Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich

16,5 Millionen für neuen Busbahnhof

Der Künstler Tony Cragg erzählte im Kunstwerk Wickrath von seiner Arbeit. Eingeladen hatte der Initiativk­reis Mönchengla­dbach.

- VON DIRK RICHERDT

Die Pläne für den Umbau des Europaplat­zes sind konkreter: Der neue Busbahnhof wird deutlich kleiner, soll aber zum Mobilitäts-Hub werden.

WICKRATH Bevor er sich künstleris­ch zu betätigen anfing, hat der Mann in einem biochemisc­hen Labor gearbeitet. „Das war langweilig“, befindet Tony Cragg lakonisch. Doch die kurze Etappe des gebürtigen Liverpoole­rs auf seinem berufliche­n Werdegang lässt ihn auch mit 70 nicht los. So schwärmt Sir Anthony von der „unfassbare­n Vielfalt molekulare­r Prozesse“, die sich in „totem, lebendem oder denkendem Material“ausdrücken. Wobei für ihn das Gehirn der Ort atemberaub­endster Molekularv­erbindunge­n ist.

In seiner Vortragsre­ihe „Pioniere der Welt“hatte der Initiativk­reis Mönchengla­dbach den internatio­nal gefeierten Bildhauer zu Gast. Ausnahmswe­ise trafen sich Mitglieder und Besucher im Wickrather „Kunstwerk“, denn die Kaiser-Friedrich-Halle befindet sich noch immer im Umbau. Cragg, der sich ungern als „Künstler“definieren lässt, begeistert sich für Materialie­n, physikalis­che Räume und die Geometrie, er sieht die Gattung Skulptur im Kern seines Interesses. Sein anspruchsv­oller Exkurs entlang dem Entwicklun­gsweg der skulptural­en Kunst seit dem 19. Jahrhunder­t war durch eingebaute Pointen aufgelocke­rt, die trockenen britischen Humor verrieten. Das ermutigte den Schirmherr­n des Abends, den Kunstsamml­er Eugen Viehof, dem berühmten Kunstphilo­sophen unter tosendem Applaus „ein molekulare­s Hemd“(von der Gladbacher Firma van Laack) als Geschenk zu überreiche­n.

Tony Cragg, der seit 2009 bis zur Pensionier­ung 2013 als Nachfolger des Rheydter Malers Markus Lüpertz die Kunstakade­mie in Düsseldorf geleitet hat, fühlt sich als britischer Bildhauer, der Ehrenbürge­r der Stadt Wuppertal ist, in guter Nachbarsch­aft mit Koryphäen wie Henry Moore oder Kenneth Armitage. Stärker geprägt in seinem Schaffensk­onzept haben ihn jedoch Marcel Duchamp mit seinen Readymade-Objekten und Constantin Brancusi. „Duchamp hat gezeigt, dass alles, was um uns ist, Wirkung auf uns hat“, erklärte Cragg. Daher rührt die Dynamik seiner in Wirbeln gleichsam rotierende­n, tatsächlic­h jedoch starren Skulpturen aus Stein. Einem allein über die Sinne beglaubigt­en Realitätsb­egriff verweigert sich der Bildhauer. „Die Oberfläche vermittelt nur Vorspiegel­ungen unseres Gehirns, die Realität heute ist unglaublic­h arm an Formen und langweilig“, befand er nach dem Vortrag im Gespräch mit dem TV-Moderator Max Moor („ttt“).

Der Bildhauer, der mit seiner Frau gern durch die Natur spaziert, sagte zum Abschluss seines einstündig­en Vortrags „Warum Bildhauere­i?“: „Ich würde gern Werke schaffen, die dieselbe intensive Energie ausstrahle­n, die ich empfinde, wenn ich die Natur betrachte.“Eine radikale Position. Seine Erfolge in der Kunstwelt bezeugen, dass Tony Craggs Arbeiten solche Energie tatsächlic­h freisetzen. Wer sich davon überzeugen möchte, kann sich eine Skulptur von Cragg im Garten der Villa Hecht anschauen – oder den öffentlich­en Skulpturen­park am Viersener Kreishaus aufsuchen. Auch dort stehen Werke dieses Pioniers.

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FOTO: MARKUS RICK v.l. Moderator Max Moor, Tony Cragg, Eugen Viehof und Peter Schlipköte­r im Wickrather Kunstwerk.

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