Rheinische Post - Mönchengladbach and Korschenbroich
Wer sich um die Gesundheit der Bundeskanzlerin kümmert
DÜSSELDORF Laut Duden ist der Leibarzt ein Arzt, der „vornehmlich hochgestellte Persönlichkeiten und deren Angehörige betreut“. Das klingt nach einem Beruf, der aus der Zeit gefallen ist – bei Leibärzten denkt man eher an medizinische Berater, die Könige, Kaiser, Fürsten und Päpste betreuen, ihnen Tinkturen zubereiten und Leibesübungen verschreiben. Aber ein Leibarzt, der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf Schritt und Tritt begleitet, ihren Blutdruck misst, ihr Vitamine verabreicht, Medikamente verschreibt und offenbar nicht genügend auf die Flüssigkeitszufuhr der Regierungschefin achtet? Nein, den gibt es hierzulande nicht.
Angela Merkel hatte am Dienstag bei einem Empfang des neuen ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj erheblich gezittert. Während sie gemeinsam mit Selenskyj auf das Abschreiten der Ehrenformation der Bundeswehr wartete, begannen ihre Beine und ihr Körper heftig zu zittern. Merkel sagte bei einer anschließenden Pressekonferenz, sie habe inzwischen drei Gläser Wasser getrunken – das habe ihr offenbar gefehlt.
In Deutschland stehen Politikern grundsätzlich kein Leibarzt und auch kein größerer medizinischer Apparat zur Verfügung. „Bei größeren Auslandsreisen der Kanzlerin ist allerdings ein Arzt Teil der Delegation“, sagte ein Sprecher der Bundesregierung. „Nicht, wenn sie mal für drei Stunden nach Paris fliegt, um Präsident Macron zu treffen, aber wenn es auf andere Kontinente oder solche mit Übernachtungen sind.“
Dabei handele es sich nicht um einen klassischen niedergelassenen Arzt, sondern um einen Arzt des Auswärtigen Amtes. Diese Ärzte sind Ansprechpartner für die Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes, kümmern sich um die gesundheitliche Betreuung deutscher Diplomaten in aller Welt, kontrollieren etwa Impfungen für Auslandsreisen. „Ein solcher Arzt des AA ist auch bei Auslandsreisen der Bundeskanzlerin und des Bundespräsidenten dabei“, so der Sprecher.
Etwas anders ist die Lage im Rest der Welt: Wenig überraschend, dass etwa der Präsident der USA einen Leibarzt hat. Überhaupt spielt in den USA der Gesundheitszustand der Präsidenten eine deutlich größere öffentliche Rolle. Barack Obamas Leibarzt Jeffrey C. Kuhlman stellte dem US-Präsidenten 2011 öffentlich ein gutes Zeugnis aus: Obama sei kerngesund. Publik werden in solchen Zusammenhängen dann auch allerlei Details. Etwa, dass er bei einer Körpergröße von 1,85 Meter 82 Kilo wiege, „gelegentlich, in Maßen“Alkohol trinke und den Zigaretten abgeschworen habe. Sein Blutdruck sei mit einem Wert von 107/71 mmHg „normal“und der Cholesterin-Spiegel „ideal“(193 mg/dL).
Schlagzeilen machte zuletzt ein anderer Leibarzt des ehemaligen US-Präsidenten. Als Obamas Nachfolger Donald Trump seinen und Obamas Leibarzt im Weißen Haus, Ronny Jackson, überraschend zum Veteranenminister ernennen wollte, kam eine Untersuchung zum Schluss: Ronny Jackson, Leibarzt der US-Präsidenten Barack Obama und Donald Trump, sei während seiner Reisen mit Obama „wiederholt betrunken“gewesen. Auf Überseereisen soll Jackson verschreibungspflichtige Medikamente an Mitreisende ausgegeben und im Weißen Haus für eine „vergiftete Arbeitsatmosphäre“gesorgt haben.
Infolge der Vorwürfe zog Jackson seine Kandidatur am 26. April vergangenen Jahres zurück. Zuvor hatte er Trump eine exzellente Gesundheit attestiert und erklärt, der Präsident habe großartige Gene. Die US-Presse argwöhnte, dass Jackson die Nominierung zum Minister der Tatsache verdanke, dass er Trump öffentlich dieses gute Gesundheitsgutachten ausgestellt hatte.
„Bei größeren Auslandsreisen ist ein Arzt Teil der Delegation“Ein Sprecher der Bundesregierung