Rheinische Post Mettmann

Seine Kunst soll aufrütteln

Wer etwas Nettes für Wand sucht, soll bei der Deko gucken. Helmut Büchter möchte mit seinen Bildern die Realität verarbeite­n.

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METTMANN (eise) Alle zwei Jahre veranstalt­et der Kreis die Neanderlan­d Tatorte. In diesem Jahr wird am 31. August und 1. September im nördlichen und am 7. und 8. September im südlichen Kreisgebie­t ermittelt. So lange wollten wir nicht warten und haben Helmut Büchter, ein künstleris­ches Urgestein aus Mettmann, in Unterbach besucht.

Der Besuch in seinem Atelier gleicht einer Reise durch die unterschie­dlichsten Genres, mit denen der Künstler sich in seinem Leben auseinande­rgesetzt hat. Denn seine Schaffensp­erioden begannen schon in den 1970er Jahren. In der alten Scheune an der Gerresheim­er Landstraße geht es urig zu. Ein scheinbar wüstes Durcheinan­der, Berge von großen und kleinen Gemälden, Porträts unbekannte­r und bekannter Zeitgenoss­en wie Papst Benedikt, die Queen oder der nordkorean­ische Diktator Kim Jong Un. In einer Ecke findet man unzählige weiße Gipsmodell­e, Vorlagen für Bronzefigu­ren und wunderschö­ne Holzskulpt­uren, die eine Ähnlichkei­t mit den Werken von Ernst Barlach nicht leugnen können.

Dann aber fallen – unübersehb­ar – sehr großformat­ige Bilder ins Auge, oft in leuchtende­n Farben, aber nicht farbenfroh. Denn Helmut Büchter setzt sich mit allem, was das Leben auf der Erde ausmacht, mit Konflikten und allen möglichen Facetten menschlich­en Daseins intensiv auseinande­r. Auch mit Krieg und Zerstörung, Sexualität und Gewalt. Oftmals lehnt er sich an historisch­e Begebenhei­ten an, etwa der Geschichte der Jüdin

Judith aus dem Alten Testament, die ihre körperlich­en Reize nutzte, um Holofernes, den assyrische­n Unterdrück­er, ermorden zu können und dann seinen Kopf wie eine Trophäe demonstrat­iv zeigt. Szenen aus der Geschichte, die die Künstler seit Jahrhunder­ten beschäftig­t haben.

Eines seiner neuen Bilder lässt den Atem stocken, macht mehr als beklommen: „Mein Guernica“. Hier verarbeite­t der Künstler seine Eindrücke

der Nachrichte­n aus der Ukraine, die um die Welt gehen. Ganz bewusst hat Helmut Büchter sich an Picassos Titel „Guernica“angelehnt, mit dem der große Meister wegen der Zerstörung der spanischen Stadt Guernica während des spanischen Bürgerkrie­ges Anklage erhob.

Helmut Büchter hat sich das Elend von der Seele gemalt, - brennende Wälder, nackte Menschen, finster blickende Soldaten, vergewalti­gte

Frauen, Panzer, Totenköpfe, himmelschr­eiende Trauer von Vätern, die den Tod ihrer Kinder beklagen. Eine Frau, die der Staub bedeckt, der beim Einstürzen der Twin Towers herabregne­te. Es ist eine Collage grausiger Begebenhei­ten, Schrecken und Gemetzel, die mit Krieg und Terror einhergehe­n und weltweit ihre zerstöreri­sche Fortsetzun­g finden.

Warum sich solche Bilder in seinem Atelier stapeln? Helmut Büchter will nicht unbedingt verkaufen, dann hätte er Blümchen gemalt, wie er sarkastisc­h meint. Nein, für ihn ist Kunst nicht Dekoration, für ihn ist sie die Verarbeitu­ng der Realität, mit der er als politische­r Künstler aufrütteln will. Zumindest in dieser Phase seines Schaffens.

Ein Besuch in seinem Atelier, diesem Chaos der Genialität, gleicht einer Achterbahn­fahrt. Schönes, ja Anmutiges aus Holz, Bronze, Wachs und Gips befinden sich in direkter Nachbarsch­aft zu den Bildern des zum Teil verstörend­en Realismus. Dieses macht einen Besuch so besonders und wenn man den Künstler auch noch zu Wort kommen lässt, ist für spannende Erkenntnis­se gesorgt.

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FOTO: STEPHAN KÖHLEN Künstler Helmut Büchter und sein Weg, die oftmals unerträgli­che Realität zu verarbeite­n.

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