Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Ermittler nehmen Platini wegen WM-Vergabe in Gewahrsam
Der ehemalige Uefa-Präsident soll Absprachen mit Verantwortlichen aus Katar bezüglich des Turniers 2022 getroffen haben.
PARIS Es ist eine kleine Bombe, die das französische Newsportal Mediapart am früheren Dienstag platzen ließ – denn die Auswirkungen gehen weit über die Fußballwelt hinaus. Laut Mediapart hat die Anti-Korruptions-Einheit der französischen Kriminalpolizei in Paris-Nanterre den ehemaligen Nationalspieler und Uefa-Präsidenten Michel Platini in Gewahrsam genommen.
Dabei geht es vor allem um die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 an Katar. Andere gewichtige Kandidaten wie die USA waren vor neun Jahren überraschend auf der Strecke geblieben. Den überraschenden Ausgang soll schließlich Platini ermöglicht haben, indem er vier von ihm kontrollierte Stimmen auf Katar übertrug. Die Ermittlung lautet auf „private Korruption“, „Bandenbildung“sowie Veruntreuung.
Weniger schlagzeilenträchtig, aber in der Sache fast noch bedeutsamer ist, dass auch der frühere Generalsekretär des französischen Präsidialamtes, Claude Guéant, ebenfalls verhört wird. Guéant war von 2007 bis 2011 die rechte Hand des damaligen Staatschefs Nicolas Sarkozy, anschließend wurde Guéant zum Innenminister.
Im Falle von Guéant soll eine Sitzung, die er am 23. November 2010 im Elysée-Palast organisiert hatte, die Ermittler auf den Plan gerufen haben. Neben Gastgeber Sarkozy nahmen daran Platini sowie der katarische Prinz Tamin bin Hamad al-Thani teil. Sie sollen einen Deal vereinbart haben: Platini habe zugesagt, zehn Tage später im Fifa-Ausschuss für Katar und nicht – wie ursprünglich beabsichtigt – für die USA abzustimmen. Im Gegenzug soll sich das Scheichtum bereit erklärt haben, den Fußballverein Paris-Saint Germain zu übernehmen und in Frankreich eine TV-Sportkette aufzubauen.
Wie das Magazin „France Football“schon im Januar enthüllte, soll Sarkozy außerdem dafür gesorgt haben, dass französischen Baufirmen in Katar den Zuschlag für den Bau von Stadien erhielten. Dass sie Sarkozy nicht selber vorlädt und seinen Sekretär Guéant nur als „freien Verdächtigen“einvernimmt, zeigt einmal mehr, wie schwer sich die französische Justiz damit tut, ehemalige Staatspräsidenten wie normale Bürger zu behandeln.
Die politischen Folgen der Korruptionsaffäre sind noch nicht absehbar. In Paris wird Präsident Emmanuel Macron die Ermittlung gegen Guéant und Sarkozy kaum unterbinden. Unter der aktuellen Regierung wird Paris Katar nicht mehr als „strategischen Partner“betrachtet, stattdessen nähert sich Paris dem katarischen Gegner Saudi-Arabien an.
Die USA werden darüber hinaus keinesfalls erfreut sein, dass die Fäden der WM-Absprache möglicherweise im Elysée-Palast zusammenliefen. Das hatte der ehemalige Fifa-Präsident Sepp Blatter schon im März gegenüber der Agence France Presse abgestritten. Laut seiner Darstellung hatte Sarkozy seinen Landsmann Platini persönlich gebeten, für die WM in Katar zu stimmen. Die vier vom ihm kontrollierten Stimmen im 24-köpfigen Exekutivbüro der Fifa hätten schließlich den Ausschlag gegeben, rechnete Blatter vor. Denn die USA unterlagen gegen Katar mit acht gegen 14 Stimmen.