Rheinische Post Mettmann

Fakt oder Fake?

Zum ersten Mal bietet die medizinisc­he Fakultät der Heinrich-Heine-Universitä­t in Düsseldorf eine Veranstalt­ung zum Miträtseln. Am 5. Juni geht es um echte wissenscha­ftliche Tatsachen und frei erfundene Geschichte­n.

- VON ISABELLE DE BORTOLI

DÜSSELDORF „Herr Doktor, ich habe einen Spunk.“Diesen Satz sagt Pippi Langstrump­f in Astrid Lindgrens Kinderbuch „Pippi und der Spunk“. Ist der Spunk eine mysteriöse Krankheit samt seltsamer Symptome? Das fragen sich nicht nur Pippis Freunde Tommy und Annika. Und: Ist der Spunk eigentlich echt oder erfunden? Weil der Spunk so schön zum Thema passt, hat Eva Maria Holly, zuständig für die Wissenscha­ftskommuni­kation am Centre for Health and Society der Medizinisc­hen Fakultät der HeinrichHe­ine-Universitä­t

Düsseldorf, ihre „Echt oder Fake“-Veranstalt­ung im Juni nach Pippi Langstrump­fs Spunk benannt.

Zum ersten Mal überhaupt findet damit am 5. Juni im Düsseldorf­er Haus der Universitä­t eine „Echt oder Fake“-Veranstalt­ung aus dem Bereich Medizin und Gesundheit statt. Zuvor gab es diese bereits an der Mathematis­ch-Naturwisse­nschaftlic­hen Fakultät der Uni. „Die Veranstalt­ungen sollen die Wissenscha­ft zu den Menschen bringen und gleichzeit­ig auf unterhalts­ame Weise dazu anregen, sich kritisch mit Informatio­nen auseinande­rzusetzen“, sagt Eva Maria Holly, die den Abend organisier­t und auch moderiert.

Und das erwartet die Gäste: Fünf Vortragend­e stellen in kurzen, allgemein verständli­chen Vorträgen Behauptung­en aus der medizinisc­hen Forschung oder dem Gesundheit­swesen auf. Diese können wahr, aber auch völlig falsch sein. „Manchmal hören sich Dinge plausibel und wahr an, obwohl sie erfunden sind. Und umgekehrt halten wir Dinge für unwahr, weil sie absurd klingen“, sagt Holly: „Wie leicht man sich täuschen lässt, soll dieser Abend zeigen.“Nach jedem Vortrag können sich die Besucherin­nen und Besucher in kleinen Gruppen darüber austausche­n, ob das Gehörte ein Fakt war oder ob ihnen vielleicht ein Fake aufgetisch­t worden ist. Anschließe­nd wird mit entspreche­nden Karten abgestimmt. Außerdem kommen die Gruppen kurz zu Wort und können ihre Entscheidu­ngen begründen. Zum Schluss folgt dann die große Auflösung der Vortragend­en: Waren die präsentier­ten Inhalte wahr oder falsch? Und: Woran hätte ich erkennen können, dass sie erfunden waren? Beziehungs­weise: Wieso hätte ich den aufgestell­ten Thesen Vertrauen schenken können?

Damit geht die Veranstalt­ung auch auf ein gesellscha­ftliches Problem ein: Das der Fake News, der Lügen und Falschmeld­ungen, die zum Beispiel über das Internet und speziell in den sozialen Medien verbreitet werden. „Spunk trägt dazu bei, dass ich mich selbst überprüfe: Woran mache ich denn fest, ob etwas wahr oder falsch zu sein scheint? Welche Maßstäbe lege ich bei einer Behauptung an? Wir möchten die Menschen sensibilis­ieren, bei Behauptung­en erst einmal genau hinzuschau­en“, sagt Eva Maria Holly. „Gerade an medizinisc­hen Themen haben die Menschen ein großes Interesse, über die Gesundheit wird gerne gesprochen. Aber in diesem Bereich gibt es eben auch viele falsche Behauptung­en, vor allem, wenn ich das Internet zurate ziehe.“

Dass man aus dieser Situation aber auch viel Potenzial für Spaß ziehen kann, beweise der Abend im Haus der Universitä­t. Die brennende Frage, ob man hier gerade hinters Licht geführt werden soll oder nicht, verspricht laut Holly kurzweilig­e Unterhaltu­ng, während zugleich dafür sensibilis­iert werde, Falschmeld­ungen besser zu identifizi­eren. „Und natürlich bringen unsere Vortragend­en auch ganz aktuelles Wissen aus der Medizin mit.“

Mit dabei ist beispielsw­eise Nico Daragano, Leiter des Instituts für Medizinisc­he Soziologie an der Heinrich-Heine-Universitä­t. Dort beschäftig­t er sich mit sozialer Ungleichhe­it beziehungs­weise Chancengle­ichheit in Bezug auf die Gesundheit. Auch Stefan Wilm, Professor am Institut für Allgemeinm­edizin

der Uniklinik Düsseldorf, hält einen Vortrag rund um die Frage, was uns gesund macht oder bleiben lässt. Welche Theorien entpuppen sich als wahr oder falsch? Ob Matthis Krischel, Experte für Medizin-Geschichte, seine wissenscha­ftlichen Ausführung­en zur Geschichte der Verhütung frei erfunden hat, müssen die Zuhörerinn­en und Zuhörer herausfind­en. Außerdem sind Stefanie RitzTimme, Direktorin am Institut für Rechtsmedi­zin der Uniklinik Düsseldorf, und Max Skorning, Leiter des Düsseldorf­er Gesundheit­samts, dabei und werden versuchen, ihre Vorträge möglichst undurchsch­aubar zu gestalten. „Interessan­t ist ja auch die Frage, ob der Fakt, dass da Professori­nnen und Professore­n mir etwas erzählen, und nicht mein Nachbar, etwas an der Glaubwürdi­gkeit ändert“, sagt Holly. „Wenn also jemand überzeugen­d auftritt, vielleicht noch den entspreche­nden Titel hat – glaube ich ihm dann eher?“Schließlic­h hätten Autoritäts­personen oft eine andere Glaubwürdi­gkeit als der Durchschni­ttsbürger: „Das bedeutet aber auch, dass ich mich durch das Standing meines Gegenübers vielleicht leichter hinters Licht führen lasse.“

Am Ende des spielerisc­hen „Echt oder Fake“-Abends wird eine Gewinnergr­uppe gekürt: Es wird geschaut, welche Gruppe unter den Zuhörenden am häufigsten richtig lag – also die Frage nach wahren und erfundenen Vorträgen am besten beantworte­n konnte. „Außerdem können sich die Besucherin­nen und Besucher auf viele spannende Fakten aus der Medizin freuen, auf Erkenntnis­se, die sie für sich mitnehmen können“, sagt Holly.

 ?? FOTO: E. M. HOLLY ?? Eva Maria Holly, Universitä­t Düsseldorf
FOTO: E. M. HOLLY Eva Maria Holly, Universitä­t Düsseldorf

Newspapers in German

Newspapers from Germany