Siebert fällt lange aus
Zwei Spieltage vor dem Saisonende hat sich der U21-Nationalspieler im Training schwer verletzt und wird mehrere Monate lang ausfallen. Für Sportvorstand Klaus Allofs ist die Hiobsbotschaft aber kein Grund, von den Zielen abzurücken.
Die verdammt schlechte Nachricht macht am Mittwochabend ab ungefähr 20 Uhr ihre Runde. Dass Fortuna-Innenverteidiger Jamil Siebert die Trainingseinheit am Nachmittag abgebrochen hat, ist zu diesem Zeitpunkt längst bekannt, doch mit einer solch dramatischen Diagnose hätten wohl nicht einmal die größten Pessimisten gerechnet: Sehnenabriss im rechten Oberschenkel, einhergehend mit einer Ausfallzeit von rund vier Monaten. Als der Zweitliga-Dritte die entsprechenden Gerüchte gut eine Stunde später bestätigt, befinden sich der Klub und seine Fans endgültig irgendwo zwischen großem Schock, schmerzendem Unglauben und herzlichen Genesungswünschen.
Anfangs hat die Szenerie noch wie ein ganz normaler Trainingsunfall gewirkt. Mitten in einem Spiel während der Einheit geht Siebert zu Boden, greift sich an den rechten Oberschenkel. Dort scheint ihm ein Schmerz in den Muskel gefahren zu sein; zumindest denken das alle Beobachter, als der 22-Jährige das Training freilich sofort abbricht und ein Physiotherapeut ihn mit einem Golfwagen ins Mannschaftsquartier fährt. Von dort geht es allerdings weiter zum Radiologiezentrum Radios, wo sogleich MRT-Bilder angefertigt werden – mit dem bekannt bitteren Ergebnis. Ob der Youngster operiert werden muss, steht noch nicht fest.
Der deutsche U21-Nationalspieler wird damit so oder so nicht nur im Finale des Aufstiegskampfes bei Holstein Kiel (Samstag, 20.30 Uhr), gegen den 1. FC Magdeburg und in den beiden möglichen Relegationsspielen ausfallen, sondern ziemlich sicher auch zu Beginn der kommenden Saison noch nicht mitmischen können. Das ist umso verhängnisvoller, als dass sich der gebürtige Düsseldorfer seit vergangenen Sommer zu einem ganz wichtigen Faktor in der Defensive entwickelt und zuletzt mit Tim Oberdorf eine bombensichere Abwehrmitte gebildet hat.
„Wir haben gedacht, dass wir jetzt endlich mal alle man an Bord und keine Probleme haben, was den Kader angeht“, sagt Sportvorstand Klaus Allofs am Morgen danach im Gespräch mit unserer Redaktion. „Ich möchte aber gar nicht das Schicksal bemühen, so etwas gehört leider dazu, das gibt es in anderen Klubs auch. Trotzdem ist es bei Jamil besonders traurig, wobei man da eigentlich gar keine Abstriche machen kann. Er war toll in Form und hat den letzten Spielen in der Meisterschaft entgegengefiebert.“
Auch wenn der lange Ausfall von Siebert schwer wiegt und Allofs durchaus betroffen wirkt, blickt der 67-Jährige positiv nach vorne – vielleicht, weil er stets darum bemüht ist, die Ruhe zu bewahren, vielleicht aber auch aus purem Trotz. „Auf solche Situation will man immer vorbereitet sein. Ab einer bestimmten Anzahl an Verletzungen hat man natürlich irgendwann keine Lösungen mehr. Aber jetzt gibt es keinen Grund, unsere Ambitionen und unsere Zuversicht kleiner werden zu lassen“, betont er und meint freilich die Pläne zur Rückkehr in die Bundesliga. „Außerdem ist es eine zusätzliche Motivation, unser Ziel jetzt auch für Jamil zu erreichen.“
Denn es scheint durchaus wahrscheinlich, dass der Siebert-Schock die Mannschaft ungeachtet des ohnehin guten und oft beschworenen Teamgeists noch enger zusammenrücken lässt. „Man hat in den Spielen und im Training zuletzt gespürt, wie eng diese Mannschaft zusammensteht. Was wir gelebt haben, ist, dass jeder gebraucht wird“, sagt Allofs. „Und wenn dafür eine Bestätigung notwendig ist, dann jetzt. Diejenigen, die in den letzten Tagen und Wochen ein bisschen in den Hintergrund getreten sind, sind bereit. Bei aller Schwere der Verletzung und der Enttäuschung darüber ist das zumindest ein Trost.“
Namentlich Jordy de Wijs, Andre Hoffmann und Joshua Quarshie stehen neben dem aktuell in der Abwehrzentrale gesetzten Oberdorf zur Verfügung, also immer noch vier Akteure für zwei Positionen. „Jamil hat seine spezielle Art, und das hat uns zuletzt auch erfolgreich gemacht. Aber wir haben schon vorher in anderen Formationen erfolgreich gespielt“, ergänzt Allofs. „Wir haben immer betont, dass wir uns in der Innenverteidigung sehr gut aufgestellt fühlen. Trotzdem ist es schöner, wenn alle gesund sind.“
Mit Sehnenabrissen im Oberschenkel hat Fortuna in der Vergangenheit übrigens schon zwei Mal schlechte Erfahrungen gemacht und Akteure für eine lange Zeit verloren. Zunächst erwischte es den heutigen MSV-Duisburg-Stürmer Daniel Ginczek, wenig später dann Linksverteidiger Nicolas Gavory – und nun eben Siebert. „Das ist für uns als Mannschaft ein Rückschlag, für Jamil persönlich aber auch“, sagt Allofs. „Er wird das aber überstehen und zurückkommen, das kann man jetzt schon sagen.“