „Abenteuerland“stammt von ihm. Anfangs sei er skeptisch gewesen, dass ein Pur-Musical zu seicht werden könnte, gibt Engler beim Finale auf der Bühne zu. Eine Sorge, die, wie sich herausstellte, unbegründet war. Denn das Publikum erlebt mit dem Ensemble alle Höhen und Tiefen, die eine aus drei Generationen bestehende Familie durchmachen kann, hautnah mit.
Die Geschichte der Schirmers wird entlang von Pur-Hits erzählt und greift Themen auf, die jeder auf die eine oder andere Weise schon selbst einmal erlebt hat. Es geht um Trennung, Trauer, Wünsche und Träume, Liebe im Alter oder um die Suche nach der eigenen Identität. Genau dieses Konzept begeisterte bislang 200.000 Besucher.
Man muss weder Fan der Band sein noch alle ihre Lieder kennen, um Spaß an „Abenteuerland“zu haben. Selbst Hartmut Engler gibt zu, dass er einige seiner Songs in einem ganz neuen Zusammenhang erlebt. „Der Dialog zwischen Vater und Sohn auf der Bühne war ursprünglich von mir als Gespräch zwischen zwei Kumpels geschrieben worden“, verrät der Sänger dem Publikum.
Das 25-köpfige Ensemble ist in dem halben Jahr, in dem das Musical nun schon läuft, zu einem eingespielten Team zusammengewachsen. Man merkt allen an, wie viel Freude es ihnen macht, jeden Abend in ihre jeweiligen Rollen zu schlüpfen. Nichts kommt bei „Abenteuerland“vom Band, der Gesang ist ebenso live wie die Musik, gespielt von sieben Instrumentalisten. Für die Fans scheint es sich zu lohnen, die Show mehrfach anzusehen, weil es immer wieder kleine Details im Bühnenbild, in den Dialogen oder in einzelnen Szenen zu entdecken gibt.
Für die Produzenten des Musicals hat sich das Risiko gelohnt, ein bestehendes Theater, das bis dahin neben Eigenproduktionen auch Tourneeveranstaltungen eine Bühne bot, komplett umzubauen. Für die aufwendige Technik von „Abenteuerland“, die unter anderem Drehelemente enthält, um Requisiten leichter in die Szenen hinein- und aus ihnen hinausfahren zu können, musste das bestehende Bühnenportal komplett abgerissen werden. Seit der Premiere der Eigenproduktion „Grease“begrenzte es die Spielfläche des Capitol-Theaters, die, wie lange üblich, eine sogenannte Guckkastenbühne hatte. Das Team von „Abenteuerland“kann nun erstmals in der Geschichte des Theaters die gesamte Fläche von 25 Metern bespielen.