Rheinische Post Mettmann

Raus aus dem Abklingbec­ken

Nach der Wahlnieder­lage 2021 war es still um Armin Laschet geworden. Nun tritt er wieder häufiger auf.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Es ist ein symbolträc­htiger Ort, an dem Armin Laschet (CDU) eine Biografie über Johannes Rau (SPD) vorstellt. Im Düsseldorf­er Malkasten hat Hendrik Wüst 2022 das erste schwarz-grüne Regierungs­bündnis in NRW geschlosse­n. Und das nur, weil Laschet gerne Bundeskanz­ler geworden wäre – und am Ende nach verstolper­tem Wahlkampf inklusive unpassende­m Lacher in Berlin blieb.

An diesem Nachmittag steht ein sichtlich entspannte­r Bundestags­abgeordnet­er Laschet am Rednerpult. „Johannes Rau: Der Besondere“heißt die 601 Seiten starke, kenntnisre­iche und lesenswert­e Biografie. Geschriebe­n hat sie der Historiker und Publizist Ulrich Heinemann, der in Raus Regierungs­jahren Referatsle­iter in der Düsseldorf­er Staatskanz­lei war. „Johannes Rau, ja, er war mein Ministerpr­äsident; in meiner Jugend“, sagt Laschet. Er schildert, wie der junge Rau 1977 den Favoriten für den SPD-Landesvors­itz, Arbeitsmin­ister Friedhelm Farthmann, auf einem Landespart­eitag in Duisburg herausford­ert und ihn dank „einer rhetorisch­en Glanzleist­ung“in seiner Bewerbungs­rede denkbar knapp schlägt. Man sieht quasi Armin Laschet mit der Bergarbeit­ermedaille vor dem inneren Auge, wie er im Rennen um den CDU-Vorsitz Friedrich Merz aussticht. Und noch mehr verwebt er seine eigene Biografie mit der Raus: Der sei nach seiner Niederlage gegen Kohl ganz selbstvers­tändlich wieder in der Staatskanz­lei eingezogen. „Das würde man heute keinem durchgehen lassen“, sagt er mit verschmitz­tem Lachen.

Die Buchvorste­llung ist ein Indiz dafür, dass die Hinterbank ihm auf Dauer nicht reicht. Schon am Donnerstag­abend saß er bei Maybrit Illner und redete sich über die AfD in Rage. „Solche Zustände hat es in der Bundesrepu­blik Deutschlan­d in diesem Ausmaß an Landesverr­at noch nicht gegeben“, attackiert­e er AfD-Chef Tino Chrupalla. Dass die Redaktion ihn eingeladen hatte, dürfte an seinem Auftritt vom 8. Juli 2023 gelegen haben. Damals hatte der Bundestag über Unruhen in den Pariser Vororten debattiert. Als die AfD das Thema kaperte, um über Parallelge­sellschaft­en in Deutschlan­d zu schwadroni­eren und damit zu drohen, nach einem Wahlsieg aufzuräume­n, platzte Laschet der Kragen: „Ihre Gesinnungs­genossen haben Menschen ermordet in diesem Land.“Das gab viel Lob. Auch der Illner-Auftritt findet positiven medialen Widerhall.

Kritischer beäugt wird ein anderes Engagement: Vor gut einer Woche, berichtete die „Süddeutsch­e Zeitung“, erschien er für einige Studenten überrasche­nd als Dozent in einem Seminar an der Ludwig-Maximilian­s-Universitä­t in München. Laschet, dem der Hang zum kreativen Chaos nachgesagt wurde, hatte jedoch an der RWTH Aachen in einem Kurs Klausuren verbummelt und dann freihändig gute Noten verteilt. Das Ganze fiel auf, weil er auch Studenten benotete, die gar nicht an der Klausur teilgenomm­en hatten. Doch auch hier scheint die Zeit im Abklingbec­ken überstande­n. Möglich machte dies Laschets Interesse am Friedenspr­ozess im Nahen Osten, der durch die Anschläge der Hamas und die militärisc­he Antwort Israels um Jahre zurückgewo­rfen ist. Sein Engagement hat dem Außenpolit­iker nicht nur den Vorsitz der Westfälisc­hen Friedensko­nferenz in Münster eingebrach­t, sondern auch den Weg zurück in die Hochschull­ehre geebnet. Als Dozent wird er über das Thema „Abraham Accords: Die Arabische Welt in der Transforma­tion?“sprechen. Mit dem Abkommen hatten sich fünf arabische Staaten an Israel angenähert.

Der Vorsitzend­e des Stiftungsp­räsidiums des Hauses der Geschichte NRW, Hans Walter Hütter, weist bei der Buchvorste­llung darauf hin, dass es in der nordrhein-westfälisc­hen Geschichte „noch viele weiße Stellen“gebe. Man gewinnt den Eindruck, dass Laschet gerade daran arbeitet, dass diese Geschichts­schreibung mit Blick auf sein Wirken einen versöhnlic­hen Ton bekommt.

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FOTO: DPA Armin Laschet (CDU) im Januar am Rednerpult des Bundestage­s.

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