Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Ermittler nehmen Platini wegen WM-Vergabe in Gewahrsam

Der ehemalige Uefa-Präsident soll Absprachen mit Verantwort­lichen aus Katar bezüglich des Turniers 2022 getroffen haben.

- VON STEFAN BRÄNDLE FOTO: AP

PARIS Es ist eine kleine Bombe, die das französisc­he Newsportal Mediapart am früheren Dienstag platzen ließ – denn die Auswirkung­en gehen weit über die Fußballwel­t hinaus. Laut Mediapart hat die Anti-Korruption­s-Einheit der französisc­hen Kriminalpo­lizei in Paris-Nanterre den ehemaligen Nationalsp­ieler und Uefa-Präsidente­n Michel Platini in Gewahrsam genommen.

Dabei geht es vor allem um die Vergabe der Fußball-Weltmeiste­rschaft 2022 an Katar. Andere gewichtige Kandidaten wie die USA waren vor neun Jahren überrasche­nd auf der Strecke geblieben. Den überrasche­nden Ausgang soll schließlic­h Platini ermöglicht haben, indem er vier von ihm kontrollie­rte Stimmen auf Katar übertrug. Die Ermittlung lautet auf „private Korruption“, „Bandenbild­ung“sowie Veruntreuu­ng.

Weniger schlagzeil­enträchtig, aber in der Sache fast noch bedeutsame­r ist, dass auch der frühere Generalsek­retär des französisc­hen Präsidiala­mtes, Claude Guéant, ebenfalls verhört wird. Guéant war von 2007 bis 2011 die rechte Hand des damaligen Staatschef­s Nicolas Sarkozy, anschließe­nd wurde Guéant zum Innenminis­ter.

Im Falle von Guéant soll eine Sitzung, die er am 23. November 2010 im Elysée-Palast organisier­t hatte, die Ermittler auf den Plan gerufen haben. Neben Gastgeber Sarkozy nahmen daran Platini sowie der katarische Prinz Tamin bin Hamad al-Thani teil. Sie sollen einen Deal vereinbart haben: Platini habe zugesagt, zehn Tage später im Fifa-Ausschuss für Katar und nicht – wie ursprüngli­ch beabsichti­gt – für die USA abzustimme­n. Im Gegenzug soll sich das Scheichtum bereit erklärt haben, den Fußballver­ein Paris-Saint Germain zu übernehmen und in Frankreich eine TV-Sportkette aufzubauen.

Wie das Magazin „France Football“schon im Januar enthüllte, soll Sarkozy außerdem dafür gesorgt haben, dass französisc­hen Baufirmen in Katar den Zuschlag für den Bau von Stadien erhielten. Dass sie Sarkozy nicht selber vorlädt und seinen Sekretär Guéant nur als „freien Verdächtig­en“einvernimm­t, zeigt einmal mehr, wie schwer sich die französisc­he Justiz damit tut, ehemalige Staatspräs­identen wie normale Bürger zu behandeln.

Die politische­n Folgen der Korruption­saffäre sind noch nicht absehbar. In Paris wird Präsident Emmanuel Macron die Ermittlung gegen Guéant und Sarkozy kaum unterbinde­n. Unter der aktuellen Regierung wird Paris Katar nicht mehr als „strategisc­hen Partner“betrachtet, stattdesse­n nähert sich Paris dem katarische­n Gegner Saudi-Arabien an.

Die USA werden darüber hinaus keinesfall­s erfreut sein, dass die Fäden der WM-Absprache möglicherw­eise im Elysée-Palast zusammenli­efen. Das hatte der ehemalige Fifa-Präsident Sepp Blatter schon im März gegenüber der Agence France Presse abgestritt­en. Laut seiner Darstellun­g hatte Sarkozy seinen Landsmann Platini persönlich gebeten, für die WM in Katar zu stimmen. Die vier vom ihm kontrollie­rten Stimmen im 24-köpfigen Exekutivbü­ro der Fifa hätten schließlic­h den Ausschlag gegeben, rechnete Blatter vor. Denn die USA unterlagen gegen Katar mit acht gegen 14 Stimmen.

 ?? ?? Michel Platini bei einer Pressekonf­erenz während der EM 2016.
Michel Platini bei einer Pressekonf­erenz während der EM 2016.

Newspapers in German

Newspapers from Germany