Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Facebook will eigene Währung einführen
Kryptowährungen haben sich nicht als Zahlungsmittel durchgesetzt, sondern eher als Spekulationsobjekt. Das will Mark Zuckerberg ändern.
MENLO PARK (dpa) Mark Zuckerberg will die Finanzwelt umkrempeln: Facebook hat eine neue globale Währung erfunden. Das Digitalgeld mit dem Namen Libra basiert ähnlich wie der Bitcoin auf der sogenannten Blockchain-Technologie, soll aber ohne Kursschwankungen auskommen. Facebook werde keinen Zugang zu den Transaktionsdaten haben, versicherte der für das Projekt zuständige Facebook-Manager David Marcus.
In der Anfangszeit dürfte das Digitalgeld vor allem für Überweisungen zwischen verschiedenen Währungen eingesetzt werden, sagte Marcus. Damit würde Libra mit Diensten wie Western Union oder Moneygram konkurrieren, die für internationale Überweisungen hohe Gebühren verlangen. Die Vision sei aber, Libra schließlich zu einem vollwertigen Zahlungsmittel für alle Situationen zu machen.
Für Verbraucher soll es einfach sein, das Geld zwischen Libra und anderen Währungen zu tauschen und Transaktionen damit zu machen. So soll man Libra-Überweisungen zum Beispiel direkt in Facebooks Chatdiensten WhatsApp und Messenger ausführen können. Mit einer Verknüpfung zum Bankkonto sollen Libra auch direkt auf dem Smartphone in andere Währungen umgetauscht werden können.
Um das große Ziel einer digitalen Vollwährung zu erreichen, hat Facebook eine Allianz geschmiedet, die Libra Association. Diese Allianz und nicht Facebook soll das Digitalgeld verwalten. Unter den aktuell 28 Mitgliedern sind die Finanzdienstleister Visa, Mastercard, Paypal und Stripe – was die Integration in Bezahlsysteme erleichtern dürfte. Zum LibraStart im Jahr 2020 hoffe er auf mehr als 100 Mitglieder, sagte Marcus.
Bisherige Blockchain-Währungen wie Bitcoin sind für ihre massiven Kursschwankungen berüchtigt – das ist etwas, was Facebook bei Libra unbedingt vermeiden wollte. Deshalb wird Libra in vollem Umfang durch einen Reservefonds mit verschiedenen Währungen wie Dollar, Euro und Yen gedeckt sein. „Wenn zum Beispiel jemand Libra für 100 Euro kauft, fließen diese 100 Euro in die Reserve“, erläuterte Marcus. Auch wird Libra anders als der Bitcoin nicht von den Nutzern selbst erstellt, sondern muss bei Mitgliedern der Allianz oder auf Handelsplattformen erworben werden.
Facebook lässt keinen Zweifel daran, dass Libra am Ende eine globale Währung werden soll, mit der man genauso wie mit dem heutigen Geld alles und überall kaufen kann – egal, ob online oder in einem Laden. Zugleich schränkte Marcus ein: „Zumindest in den nächsten zehn Jahren werden wir alle noch unsere Gehälter bekommen und Steuern zahlen in der Währung der Länder, in denen wir leben.“Zugleich gebe es aber auch Länder mit hoher Inflation und schlecht ausgebauten Banksystemen. Und dort könne eine Digitalwährung wie Libra eine viel größere Rolle spielen, „weil sie eine Lösung für viele Probleme bieten kann“. In China wird Libra nicht verfügbar sein.
Zur Aufbewahrung und Nutzung von Libra werden verschiedene Anbieter digitale Brieftaschen, sogenannte Wallets, aufsetzen können. Facebook will nur einer von vielen Wallet-Anbietern sein, dafür gründete das Online-Netzwerk die Tochterfirma Calibra mit Marcus an der Spitze. „Facebook und Calibra werden keine besonderen Rechte oder Vorteile haben, obwohl wir den gesamten Quellcode für die Blockchain und die Transaktionen geschrieben haben“, sagte er. Facebook steht insbesondere nach dem Skandal um Cambridge Analytica unter massivem Druck, den Datenschutz zu verbessern.
Die übliche Regulierung wie Maßnahmen gegen Geldwäsche werde auf Ebene der Wallets greifen, sagte Marcus. „Wir haben mit Regulierern rund um die Welt gesprochen.“Für Firmen, die Gründungsmitglieder der Libra-Allianz werden wollen, wurde eine Hürde gesetzt: Sie müssen einen Marktwert von mindestens einer Milliarde Dollar oder mehr als 20 Millionen Kunden haben. Mitglieder müssen mindestens zehn Millionen Dollar investieren.
Die bekannteste Blockchain-Währung Bitcoin ist anders organisiert: Bei ihr werden die Einheiten durch mathematische Berechnungen auf den Computern der Nutzer generiert. Dabei ist die Gesamtzahl der Bitcoin, die produziert werden können, beschränkt. Und die Berechnungen dafür werden immer komplexer. Inzwischen braucht man Hochleistungscomputer, um Bitcoin zu erstellen, daher schürfen derzeit vor allem kommerzielle „Minining-Farmen“. Das steigert den Energieverbrauch, das knappe Angebot sorgt für Preis-Sprünge. In der Spitze kostete ein Bitcoin 20.000 Dollar – dann folgte der Einbruch. Inzwischen sind es 9000 Dollar.