Der DFB rechtfertigt den ausgebliebenen Elfmeterpfiff
Der Deutsche Fußball-Bund hatte eigens einen seiner vermeintlich besten Schiedsrichter geschickt, um das im Kampf um den direkten Aufstieg entscheidende ZweitligaTopspiel von Fortuna bei Holstein Kiel (1:1) zu leiten: Sven Jablonski, schon sieben Jahre lang Bundesliga-Referee und seit zwei Jahren auch auf internationalem Parkett unterwegs. Allerdings erwischte der 34-Jährige keinen guten Tag, strahlte kaum Ruhe oder Gelassenheit aus und traf früh ein weitreichende Fehlentscheidung.
Bereits in der sechsten Minute geschah es, beim Stand von 1:0 für die Gastgeber, die sich durch das Remis als erstes Team aus Schleswig-Holstein überhaupt für die Beletage des deutschen Fußballs qualifizierten. Fortuna-Stürmer Vincent Vermeij köpfte den Ball in Richtung des Kieler Tores, das von Keeper Timon Weiner verlassen war, weil dieser zuvor mit Felix Klaus zusammengeprallt war. Die Kugel wäre eindeutig ins Netz geflogen – wenn sie nicht „Störche“-Abwehrspieler Patrick Erras mit der linken Hand am Kasten vorbeigelenkt hätte.
Handelfmeter und Platzverweis für Erras wären die Konsequenzen
gewesen, doch Jablonski entschied auf Eckball und blieb auch nach dem Gang zum Videoschirm bei seiner Meinung. Kein Elfmeter, und was noch viel entscheidender war: keine Rote Karte gegen Erras, somit auch keine lange Überzahl für Fortuna. Eine Interviewanfrage des TV-Senders „Sky“hatte der Schiedsrichter am Samstagabend unmittelbar nach dem Schlusspfiff abgelehnt, und auch gegenüber unserer Redaktion wollte Jablonski keine Erklärung abgeben. Allerdings äußerte sich der DFB daraufhin in einer ausführlichen, schriftlichen Stellungnahme, räumte aber keine klare Fehlentscheidung ein.
„Aus regeltechnischer Sicht liegt hier ein kniffliger Grenzfall vor, in dem es Argumente für beide Entscheidungen gibt. Hätte Erras den Ball mit dem weit ausgestreckten rechten Arm berührt, dann wäre das Handspiel ohne Zweifel strafbar gewesen. Der linke Arm war angewinkelt, mit nach vorne geführtem Unterarm“, hieß es. „Für eine Sprungbewegung mit dem ausgestreckten Bein zum Ball ist diese Armhaltung durchaus normal, somit liegt nicht zwangsläufig eine unnatürliche (!) Vergrößerung des Körpers vor. Das hat dem Schiedsrichter den Ermessensspielraum gegeben, das Handspiel nicht als strafbar zu bewerten.“
Demnach war es offenbar nicht von regeltechnischer Relevanz, ob der Ball ohne das Handspiel tatsächlich auf das Kieler Tor gekommen wäre. „Maßgeblich ist hier nach Regel zwölf lediglich, ob Absicht oder eine unnatürliche Vergrößerung des Körpers vorlag – also die Armhaltung und -bewegung“, schrieb der DFB in seiner Erklärung an unsere Redaktion. „Dass Erras bei seinem Einsatz das Risiko eines Handspiels eingegangen ist, lässt sich gleichwohl nicht von der Hand weisen. Für den Schiedsrichter diente die Bewegung und Haltung des linken Arms aber nicht dazu, gegebenenfalls den Ball aufzuhalten oder abzulenken, sondern lediglich der Unterstützung des Sprungs mit dem Bein zum Ball.“
Laut der Aussage des Verbandes hatte Jablonski offenbar bereits auf dem Feld wahrgenommen, „dass es einen Ballkontakt mit der linken Hand gab“. Nach seiner Bewertung habe jedoch keine Absicht vorgelegen, „weil Erras den Arm nicht zum Ball geführt hat, und darüber hinaus auch keine unnatürliche Vergrößerung der Körperfläche“, hieß es weiter: „Vielmehr hat es der Unparteiische so eingeschätzt, dass die Armhaltung sich aus einer natürlichen Sprungbewegung zum Ball ergab und Erras das Ziel hatte, den Ball mit dem linken Bein zu blocken.“