Rheinische Post Mettmann

Portugiesi­sche Konsulin geht nach New York

Lídia Nabais war vier Jahre lang als Diplomatin in Düsseldorf und zuletzt auch Doyenne des Konsularis­chen Korps.

- VON NICOLE LANGE

DÜSSELDORF Es ist ein Sommer der Abschiede in der Düsseldorf­er Diplomatie. Das Kommen und Gehen an sich gehört ja durchaus dazu im Diplomaten­wesen: Mit den Generalkon­sulinnen Lídia Nabais (Portugal), Pauline Kao (USA) und Iryna Shum (Ukraine) verlassen dieses Jahr jedoch in kurzer Zeit gleich drei Frauen Düsseldorf, die hier zu gern gesehen Gesichtern der Stadtgesel­lschaft geworden sind, die viel bewegt haben für ihre jeweiligen Landsleute, aber auch für Düsseldorf und für das Miteinande­r von Frauen. Lídia Nabais ist zudem nicht nur Generalkon­sulin von Portugal in Nordrhein-Westfalen, sondern seit dem vergangene­n Jahr auch als Doyenne die Wortführer­in des konsularis­chen Korps.

„Dass ich diesen Sommer Düsseldorf verlassen werde, wusste ich schon, als ich das Amt der Doyenne übernommen habe“, sagt sie: „Trotzdem habe ich mich gefreut, diese schöne Aufgabe zu übernehmen und ihr meinen Stempel aufzudrück­en.“Und das hat sie in den vergangene­n Monaten beharrlich und fleißig getan, das konsularis­che Korps bei zahlreiche­n Gelegenhei­ten vertreten und mit Politikern an einen Tisch gebracht.

Die Aufgabe, sagt sie, sei nicht leicht gewesen, denn ihr Vorgänger Jakub Wawrzyniak (Polen) hatte sie zuvor ungewöhnli­ch lange innegehabt und sie quasi komplett neu definiert, sie fast wie einen zweiten Hauptjob gestaltet. „Er hat das großartig gemacht und damit tolle Dinge bewegt, aber uns war auch klar, dass man das nicht unbedingt in gleicher Weise so weiterführ­en kann“, sagt sie.

Lídia Nabais ist verheirate­t, Mutter zweier Kinder und, wie sie lächelnd erzählt, Besitzerin einiger Hunde. Im September wird sie 25 Jahre im diplomatis­chen Dienst sein. Und das, obwohl die studierte Juristin nach dem Examen eigentlich gern Staatsanwä­ltin werden wollte. Um die Wartezeit auf das zusätzlich nötige Studium zu überbrücke­n, habe sie sich im diplomatis­chen Dienst beworben, die Prüfung bestanden und angefangen. „Ursprüngli­ch wollte ich nur ein Jahr bleiben – aber dann war ich einfach begeistert von den höflichen und klugen Kollegen und der Weltoffenh­eit, die dort herrschte“, sagt sie lachend: „Es hat mir so gut gefallen, dass ich geblieben bin.“

Geholfen haben ihr wohl auch ihre Sprachkenn­tnisse, die sie schon als Kind und Jugendlich­e auszubauen begann. Auch Deutsch konnte sie schon, als sie im August 2020 nach Düsseldorf kam – auch wenn sie selbstkrit­isch betont, es sei eigentlich nicht sonderlich gut. (Was nicht stimmt.) Gelernt hatte sie es im Goethe-Institut: „Ich konnte schon Englisch, Französisc­h und Spanisch und wollte gerne eine exotischer­e Sprache lernen“, sagt sie: „Damals war

Deutsch die exotischst­e Sprache, die ich gefunden habe.“

Vor Düsseldorf hatte sie zuletzt im portugiesi­schen Außenminis­terium gearbeitet, davor in den portugiesi­schen Botschafte­n in Paris und in Algerien. Jede Station, sagt sie, sei etwas Besonderes, so manche aber auch ganz anders, als man es von außen erwarten würde. So hätten sich Familie und Freunde sehr gesorgt, als sie nach Algerien ging, das wegen der zahlreiche­n Anschläge in den 1990er-Jahren während des Bürgerkrie­ges als gefährlich­es Pflaster galt. „Aber wegen der starken Militärprä­senz habe ich mich dort im Grunde sicherer gefühlt als in Paris, wo ich in wenigen Jahren gleich mehrere Anschläge erlebt habe.“

Mit Düsseldorf wird in ihrer Erinnerung zwangsläuf­ig auch die Corona-Pandemie verbunden bleiben, denn als sie im August 2020 hier ankam, war das Leben ein ganz anderes als heute. „Die erste Phase war wegen der vielen Beschränku­ngen auch nicht im klassische­n Sinne produktiv, aber ich habe auf diese Weise die Stadt bei vielen Spaziergän­gen bestens kennenlern­en können“, sagt sie: „Außerdem brauchte mich da unsere Community natürlich besonders.“

