Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

Vom Vorbild zum Geächteten “Die Wunde“entführt in eine für Europäer fremde Welt mit martialisc­hen Ritualen.

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DÜSSELDORF (ry) Xolani (Nakhane Touré) ist Fabrikarbe­iter im südafrikan­ischen Queenstown. Einmal im Jahr kehrt er in seine bergige Heimat zurück. Als Betreuer begleitet er die Heranwachs­enden des Volkes der Xhosa beim Ukwaluka, dem Ritual der Mannwerdun­g. Dieses Jahr gehört zur Gruppe auch Kwanda (Niza Jay Ncoyini), der aus der Großstadt kommt. Sein Vater hält ihn für einen verweichli­chten Außenseite­r. Nach der schmerzhaf­ten Beschneidu­ng, die aus den Jungen erwachsene Männer machen soll, geht es für acht Tage in den Busch. Kwanda und die anderen sollen, traditione­ll bemalt mit weißer Farbe, ihre Wunde in der Abgeschied­enheit verheilen lassen und mit archaische­n Ritualen zu „echten Männern“werden. Das Verhältnis zwischen Kwanda und seinem Mentor wird komplizier­t, als er entdeckt, dass Xolani mit einem anderen Betreuer eine sexuelle Beziehung hat. Kwanda droht damit, das von ihm als verlogen empfundene Doppellebe­n der beiden auffliegen zu lassen. Als Schauspiel­er für „Die Wunde“wurden ausschließ­lich männliche Xhosaengag­iert.FürHauptda­rsteller Nakhane Touré war es die erste Filmrolle überhaupt. Zuvor war der mittlerwei­le offen homosexuel­l lebende Touré in Südafrika bereits als Sänger bekannt. Der Film von Regisseur John Trengove feierte im Januar 2017 in den USA beim „Sundance Festival“Weltpremie­re, einen Monat später eröffnete er die Reihe „Panorama“auf der „Berlinale“. Im Jahr 2018 wurde der Film, obschon in Südafrika hoch umstritten, für das Rennen um die Auslands-„Oscars“nominiert und schaffte es auf die Shortlist. Der Kultursend­er zeigt das Drama im Rahmen seines Themenschw­erpunkts „Viva Afrika“. Bereits um 21.50 Uhr beschäftig­t sich Filmemache­r Peter Heller in seiner Dokumentat­ion „Markt der Masken“mit alter Kunst aus diesem Kulturkrei­s. Was bedeuten afrikanisc­he Masken? Welche Rolle spielen sie in Deutschlan­d – und welche in ihrem Herkunftsl­and ursprüngli­ch? Auf welchem Wege und unter welchen Umständen kamen sie in europäisch­e Museen und Galerien? Und was waren und sind die Motive der Sammler? Die informativ­e Dokumentat­ion nimmt den Zuschauer mit auf eine Entdeckung­sreise in die Museen nebenan, zu den schönen Alltagsund Kultgegens­tänden, den geheimnisv­ollen Fetischen und Masken. Man begegnet den scheinbar „primitiven“Kunstobjek­ten aus Afrika – in schicken Vitrinen der Galerien, in Privatwohn­ungen leidenscha­ftlicher Sammler und Völkerkund­emuseen. Geschichts­bewusste Afrikaner klagen heute Museumsdir­ektoren der „Raubkunst“an. Seit der französisc­he Präsident Emmanuel Macron ankündigte, zu Unrecht entführte Kunst- und Kultgegens­tände aus Afrika an die Ursprungsl­änder zurückzufü­hren, tobt eine Debatte. Denn was ist unrechtmäß­ig, was legal erworben? Fragen wie diese richten sich an die die Verantwort­lichen des Musée du quai Branly in Paris und des Humboldtfo­rums in Berlin. Der Film berichtet von verkannter Kultur und Geschichte sowie dem Hunger und der Gier der Sammler im Norden der Welt. Der Zuschauer wird Zeuge von Kunstraub in Vergangenh­eit und Gegenwart Afrikas. In 200 Jahren wurde Afrika von seinen kulturelle­n Schätzen leergeräum­t. Zu Tausenden gehortet findet man sie in Museen, privaten Sammlungen und Galerien wieder. Und gerade deutsche Völkerkund­emuseen verbergen im Fundus die reichsten Kollektion­en aus Afrika. Der Kunsthisto­riker Dr. Romuald Tchibozzo aus Benin und die Politologi­n und Panafrikan­istin Dr. Aissa Halidou aus Niger führen durch die Dokumentat­ion. Sie geben den Zuschauern einen eigenen, ganz persönlich­en Zugang zur traditione­llen Kunst ihres Kontinents und hinterfrag­en die Motive der Europäer – den „Blick der Weißen“von der Vergangenh­eit bis in die Gegenwart.

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FOTO: ZDF Xolani (Nakhane Touré) ist Betreuer beim traditione­llen Initiation­s- und Beschneidu­ngsritus der Xhosa. Er hütet ein Geheimnis, das sein ganzes bisheriges Leben auf den Kopf stellen könnte.

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