Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Spezialisten bekämpfen resistente Keime
Bedenkenloser Gebrauch von Antibiotika hat zu einer bedrohlichen Lage geführt. Im Elisabeth-Krankenhaus sollen Spezialisten für einen gezielten Einsatz dieser Medikamente sorgen – damit Bakterien keine Resistenzen entwickeln.
RHEYDT „Antibiotika sind unsere wichtigste Waffe im Kampf gegen Infektionen. Wenn sie stumpf wird, ist das eine hochgefährliche Entwicklung“, sagt Tim Lange, Leitender Oberarzt der Klinik für Anästhesie und Intensivmedizin im Elisabethkrankenhaus. Ob Lungenentzündung oder Mandelentzündung, Scharlach oder Gelenkentzündung – Antibiotika wirken relativ schnell und sicher. Seit einiger Zeit aber gibt es eine bedrohliche Entwicklung. Die bakteriellen Krankheitserreger entwickeln Resistenzen, sie sprechen auf die Substanzen nicht mehr an. Ein Grund: Es werden zu viele Antibiotika verordnet und eingenommen. Im Eli hat ein Team von Spezialisten den Kampf gegen die Resistenzen aufgenommen.
Das sogenannte ABS-Team (ABS steht für Antibiotical Stewardship) umfasst Ärzte, Mikrobiologen, Apotheker, Klinikhygieniker und Infektiologen. Die ABS-Spezialisten beraten, zum Beispiel auf der Intensivstation, wo Patienten mit schwersten Infektionen zu finden sind. Sie empfehlen, welches Antibiotikum eingesetzt wird und wie lange es verwendet wird. Alles mit dem Ziel, Resistenzen von Mikrobiologen abklären zu lassen und wirksame Substanzen einzusetzen. „Wir wissen heute zum Beispiel, dass es bei Infektionen im Bauchbereich sinnvoll ist, Antibiotika fünf Tage lang zu geben“, erklärt Lange. „Die Wirkung nach 14 Tagen Anwendung ist keineswegs besser.“
Das Problem beginnt bei den Patienten. Sie verlangen auch bei Husten und Schnupfen gerne nach Antibiotika, die ihnen der Hausarzt dann auch oft verordnet. In Ländern, in denen die Substanzen frei verkäuflich sind wie in Griechenland, werden sie bei einfachen Erkältungen noch schneller eingeworfen. Das ist allerdings völlig sinnlos, denn Antibiotika wirken nur bei durch Bakterien ausgelösten Krankheiten, nicht bei Virus-Infektionen. Also auch nicht bei Husten und Schnupfen.
Durch den ungezielten Einsatz werden immer mehr resistente Stämme herangezogen. Auch die Verwendung von Antibiotika in der
Tiermast ist hochproblematisch. „Die Tiere wurden mit Antibiotika vollgepumpt“, erklärt der Humanmediziner. „Bakterien aber sind clever und passen sich an. So entstehen Resistenzen.“Folge: „Auf dem überwiegenden Teil des Hähnchenfleisches finden sich multi-resistente Erreger“, sagt Mikrobiologin Maria Luise Wimmer-Dahmen. Für gesunde Menschen ist das nicht unbedingt eine Gefahr, sofern die gegen so ziemlich alle Mittel resistenten Erreger nicht durch offene Stellen in den Körper eindringen. Aber Menschen, deren Immunsystem geschwächt ist, sind gefährdet.