Rheinische Post Mettmann

Jeder Baum zählt

Seit 2019 produziert Thomas Krämer mit seinem Start-up Forest Gum aus Köln plastikfre­ies Kaugummi. Eigentlich ein Vollzeitjo­b, doch nun möchte er auch noch dem Wald helfen – obwohl es ihn eine fünfstelli­ge Summe im Jahr kostet. Verdi ruft erneut zu Teleko

- VON JANA MARQUARDT

KÖLN Wenn Thomas Krämer jemals einen Lieblingso­rt hatte, dann war es der Wald. Schon als Kind streifte er gerne zwischen den Bäumen in Bad Neuenahr-Ahrweiler umher, sammelt bunte Blätter, balanciert über herumliege­nde Stämme. Hier kann er durchatmen, ganz er selbst sein. Heute ist Krämer 44 Jahre alt, verheirate­t, Familienva­ter, Gründer des Kölner Start-ups Forest Gum, das plastikfre­ien Kaugummi herstellt – und geht immer noch in den Wald, wenn er eine Auszeit braucht. Will man besonders pathetisch sein, könnte man sagen: Der Wald ist die Quelle seiner Inspiratio­n. Und genau deshalb möchte der Gründer ein Waldschutz­gebiet in NordrheinW­estfalen aufbauen.

Dafür hat er mit seinem jungen Unternehme­n Forest Gum eine 100 Hektar große Fläche bei Engelskirc­hen im Oberbergis­chen Kreis gepachtet – für einen fünfstelli­gen Betrag im Jahr. „Wir wollen die Natur sozusagen sich selbst überlassen“, sagt Krämer. Kein Baum soll gefällt werden, umgestürzt­e Erlen, Eschen und Eichen werden nur zur Seite geräumt, aber nicht wegtranspo­rtiert oder weitervera­rbeitet. So entsteht nicht nur neuer Lebensraum, sondern auch ein Rückzugsor­t für Tier- und Insektenar­ten, die hier eigentlich heimisch sind, aber immer mehr aus den Wäldern verdrängt werden.

Und auch die positiven Folgen fürs Klima sind nicht zu unterschät­zen: 17.000 Tonnen Kohlenstof­fdioxid (CO2) sollen im Waldschutz­gebiet zusätzlich gebunden werden. Zur Einordnung: Insgesamt entlastete­n Wald und Holzproduk­te in Deutschlan­d die Atmosphäre im Jahr 2020 um 54,5 Millionen Tonnen CO2. Das entsprach laut Bundesland­wirtschaft­sministeri­um (BMEL) sieben Prozent der nationalen Treibhausg­asemission­en.

Bislang entfällt mit 11,4 Millionen Hektar noch rund ein Drittel der Fläche Deutschlan­ds auf Wald – rund 55 Prozent sind Nadelbäume, rund 44 Prozent Laubbäume und der Rest Freifläche. Allerdings sind fast alle Wälder von Menschenha­nd angelegt und dienen nur dazu, Holz zu gewinnen – eine Praxis, die ihren Anfang vor vielen Hundert Jahren in der Forstwirts­chaft nahm. Sie führt dazu, dass die Wälder geschwächt und anfälliger für Dürre und Trockenhei­t sind. Jeder dritte Baum ist laut der Baumstands­erhebung des BMEL aus dem Jahr 2022 krank. Die Forscher sprechen auch von einem flächendec­kenden „Wald- und Artensterb­en“.

Generell kann man sagen: Der fortschrei­tende Klimawande­l und unser hoher Ressourcen­verbrauch bedrohen die Wälder. Eigentlich

dienen sie als Kohlenstof­fspeicher, weil sie CO2 binden und so die Folgen der Klimakrise abmildern. Doch diese Funktion kann der Wald immer weniger erfüllen.

Doch es gibt auch eine gute Nachricht: 47 Prozent der Wälder sind inzwischen Landschaft­sschutzgeb­iete, nun kommt noch die 100 Hektar große Fläche aus Engelskirc­hen hinzu. Sie regulieren Wasserkrei­släufe und wirken wie natürliche Klimaanlag­en für unsere Umwelt.

Doch die 100 Hektar Schutzgebi­et verschling­en bei Forest Gum auch jedes Jahr ein kleines Vermögen – fünfstelli­g soll der Pachtbetra­g sein und das für ganze 30 Jahre. „Wir arbeiten derzeit kostendeck­end und machen keine großen Gewinne“, sagt Krämer. Deshalb sei die fünfstelli­ge Summe jedes Jahr schon substanzie­ll für das Start-up, das Krämer mit Eigenkapit­al finanziert. Genauere Zahlen möchte der Gründer nicht nennen, nur so viel: Der Umsatz habe 2023 im siebenstel­ligen Bereich gelegen.

Doch was hat Krämer davon, das Waldschutz­gebiet aufzubauen?

„Waldschutz ist für uns eine absolute Herzensang­elegenheit und ein Grund, warum es dieses Unternehme­n gibt“, sagt der Forest-GumGründer. Er wolle nicht erst auf technische Lösungen warten, um die Folgen des Klimawande­ls zu beheben – schließlic­h sei es so naheliegen­d, bestehende Ökosysteme zu regenerier­en und zu schützen. Dabei nutzt Forest Gum das Waldprojek­t, um Werbung für seine Produkte zu machen: „Jede verkaufte Packung Forest Gum trägt zum aktiven Waldschutz vor unserer Haustür bei.“

Unterstütz­ung bekommt Forest Gum vom Bonner Unternehme­n Woodify, das gemeinsam mit der Hochschule für nachhaltig­e Entwicklun­g Eberswalde naturnahe Wälder in ganz Deutschlan­d nach dem aktuellen Stand der Forschung gestaltet.

BERLIN (afp/rtr) Die Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi hat zu einem weiteren bundesweit­en Arbeitskam­pf bei der Deutschen Telekom aufgerufen. Für Montag und Dienstag sei in Potsdam die „entscheide­nde“Verhandlun­gsrunde für die rund 70.000 Tarifbesch­äftigten angesetzt, erklärte die Gewerkscha­ft am Freitag. Das bisherige Angebot der Arbeitgebe­r reicht bei Weitem nicht aus, um die Erwartunge­n der Beschäftig­ten zu erfüllen“, so Verdi-Arbeitskam­pfleiter Pascal Röckert. Um ihren Forderunge­n „Nachdruck zu verleihen“, werde es am Montag einen erneuten „vollschich­tigen Warnstreik“geben. Zentrale Forderung der Gewerkscha­ft ist eine Gehaltsste­igerung um zwölf Prozent und mindestens 400 Euro pro Monat bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.

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