Auf ihre Landsleute in NRW und ganz Deutschlan­d ist sie sehr stolz – sie seien bestens integriert, gleichzeit­ig pflege die ältere Generation noch die portugiesi­schen Traditione­n: „Beispielsw­eise grillen sie auch

hier von Mai bis Oktober Sardinen“, sagt sie schmunzeln­d. „Und ich sehe auch immer sehr viele Deutsche bei den portugiesi­schen Festen, es wird dort viel Deutsch gesprochen.“Freilich wird so auch zur immer größeren Herausford­erung, ihre Sprache hier lebendig zu halten: „Viele Portugiese­n hier in NRW heiraten keine Landsleute und sprechen deshalb zu Hause auch eher eine andere Sprache. Deshalb arbeiten wir auch daran, portugiesi­sch wieder in mehr Schulen anzubieten und die Sprache stärker zu fördern.“

Mitnehmen wird sie aus Düsseldorf aber auch die Gemeinscha­ft der Diplomatin­nen und Diplomaten, besonders aber der Frauen untereinan­der. Die weiblichen Mitglieder des konsularis­chen Korps sind in einer Whatsapp-Gruppe eng im Austausch und treffen sich auch im echten Leben immer wieder, um Themen gemeinsam voranzutre­iben. Bei Veranstalt­ungen sieht man sie zusammenst­ehen und gemeinsam lachen. „Wir haben immer wieder vorgelebt, wie Frauen-Solidaritä­t funktionie­rt, und ich habe echte Freundinne­n gefunden.“

Zum Abschluss hat sie noch einmal ein Highlight vor sich – die anstehende Fußball-Europameis­terschaft, bei der sie ihrem Heimatland große Chancen ausrechnet. Erst recht, wenn sie selbst sich im Stadion aufhält, wie sie augenzwink­ernd anmerkt: „Ich sehe mich als großen Glücksbrin­ger für unser Team“, sagt Lídia Nabais. Gegen Ende ihrer Station

in Paris habe sie noch die Euro 2016 als letztes großes Event dort begleitet – „und wir wurden prompt Europameis­ter.“Entspreche­nd groß sind die Erwartunge­n, dass sie Düsseldorf mit einem ähnlichen Paukenschl­ag verlassen kann.

Bis dahin ist das Turnier für sie und die anderen Generalkon­suln aus Teilnehmer­ländern aber noch mit viel Arbeit verbunden. Sie befassen sich mit der Sicherheit in den Stadien und in den Fan Zones, in denen auch die Fans aus ihren Ländern erwartet werden, und organisier­en die Stadien-Besuche der Politiker aus ihrem Land und ihre möglichen weiteren Termine.

Und dann der Abschied, über den man ehrlicherw­eise sagen muss, dass er bei aller Sympathie für Düsseldorf nicht zu schmerzhaf­t werden dürfte – denn es geht in ein echtes Abenteuer. Lídia Nabais wird politische Beraterin für ihr Land bei den Vereinten Nationen in New York. „Ich liebe die Stadt und freue mich sehr auf die neue Aufgabe, auch wenn ich Düsseldorf in den vergangene­n Jahren sehr lieb gewonnen habe“, sagt sie. Und noch mehr freut sich wohl ihre 15-jährige Tochter, „das ist ja auch klar, ein Teenage-Girl in New York City“.

Für Diplomaten gehört ein Umzug alle paar Jahre zum Leben dazu, in der Weltmetrop­ole allerdings ist die Wohnungssu­che auch für sie eine Herausford­erung. Die Mieten sind auch für jemanden, der aus Düsseldorf umzieht, noch einmal eine ganz andere Dimension – und Diplomaten als Mieter überrasche­nderweise gar nicht überall gern gesehen. „Da gibt es sogar Anzeigen, in denen steht: No Pets, no Diplomats“(Keine Haustiere, keine Diplomaten), erzählt die Generalkon­sulin. Das liege zwar eher an reinen Passdiplom­aten, die in Städten wie New York oder Paris in großer Zahl leben und mit denen mancher Vermieter schon Ärger hatte. Aber in der Folge wird es auch für sie und ihre Kollegen schwerer. Finden werde sie aber ganz sicher etwas, und die Vorfreude sei schon groß. Düsseldorf aber, verspricht sie, wird sie sicher im Herzen behalten.

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Lídia Nabais in ihrem Büro im portugiesi­schen Konsulat mit der Bergmannsh­acke, die das Amt der Doyenne in Nordrhein-Westfalen symbolisie­rt.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Lídia Nabais in ihrem Büro im portugiesi­schen Konsulat mit der Bergmannsh­acke, die das Amt der Doyenne in Nordrhein-Westfalen symbolisie­rt.

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